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Ein Freund des Verblichenen

Ein Freund des Verblichenen

Titel: Ein Freund des Verblichenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrej Kurkow
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Geräusch eines dröhnenden, aber nicht lauten Schlages zu hören – und es schien etwas zu fallen. Dann wieder Stille.
    »He du!« hörte ich eine bekannte Stimme, und in dem Augenblick blendete mich der Schein einer Taschenlampe.
    Ich schützte mit der Hand meine Augen vor dem blendenden Licht.
    »Komm her!« rief Wanja wieder.
    Er leuchtete mir den Weg direkt zu sich. Als ich neben ihm stehenblieb, richtete er den Strahl auf Kostja, der reglos auf dem Bauch lag.
    »Was ist mit der Kohle?« fragte Wanja. Ich zog die für ihn schon zurechtgelegten Dollar aus der Tasche. Im Schein der Taschenlampe zählte er sie schnell nach. Dann bückte er sich und drehte den liegenden Körper auf den Rücken. Aus der Brust des Mannes ragte der Griff eines Jagdmessers. Wanja zog einen Lappen aus der Tasche seiner grünen Jacke und wickelte ihn um das Messer zwischen Griff und Körper. Dann zog er das Messer aus dem Körper, wobei er gleichzeitig die Klinge und das aus der Wunde sickernde Blut abwischte. Nachdem er das Messer weggesteckt hatte, knöpfte er Kostjas Lederjacke auf, breitete sie weit auseinander und zog eine hinter dem Jeansgürtel steckende Pistole mit Schalldämpfer heraus.
    »Oh!« stieß er hervor. »Das ist ja ’n Ding!«
    Er steckte die Pistole ein und seufzte erleichtert auf.
    »Siehst du, nun mußt du wieder bei Null anfangen!« sagte er in ruhigem, fast freundlichem Ton zu dem auf dem Boden liegenden Körper. »Okay, das war’s.«
    Seine Schritte vermengten sich mit dem Prasseln des jetzt wieder stärker werdenden Regens.
    In dem verwaisten Hof blieben nur Kostja und ich.
    Schließlich löste ich mich aus meiner Erstarrung, und ohne zu wissen, warum ich das tat, hockte ich mich hin, kontrollierte Kostjas Jackentaschen und steckte, ohne hinzusehen, was es war, alles in meine Tasche.
    Als ich nach Hause kam, warf ich meine nassen Sachen auf den Boden und wollte ein heißes Bad nehmen.
    Ich wollte alles abwaschen, die Vergangenheit, diese ganze Geschichte, die gerade erst zu Ende gegangen war. Aber ich hatte keine Kraft. Wieder überfiel mich ein Zustand der Trunkenheit – oder ich bekam eine Grippe. Ich hatte Kopfschmerzen.
    Meine Kraft reichte gerade noch, um mich abzutrocknen und ins Bett zu gelangen.

19
    Ungefähr gegen Mittag wachte ich auf. Mein schwerer Kopf ließ mich wieder an Grippe denken. Aber meine Stirn war kalt, zu kalt.
    Ich stand mit Mühe auf und zog einen Trainingsanzug an.
    Auf dem Korridor sah ich meine immer noch nassen und dreckigen Kleidungsstücke auf dem Fußboden. Daneben auf dem braunen Linoleum die getrockneten Spuren meiner Schuhe und eine schon getrocknete Pfütze neben der Jacke.
    Ich ließ heißes Wasser in die Badewanne und warf alles hinein, was ich gestern angehabt hatte: Socken, Pullover, Jeans. Auch die Jacke, aber vorher leerte ich in der Küche die Taschen und legte alles auf den Tisch. Ich schüttete ein halbes Paket Waschpulver in die Wanne und kehrte in die Küche zurück.
    Dort, zunächst auf das Kochen des Teekessels wartend, dann schon mit einer Tasse starkem Tee sah ich alles durch, was mir nicht gehörte. Eine Brieftasche mit fünfzig Dollar, ein Packen Geldscheine und ein Foto seiner Frau mit einem kleinen Kind auf dem Arm. Seine Frau, eine Brünette mit großen Augen und kurzgeschnittenem Haar, hatte auf dem Foto einen so müden kranken Blick, als hätte sie gerade erst entbunden. In der Brieftasche lag ein zweifach gefalteter Brief: Konstantin Schustenko, Kiew, Prospekt des Sieges 22. Auf dem Umschlag eine Moskauer Briefmarke und ein unleserlicher Absender. Einen fremden Brief wollte ich nicht lesen. Also legte ich ihn beiseite. Ich blätterte das Adreßbuch durch und legte es zu dem Brief.
    Das heißt, sein Name war wirklich Konstantin, kurz: Kostja, gewesen?! Ja und? Das änderte gar nichts.
    Im Zimmer klingelte das Telefon, und dieses Läuten wiederholte sich als Echo in meinem Kopf.
    Ich nahm den Hörer ab.
    »Na endlich! Grüß dich!« sprudelte Lenas fröhliche Stimme in mein Ohr. »Wo bist du denn geblieben? Ich versuche dich schon seit einigen Tagen anzurufen.«
    »Ich war weg«, log ich.
    »Möchtest du, daß ich zu dir komme?«
    »Ich möchte schon, aber ich bin krank, ich habe mich erkältet …«
    »Macht nichts, Unkraut vergeht nicht. In einer Stunde bin ich da.«
    Ich ging in die Küche zurück, legte Kostjas Papiere in eine Tüte und steckte sie in eine Küchenschublade.
    Lena kam früher, als sie versprochen hatte.
    »Paß nur auf, vielleicht

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