Ein ganz schoen starker Plan
alles ganz anders wurde.
Ein Genie erzählt die Wahrheit
Vor der Tür stand Rolf. Ich wollte schon sagen, dass Papa joggen gegangen sei, als Rolf mich plötzlich umarmte und fest an sich drückte.
»Ich liebe dich, Håkon«, sagte er.
»Aber ich liebe dich nicht«, sagte ich mit dem Mund an seiner Brust.
Er ließ mich los.
»Ich liebe dich als Kumpel, als echter Buddy«, erklärte er. »Du bist einfach so … gut.«
Ich hätte mich wohl bedanken müssen. Aber ich hatte Angst, er wollte mir einen Heiratsantrag machen oder mich zu sich nach Hause einladen.
»Ich habe jetzt eine Freundin«, sagte er.
Ich atmete auf.
»Guri, die mit den Rosen«, erklärte er. »Wir sind zusammen ausgegangen und jetzt sind wir zusammen. Und alles haben wir dir zu verdanken, Håkon. Warum habe ich so was noch nie gemacht? Es ist doch so einfach. Aber du, ja, du bist … du bist … genial!«
Rolf standen Tränen in den Augen.
»Danke«, sagte ich.
»Du bist so … so …«
»In Ordnung? Aber du, ich wollte gerade … die Gläser in der Küche abstauben«, sagte ich und zeigte in die Wohnung, damit er wieder ging.
»Ach, übrigens«, sagte er und war plötzlich ernst. »Ich komme, weil ich eine Karte von Guttorm bekommen habe. Er ist auf Mallorca. Warum hast du das nicht gesagt?«
»Auf Mallorca ist er? Uns hat er gesagt, er wollte nur kurz Butter kaufen.«
Rolfs Lächeln war verschwunden.
»Wart ihr die ganze Zeit allein?«
»Nicht doch, hier waren erwachsene professionelle Leute mit langer Ausbildung …«
»Deshalb musstest du Geld leihen, nicht wahr?« Er musterte mich mit ernster Miene.
»Ich spiele Poker im Internet.«
»Kann ich reinkommen?«
Ich wollte ihn wegschieben. Ein Genie darf so was. Alle Genies können ab und zu eine kleine Notlüge loslassen. Nicht wegen der Lügen bleiben wir in Erinnerung. Sondern wegen all der genialen Dinge, die wir tun. Wie zum Beispiel, unbeholfenen Typen wie Rolf eine Freundin zu besorgen.
Er kam herein und fragte, wo das Sofa geblieben sei.
»Das ist mit einem deutschen Sessel durchgebrannt.«
Ich setzte mich an den festlich gedeckten Esstisch und Rolf holte sich ein Glas Wasser, ehe er sich mir gegenüber setzte.
»Wollt ihr ein Fest feiern?«
»Uns ist ein geplanter Unfall passiert, der eigentlich nicht hätte passieren dürfen.«
»Wie geht es dir denn eigentlich, Håkon?«
»Ida ist mit einer von Papas Freundinnen durchgebrannt.«
Rolf trank einen Schluck Wasser. Ich starrte die Tischplatte an. Darauf lag eine zerknüllte Serviette in Gold.
»Deinem Vater ging es nicht so gut, nachdem deine Mutter ihn verlassen hatte. Das Leben war ihm sozusagen nicht gut gesinnt. Er lernt ja Frauen kennen, aber es wird nie etwas Richtiges.«
An der Serviette klebte Marmelade, die wie roter Leim aussah. Hart und teilweise durchsichtig. Es war harte Arbeit, sie von der Serviette zu entfernen, ohne dass die ganze Goldfarbe abging.
»Ich glaube, die neue Sache ist vielleicht nicht das Richtige«, sagte Rolf jetzt.
Ich sagte nichts.
Schließlich fragte er: »Hat Guttorm etwas darüber gesagt, warum er weg ist?«
Die Serviette riss und bald waren davon nur noch Papierfitzelchen übrig.
»Wird Liebe früher oder später so?«, fragte ich und ließ die Serviettenreste vor Rolfs Gesicht baumeln.
»Håkon, hörst du mir überhaupt zu?«
Ich ließ die Serviette los. Rolf war eigentlich ziemlich in Ordnung. Komisch, dass die Frauen das nicht sahen. Vielleicht war seine unsichere Persönlichkeit ein bisschen im Weg.
»Papa ist mit … der großen Liebe unterwegs«, sagte ich leise und beugte mich ein wenig vor. »Isst du gern Marmelade?«
Er schien von der Frage überrascht zu sein. Hatte er dennnicht gesehen, dass es mir total misslungen war, einen großen, eingetrockneten Flecken von der Serviette zu entfernen?
»Doch, ich esse gern Marmelade.«
»Papa mag keine Marmelade. Ist das nicht komisch? Wie kann er die große Liebe finden, wenn er so etwas Süßes und Schönes wie Marmelade nicht leiden kann?«
Rolf versuchte sich an einem Lächeln und schluckte.
»Ich fürchte, er hat nicht die große Liebe gefunden. Dein Vater hat schon früher vom Aussteigen geredet. Daran seid nicht ihr schuld, du und Ida. Das Leben ist nur ein bisschen zu viel für ihn. Bei der Arbeit geht es ja immer schief. Er schafft es nicht, ein guter Vater zu sein. Und er findet keine, die eurer Mama gleichkommt. Auch wenn sie eigentlich nicht so richtig gut für ihn war.«
Ich ballte die Faust um
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