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Ein Freund der Erde

Ein Freund der Erde

Titel: Ein Freund der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
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draußen ein Feuer angezündet heute nacht, oder? Denn das wäre dämlich, echt dämlich von dir...«
    »Machst du Witze? Es ist prima gelaufen, jede Minute. Ich war wie das Phantom und der Fox in einem – so effizient, daß es zum Fürchten war. Es ging wie geschmiert, wirklich.«
    Er fühlte ihren Blick auf seinem Gesicht, diesen Blick, der kein Herumgequatsche duldete und alles Komplizierte auf das Wesentliche reduzierte. Sie schnupperte – erst in der Luft, dann an ihm –, beugte sich über ihn, ihre Brüste streiften leicht seine Haut, sie zauste ihm das Haar und schnupperte dabei. »Ich weiß nicht«, sagte sie, »aber du riechst, als hättest du die Nacht im Kamin verbracht.«
    »Vielleicht«, log er, »weil ich erst mal eingeheizt hab, nachdem ich zurück war, um mich nach dem kühlen Morgen ein bißchen aufzuwärmen.«
    Das schien sie zufriedenzustellen, einstweilen jedenfalls – das heißt, bis sie selbst die Löschflugzeuge hörte, zum Briefkasten ginge und den Qualm in der Luft riechen und die Busse der Forstverwaltung auf der Straße fahren sehen würde, rappelvoll besetzt mit den ungerührten dunkelgesichtigen Einwanderern, die sie zum Mindestlohn anheuerten, um die Flammen Meter für Meter und Gebüsch für Gebüsch niederzukämpfen. Dann würde es ihr klarwerden. Und Teo auch, ebenso wie Ratchiss. Er konnte sie jetzt schon hören: Bist du verrückt? Gleich hier, praktisch nebenan? Glaubst du denn, die Leute sind blöd? Willst du uns alle und die Sache in Gefahr bringen – unsere Organisation, zum Teufel –, nur weil du dich nicht im Griff hast? Was hast du bloß für ein Problem?
    Plötzlich fühlte er sich erschöpft. Er war die ganze Nacht unterwegs gewesen, fünfzehn Kilometer hin und wieder zurück zu Fuß gegangen und hatte Schwermaschinen im Wert von Hunderttausenden Dollars zerstört. Das Knie tat ihm weh und auch der Schultergürtel, wo er sich irgend etwas gezerrt haben mußte – wahrscheinlich beim Kampf gegen die eine oder andere Rohrmuffe. Er war kein Mechaniker.
    »Willst du eine Weile ausruhen?« fragte Andrea und setzte sich in Bewegung, das Bett schlingerte wie ein Gummifloß im tiefen Wasser, ein genießerischer Blick auf ihren nackten Leib, dann hatte sie T-Shirt, Unterhose und Shorts übergestreift.
    »Ja, das wäre gut«, sagte er. »Aber du hast meine Frage von gestern noch nicht beantwortet.«
    »Welche Frage?«
    »Über dich und Teo. Diese vielen Nächte unterwegs, Connecticut, New Jersey, wo auch immer. Du hast mit ihm geschlafen, stimmt’s?«
    »Was spielt das für eine Rolle? Damals kannte ich dich noch nicht.«
    »Du hast es getan, oder?«
    Irgendwo hoch oben erklang das ferne Dröhnen eines Flugzeugs. Der Wind mußte gedreht haben, zumindest kurzfristig, denn jetzt konnte er den Rauch riechen, als wäre die Luft davon durchdrungen. »Ich werde dich nicht anlügen, Ty – wir sind beide erwachsen, nicht wahr? Also, willst du es wissen? Ob ich mit ihm geschlafen habe?«
    Er schloß die Augen. Nie im Leben war er so müde gewesen. »Nein«, sagte er. »Vergiß es.«

Santa Ynez, Dezember 2025
    Mac hat seit jeher viel Trara um Weihnachten gemacht – Glitzerzeug, da steht er drauf. Plätzchen im Ofen, blinkende bunte Lämpchen, Klingelingeling, lauter so Sachen –, und das ist dieses Jahr nicht anders. Was macht es schon, wenn die Rahmenbedingungen etwas extrem sind? Was tut es, daß wir praktisch auf einer Insel leben und weder Supermarkt noch Krankenhaus, weder Sushi-Bar noch Futtermittelhandlung erreichen können? Was tut es, daß wir im Keller lauter scheißende, fauchende, fuchsteufelswilde und desorientierte Tiere haben? Hauptsache schmücken, so denkt er eben. Vor zwei Jahren karrte er fünfzig Mann an, die rings um das Haus an den Wänden Lichterketten in parallelen Bahnen anbrachten, so daß es aussah wie ein Geschenkpaket auf dem Gipfel des Hügels (oder, von innen, wie ein riesiger Elektrotoaster), an die zwanzigtausend Glühbirnen verbrauchten elektrischen Strom, den niemand hat und den sich niemand leisten kann, und Mac war nicht mal zu Hause. Letztes Jahr am 1. Dezember fuhr wieder eine fast ebenso große Crew vor, aber der Wind blies so heftig, daß die Arbeiter dauernd von den Leitern geweht wurden, und die Lichter, die sie doch anbringen konnten, knallten immer wieder gegen die Hauswand, bis nicht viel mehr übrig war als ein langes Kabel mit lauter leeren Fassungen, das vom Sturmwind gebeutelt wurde. Auch damals war Mac nicht hier. Diesmal aber ist er

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