Ein ganz schoen starker Plan
Wasser und schwebte beim Kopfsprung gern einige Meter durch die Luft, ehe ich mit dem Kopf zuerst durch die Wasseroberfläche brach. Isabell trug einen rosa Badeanzug, in dem nur ein kleiner Teil ihres Körpers Platz hatte. Ida und Isabell spielten im Wasser, lachten und bespritzten sich gegenseitig, während ich zwei Sprünge erfand, die ich »Rollbombe« und »einsame Schwalbe« taufte. Danach kaufte Isabell Schokolade und Limo für uns. Ida bedankte sich, als hätte sie das größte Geschenk aller Zeiten bekommen. Ich sagte nichts, obwohl das sicher richtig gewesen wäre.
»Wisst ihr schon mehr darüber, wann euer Vater nachHause kommt?«, fragte Isabell uns, während wir die Limo tranken.
Ida schüttelte den Kopf.
»Ich kann mir vorstellen, dass es nicht leicht ist, so lange allein zu Hause zu sein«, sagte jetzt Isabell. »Ich hab mir etwas überlegt. Wenn ihr wollt, und weil es ja sicher nicht so leicht ist, allein zu Hause zu sein, könnt ihr bei mir wohnen, bis euer Vater nach Hause kommt.«
»Wirklich?«, rief Ida außer sich vor Freude.
»Ich habe zwei leere Gästezimmer, aus denen ich irgendwann einmal Kinderzimmer machen wollte. Wir könnten zweimal die Woche schwimmen gehen. Es wäre nur nett, wenn ich …«
»Das geht leider nicht«, log ich. »Ich muss zu Hause sein, weil ich Besuch von ein paar Kumpels kriege.«
»Stimmt doch gar nicht«, sagte Ida und ihre Mundwinkel krümmten sich. »Du hast ja gar keine Kumpels, Håkon.«
»Doch, ich habe Fredrik und Ahmed. Es kann sein, dass die vorbeikommen«, antwortete ich energisch.
»Du hast noch nie Besuch gekriegt, Håkon. Du brauchst Isabell nicht anzulügen. Ich will bei ihr wohnen.«
»Wenn ich mit Fredrik gehen will, um Playstation zu spielen, dann ist das wahnsinnig weit.«
»Håkon, du hast keine Freunde. Und es macht keinen großen Spaß, wenn wir nur zu zweit allein zu Hause wohnen.«
»Du weißt doch gar nicht, ob ich Freunde habe oder nicht. Ich habe sogar eine Freundin.«
Ich redete zu laut. Die Leute sahen schon zu uns herüber.
»Hast du eigentlich den Verstand verloren, oder was?«
»Wartet, wartet«, bat Isabell und hob beide Hände, um uns zum Schweigen zu bringen.
»Aber ich habe wirklich eine Freundin. Sie heißt Liv und wir waren die halbe Nacht unterwegs«, sagte ich leiser.
»Ja, kann ich mir denken«, sagte Ida spöttisch. »Du hast versprochen, mich nie anzulügen.«
Sie hatte recht. Nichts in meinem Leben ließ annehmen, dass ich plötzlich Freunde oder gar eine Freundin haben könnte. Natürlich war sie davon überzeugt, dass ich log.
»Aber …«, fing ich an.
Es half kaum, dass ich schwor, die reine Wahrheit zu sagen. Ich hatte keine Beweise. Die misstrauischen Krümmungen an Idas Mundwinkeln waren größer denn je und sie schlug demonstrativ die Arme übereinander.
»Håkon, es klingt fast, als ob es sinnvoll für dich sein könnte, mit einer Erwachsenen zusammenzuwohnen«, sagte Isabell. »Und es ist doch bloß, bis euer Vater wieder da ist. Bestimmt kommt er bald. Ich weiß genau, wie traurig es sein kann, ganz allein zu wohnen.«
»Ich hab genug zu tun. Ida kann machen, was sie will. Ich habe Pläne und Leute, mit denen ich alles zusammen machen kann. Und ich küsse jeden Tag. Das schaffst du ja wohl nicht, oder? Du schaffst es ja nicht mal, ein Kind zu kriegen!«
Isabell gab keine Antwort. Ich wusste, dass ich gemein war. Gemeine Kinder kann niemand leiden. Ich stand auf und lief zum Umkleideraum.
»Håkon, warte«, bat Isabell. »Bitte!«
Ich drehte mich nicht um. Ging einfach in den Jungenumkleideraum, übersprang das Duschen und zog mich an. Esentpuppte sich als Wahnsinnsaktion, auf eigene Faust vom Tøyenbad nach Hause zu kommen. Ich musste eine U-Bahn und zwei Busse nehmen und stieg an der falschen Haltestelle aus. Aber diese Fahrt gab mir auch Zeit zum Nachdenken und mein Kopf arbeitete auf Hochtouren.
Zum Glück hatte ich die Eintrittskarte vom Schwimmbad in meiner Tasche und konnte auf die leere Rückseite zeichnen.
Es war nicht schwer zu verstehen, dass Ida bei Isabell sein wollte, aber ich wünschte mir eben, dass sie lieber bei mir wäre. Ich fand im Papierkorb im Bus ein Blatt Papier und schrieb die Vorteile des Alleinseins darauf.
Als ich nach Hause kam, legte ich eine Rap-CD ein und stellte sie noch viel lauter als sonst. Cecilie hämmerte unrhythmisch gegen die Wand. Sofort fühlte ich mich besser. Obwohl ich nach Chlor stank.
Die guten Gefühle hielten an, bis es klingelte und
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