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Ein Freund der Erde

Ein Freund der Erde

Titel: Ein Freund der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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bitte, und nein, ich denke, ich werde heute auf Kekse verzichten –, kam ihre Erotik abrupt zum Stillstand. Er sah seine Frau, wie sie vor der neuen, verbesserten Hütte hockte und Zweiglein zu einem primitiven Wehr flocht, ihre Brüste schwer und hängend, die Haut so verbrannt, zerschrammt und zerstochen, daß sie wie ein Scheuerschwamm aussah, und er blickte nicht noch einmal hin. Da ist eine nackte Frau, dachte er. Genausogut hätte er denken können: Da ist ein Baum oder ein Felsen.
    Zu Anfang war ihnen nichts unmöglich erschienen. Sie waren Enthusiasten, vollgestopft mit Selbstvertrauen und dem, was sie sich aus Büchern angelesen hatten, alles so einfach, die Diagramme geisterten noch durch ihre Köpfe (man befestige nur x mit y an z , und voilà, schon hatte man Fleisch im Topf). Tierwater bastelte stundenlang an Fallen für ahnungslose Stinktiere oder Waschbären, doch dies erwies sich als völlig fruchtloses Unterfangen: soweit er sehen konnte, kam nichts auch nur in die Nähe der ausgelegten Köder – außer Schmeißfliegen. Andrea saß im Schneidersitz im Sand und fertigte Schlingen aus den dünnen Gerten der Trauerweide, aber sie fingen nichts als Luft ein, und gemeinsam buddelten sie einen Vormittag lang Mäusegruben (einen Meter tief, unten breit und oben flaschenhalsartig verengt, der Eingang von einem abgestützten flachen Stein verdeckt), nur um feststellen zu müssen, daß keine Maus, falls es so tief im Wald überhaupt Mäuse gab, die Großzügigkeit besaß, ihnen in die Falle zu gehen. Nachdem sie drei Tage lang die leeren Gruben inspiziert hatten, sahen sie einander unter den hohen Bäumen tief in die Augen, mitten in der großartigen, aber leider nicht eßbaren Landschaft, und suchten nach Zeichen für den unvermeidlichen Zusammenbruch. Frustration lag in der Luft. Und Wut. Und mehr noch, Hunger – verzweifelt, nagend, mordgierig.
    »Mäuse«, fauchte Andrea, die Arme in die Hüften gestemmt, die Haut zur Farbe von gekochten Frankfurtern verbrannt, »nicht mal Mäuse fangen wir. Wie viele Kalorien haben wir beim Graben dieser Fallen verbraucht, was meinst du, Ty? Und selbst wenn wir eine fangen, meinetwegen auch zehn, was würde uns das nützen? Wie groß sind die nach dem Abhäuten und Ausnehmen – Marshmallow-Format?«
    Tierwater war von etwas ergriffen – von einer Verkennung der Realität, das war es wohl –, und hier draußen, wo es keine Mikrofone, Stöckelschuhe oder zu umgarnende E.F.!-Spender gab, da war er der Anführer. »Bären fressen sie auch«, sagte er lahm und starrte auf die dunkle, alberne Öffnung des leeren Lochs zu seinen Füßen.
    »Ja, ja«, sagte sie, »und Menschen fressen Bären. Warum fangen wir nicht einen Bären, Ty? Kennst du nicht ein paar gute Bärenfleischrezepte?«
    Den Rest des Tages verbrachten sie am Flußufer, wo sie nach den flüchtigen Schatten grapschten, die die Fische sein mußten, doch es war ein Pechtag, und schließlich gaben sie sich damit zufrieden, Steine umzudrehen, um Käfer, Salamander, Regenwürmer und Skorpione aus ihren Ruheplätzen zu reißen. Alles zusammen, zwei Handvoll zerquetschter, sich noch windender Viecher, lag in der Mulde eines Steins, den Tierwater einfach mitten ins Feuer stellte. »Mir ist alles egal, Ty«, stieß Andrea hervor und zog die nackten Knie eng vor die Brust, während die Sonne von der Felswand über ihnen niederknallte und der Ambrosiaduft von irgend etwas, das Chris Mattingly sich gerade kochte, durch die Schlucht zu ihnen wehte, »aber ich esse nichts, wo noch die Beine dran sind. Ganz bestimmt nicht.« Also zermörserte Tierwater die Masse mit dem stumpfen Ende eines Stocks, schlug wieder und wieder darauf ein, bis in der Wölbung des Steins eine dunkle Paste brutzelte. Sie aßen sie, bevor sie auskühlte – »Schmeckt ein bißchen nussig, findest du nicht?« fragte Tierwater und versuchte, die Dinge positiv zu sehen –, aber eine Viertelstunde später verschwanden sie hinter Büschen und würgten sie wieder heraus.
    Am nächsten Morgen war Andrea beim ersten Morgengrauen wach und kaute auf ein paar Blättern und Zweigen herum. Er kümmerte sich bereits um das Feuer, als sie sich plötzlich aus dem Dreck erhob und seinen Arm packte. »Ich will Fleisch«, sagte sie. »Fleisch. Hast du gehört?« Ihre Augen waren verschwollen. Sie grub ihm die Fingernägel in die Haut. »Können wir nicht wenigstens jagen gehen? Das tun doch die Menschen, wenn sie hungern. Ist das nicht die übliche

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