Ein frivoler Plan
drastischen Schritt unternommen hatte? Würden sie sie empfangen, wenn sie zurückkehrte, und ihr eine Chance für Erklärungen geben? Als sie ihren wahnsinnigen Plan gefasst hatte, hatte sie gewusst, dass ihre Familie sie möglicherweise verstoßen würde, wenn sie ruiniert war. Sie hatte gewusst, dass sie ein großes Risiko einging. Dennoch wünschte sie sich eine Gelegenheit, all das zu erklären.
Wer hätte wissen können, dass ein so simpler Umschlag so viel Unruhe verursachen konnte. Julia verließ ihr Zimmer, um nach Paine zu suchen.
Sie fand ihn an dem Ort, der zu seinem Stammplatz geworden war – am Kopf des langen Tisches in der Bibliothek. Sie konnte gut nachvollziehen, was ihm an diesem Raum gefiel. An der Seite gegenüber der Tür waren Fenster bis zum Boden, die zum einen den Raum mit Licht versorgten und zum anderen manch erregten Besucher beruhigte, weil er einen Blick auf das weitläufige Grün hatte.
Paine war leger gekleidet, in ein einfaches Hemd und eine Weste mit Paisley-Muster. Um den Hals trug er ein schlichtes Krawattentuch. Die Bücher, die vor ihm lagen, nahmen ihn ganz gefangen, während er Zahlenreihen addierte und Summen notierte. Peyton war bei ihm, er lag mit einem Buch ausgestreckt auf dem Ledersofa vor dem Fenster.
Eine friedliche Szene. Julia störte nur ungern. Viel lieber würde sie mit Paine auf dem Land bleiben. Wie schwer es Paine auch gefallen sein mochte, nach Hause zu kommen, die Wahl war für ihn die richtige gewesen. Noch immer verstand sie nicht ganz die Gründe für seine Trennung von seinen Brüdern, doch es war offensichtlich, dass er geliebt wurde und ihm verziehen worden war.
Sie biss sich auf die Lippen und fühlte, wie sie bei einem Gedanken errötete: Seit dem Picknick hatten sie jede Nacht zusammen verbracht. Peyton hatte ihnen getrennte Zimmer gegeben, aber das hatte Paine nicht daran gehindert, zu ihr zu kommen, sobald es im Haus ruhig geworden war. Sie freute sich auf die Stunden in der Nacht, wenn er abwechselnd ihr Liebhaber und ihr Lehrer war. Selbst jetzt am sonnigen Nachmittag genügte sein Anblick, und sie war aufgeregt aus lauter Vorfreude auf den Abend.
Julia schob die Tür leise ganz auf und betrat den Raum.
„Hallo, Julia.“ Ehe sie etwas sagen konnte, hatte Paine den Kopf gehoben. War er sich ihrer Gegenwart so sehr bewusst, dass er es spürte, wenn sie sich mit ihm im selben Raum befand? Das war der Stoff, aus dem Romane sind. „Wie steht es mit deinen Kleidern? Sag mir nicht, du hast sie schon alle anprobiert.“
„Sie sind schön. Aber nein, ich habe noch keines probiert.“ Julia trat zum Tisch, wohl wissend, dass Peyton sie aufmerksam beobachtete. „Dies hier kam für dich an. Es steckte in der Truhe.“
Paine nahm den Umschlag und betrachtete ihn. „Danke. Er ist von Flaherty, einem meiner Ermittler. Ich hatte gehofft, von ihm zu hören.“
„Geht es um den Club?“, fragte sie, während er die Nachricht überflog.
„Nein“, sagte Paine, ohne aufzublicken.
Julia wartete in der Hoffnung, mehr zu erfahren, und fühlte sich ausgeschlossen, als er schwieg. „Geht es um meinen Onkel?“, brachte sie schließlich heraus. Früher hatte Paine eine solche Nachforschung einmal erwähnt.
Er sah auf. „Nein, jedenfalls nicht direkt.“ Er lächelte, aber Julia ließ sich nicht täuschen.
„Ich lasse mich nicht wie ein Kind behandeln, Paine. Wenn die Nachricht mich betrifft, dann will ich wissen, was darin steht.“ Julia fühlte, wie sie zornig wurde. Der Schurke versuchte, sie auszuschließen.
„Julia, es besteht für dich kein Grund zur Sorge“, beschwichtigte sie Paine und blickte wieder ein wenig verwirrt auf. „Es wird für alles gesorgt.“
Peyton erhob sich von seinem Sofa und stellte sich hinter Paine. Er las über die Schulter des Bruders hinweg den Brief, und Paine unternahm keinen Versuch, die Nachricht vor seinem Bruder zu verbergen. Das genügte, um Julia endgültig in Wut zu versetzen.
„Ich verstehe. Nur Männer dürfen sich Sorgen machen.“ Sie stemmte die Hände auf den Tisch und beugte sich darüber. „Nun, das genügt mir nicht, Paine. Ich habe allen Grund zur Sorge. Ein Kutscher ist tot, und mein Onkel steht vor dem finanziellen Ruin, alles meinetwegen. Du kannst mich nicht mit einem Lächeln und falschen Versprechungen fortschicken. Ich stecke bis zum Hals mit drin.“
Peyton sah sie prüfend an und schien die Situation abzuwägen. „Ich vermute, Ihrem Onkel droht mehr als nur der finanzielle
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