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Ein ganz schoen starker Plan

Ein ganz schoen starker Plan

Titel: Ein ganz schoen starker Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Svingen
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der Anrichte stand. Noch drei Minuten bis zu ersten Stunde. Ich hatte furchtbaren Durchfall. Oder auch eine heftige Erkältung. Wohl eher beides. Ich hatte in der Schule einfach nichts zu suchen.
    Papa legte die Rechnungen immer in den Obstkorb, in dem es nie Obst gab. Unter anderen längst überfälligen Rechnungen fand ich mehrere Mahnungen des Elektrizitätswerks und die Drohung, den Strom abzustellen. Das Geld in meiner Tasche reichte durchaus für die Rechnung, aber wie sollte ich die bezahlen? Nur Papa hatte Zugang zum Internetbanking und sicher war kein Geld auf dem Konto. Außerdem wollte ich den Strom sofort zurückhaben. Ida sollte von ihrem großen Bruder beeindruckt sein. Ich fing an, auf der Stromrechnung herumzuzeichnen.

    Oben auf der Rechnung stand die Adresse von Skandia Energi, und die war nur zwei oder drei U-Bahnstationen entfernt. Ich schnappte mir Jacke und Schirmmütze, schaute durch das Guckloch und öffnete vorsichtig die Tür. Dann zog ich mir die Mütze tief in die Stirn und starrte zu Boden, ich konnte ja nicht ahnen, wem ich über den Weg laufen würde.
    An der U-Bahn-Haltestelle waren nicht viele Leute, aber ganz am Ende des Bahnsteigs stand ein Mann und starrte auf die Schienen. Sein Kopf war rasiert, er hatte eine spitze Nase und den kleinen Knick im Nacken, den ich so gut kannte. Für den Bruchteil einer Sekunde erinnerte er mich ungeheuer an Papa, aber dann ging mir auf, dass es nur ein nachdenklicher Mann war, der ihm ähnlich sah. Trotzdem fühlte es sich an, als strömte plötzlich eine schnellkochende Suppe aus Glück durch mich hindurch, die mich innerlich zum Glühen brachte. Aber ich wurde schnell wieder kalt. Hatte Papa wirklich die große Liebe gefunden und war ins Ausland gegangen? Ich konnte verstehen, dass es schwer sein würde, diese Beziehung hier zu Hause zu pflegen, wo zu den seltsamsten Zeiten seine Exfrauen auf der Matte standen. Trotzdem konnte ich mirnicht vorstellen, wie Papa glücklich mit einer Frau im Schlepptau über einen Strand oder auf einen Berg wanderte. Es passte besser zu ihm, Ida und mich im Schlepptau zu haben. Aber ich konnte mir jederzeit vorstellen, wie Papa mit düsterer Miene am Ende eines Bahnsteigs die Schienen anstarrte.
    Eine halbe Stunde später erreichte ich ein riesiges Bürogebäude, wo über einer Drehtür in riesigen Leuchtbuchstaben Skandia Energi stand. In der Rezeption saß eine Frau im Alter von Papas Dates.
    »Hallo, ich würde gern die Stromrechnung bezahlen«, sagte ich und legte Rechnung und Geld auf den Tresen.
    Sie sah zuerst das Geld an, dann mich. Ihre Miene verhieß nichts Gutes.
    »So kannst du die Rechnung leider nicht bezahlen.«
    »Ihr habt uns den Strom abgedreht und ich habe kein Internetbanking, wissen Sie. Und ich brauche den Strom noch heute«, erklärte ich.
    Sie lächelte, als ob ich ein kleines Kind wäre, dem erklärt werden müsste, wie die Welt funktioniert. An jedem Ohrläppchen hatte sie einen riesigen Anhänger und ihr Mund war so rot, dass ich an Weihnachten denken musste.
    »Wenn du die Rechnung hast, kannst du in die Bank gehen und am Schalter bezahlen. Die verlangen zwar eine Gebühr, aber …«
    »Dann dauert es doch viele Tage, bis wir wieder Strom haben. Ich dachte, dass vielleicht Sie, wo Sie so hübsch sind und so einen schönen Lippenstift benutzen und so elegante Ohrgehänge haben, die leuchten, und Hände, die aussehen wie elegante … äh, Spinnen und …«
    Ich verstummte. Was für Komplimente machte man solchen Frauen? Ich hätte dabei sein müssen, wenn Papa flirtete. Er kannte sich mit so was aus.
    »Sollten deine Eltern sich nicht um solche Dinge kümmern?«, fragte die Frau gelassen.
    »Für wie alt halten Sie mich denn? Ich wohne allein. Soll ich vielleicht Ihr Alter schätzen?«
    »Du siehst aus wie ein Schuljunge«, sagte sie lächelnd.
    »Ha, Schuljunge? Ich arbeite beim … Straßenbau. Ich baue Asphaltstraßen und stelle diese Dinger mitten auf die Straße, damit man nicht zusammenstößt, wenn man hinter dem Lenkrad eingeschlafen ist. Außerdem lass ich mir solchen Kram in Lippen und Wangen spritzen, damit ich wie ein Junge aussehe, obwohl ich Wein kaufen und Auto fahren und wählen darf, und ich habe immer Frauen mit Titten und jeder Menge Schminke. Jeder Menge!«
    Ich holte Luft. Sie sah mich forschend an. Sie schien jeden Moment losprusten zu können. Ich war zu weit gegangen. Es half alles nichts. Mir blieb nur noch eine Karte. Vielleicht war es falsch, eine so miese

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