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Ein Freund der Erde

Ein Freund der Erde

Titel: Ein Freund der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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Sheriff’s Department des Josephine County den Kopf zur Tür hereinsteckte, sich zweimal umsah, wie um das Wasser zu prüfen, ehe er einen Kopfsprung riskierte, und dann eintrat. Tierwater sah einen Mann, so lang und dünn wie eine Wasserfontäne, die Uniform war an den Ärmeln und Beinen viel zu kurz, und auf seiner Brille blitzte das Licht. »So«, sagte der Deputy, »endlich aufgewacht.«
    »Ich denke ja«, murmelte Tierwater und ging im Geiste eine Checkliste sämtlicher Körperteile durch, um sicherzugehen, daß alle noch da waren. Seit seiner Kindheit hatte er den Alptraum, in einem Krankenhausbett aufzuwachen (nicht so wie dieses – im Traum war es ein Bett wie in einem grauen körnigen Schwarzweißfilm), über sich einen Arzt, der gerade sagte: Ich fürchte, wir müssen das andere Bein auch amputieren. »Ich meine, ich erinnere mich nicht...«
    »Sie liegen im Ida P. Klipspringer Memorial Hospital. Sind ohnmächtig geworden. Hitzschlag, haben die Ärzte gesagt.« Die Augen des Deputy hatten die gleiche Farbe wie die Wände. Er kniff sie zusammen und musterte Tierwater mit einem Blick, der keinen Funken Mitgefühl enthielt.
    »Hitzschlag? Ihre Freunde oder Kollegen oder was immer haben mich in den Bauch geboxt – wohlgemerkt, ich hatte die Hände hinter dem Rücken gefesselt und den Mund zugeklebt, zum Teufel –, und zwar so lange, bis ich k.o. war. Hören Sie zu«, jetzt stützte er sich auf die Ellenbogen, angefeuert von der Erinnerung, »wir reden hier von Polizeibrutalität, von methodischem, vorsätzlichem... und Ihr Sheriff stand direkt daneben, hat Pepsi gesüffelt und kein Wort gesagt.«
    »Richtig«, sagte der Deputy und nickte, wobei sein Kopf auf dem langen Hals wackelte wie die Hand am Ende eines Arms, die zum Abschied winkt. »Da hätten wir einen Verstoß gegen das Strafgesetz – zwei Verstöße sogar. Widerstand gegen die Festnahme und tätlicher Angriff auf einen Einsatzbeamten. Zusätzlich zu Störung der öffentlichen Ordnung und zu unbefugtem Betreten.«
    »Unbefugt? Sind Sie noch ganz dicht? Der Siskiyou National Forest ist öffentlicher Grund und Boden, das wissen Sie genauso gut wie ich...«
    »Hören Sie zu, Mister – Sir –, und ich sage Ihnen, es geht mir sehr gegen den Strich, mit Typen wie Ihnen professionell bleiben zu müssen, aber was ich weiß oder nicht, das tut hier nichts zur Sache – sondern was der Richter weiß. Und den werden Sie sehr bald zu sehen kriegen.«
    Zu dieser Zeit in seinem Leben neigte Tyrone Tierwater zur Impulsivität, was er selbst als erster zugegeben hätte. Der Begriff »langsam in Wut geraten« sagte ihm nichts. Bei ihm loderte die Wut wie ein Stapel Reisig an einem windigen Tag, wie ein in Lackverdünnung getauchtes Tuch. Worum ging es? Er glaubte, daß es Dinge gab, die Gewicht hatten, er glaubte an die Macht des Individuums, Vorgänge zu beeinflussen, Streitfragen zu erhellen, Veränderungen zu bewirken, die Erde wiederzubeleben. Nichts davon war seiner Verdauung zuträglich. Oder seinem Bankkonto. Jetzt aber, angesichts von Kompromißlosigkeit und Dummheit, angesichts von Deputy Sheets, fuhr er hoch, setzte sich abrupt auf und riß die Dauerkanüle aus dem Arm, als schlüge er eine Mücke tot. »Wo sind meine Frau und meine Tochter?« fragte er. Oder nein: brüllte er, denn seine Stimme brach aus der tiefsten Tiefe seiner Brust hervor, um von den Wänden widerzuhallen und ein angeregtes Klirren diverser Instrumente auf dem Metallregal in der Ecke zu erzeugen.
    Deputy Sheets zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er bedachte Tierwater mit einem knappen, eingekapselten Lächeln. Er trug seine Dienstwaffe, und er griff mit der Rechten danach, ebensosehr, um sich selbst zu beruhigen, wie um Tierwater wissen zu lassen, wie hier die Parameter verteilt waren. Seine Lippen bewegten sich kaum, als er sagte: »In Gewahrsam.«
    »Was meinen Sie damit: ›in Gewahrsam‹? Wo?«
    Er antwortete nicht, jedenfalls nicht gleich. Zog nur die Schultern nach hinten und wandte den Kopf zur Seite, wie um auszuspucken, dann aber bremste er sich beim Anblick der schimmernden Linoleumfliesen zwischen seinen Stiefeln und den Bettpfosten. »Keine Sorge, mein Freund. Sobald die Ärzte einverstanden sind«, stieß er hervor, und dabei wurde sein Blick eiskalt, »kommen Sie auch dorthin.«
    Tierwater war nicht zum erstenmal im Krankenhaus. Im Peterskill Municipal Hospital hatte er sich mit sechs die Mandeln herausnehmen lassen, und ein paar Jahre später kehrte er mit einem

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