Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
oder ironisch meint. Menschen mit Asperger-Syndrom können dagegen durch eine solche Aussage verwirrt werden. Ihre Leichtgläubigkeit und ihre Überzeugung, dass andere stets das meinen, was sie sagen, machen Menschen mit Asperger-Syndrom auch anfälliger dafür, von anderen geärgert zu werden.
Als unhöflich betrachtet werden
Das Kind mit Asperger-Syndrom bekommt es oft auch nicht mit, wenn andere ihm indirekt zu verstehen geben, dass dessen egozentrisches oder dominierendes Verhalten sie ärgert. Das Kind bricht dann offensichtlich die sozialen Regeln und reagiert nicht auf Warnhinweise. Wenn das Gegenüber dann nicht weiß, dass ein solches Verhalten auf beeinträchtigte ToM-Fähigkeiten zurückzuführen ist, gilt das Kind als bewusst unhöflich oder frech. Meist hat das Kind aber gar keine bösartige Absichten, sondern ist sich nicht bewusst, dass es Unwillen provoziert und ist überrascht, wenn das Gegenüber ärgerlich wird.
Andere mit Monologen langweilen
Menschen mit Asperger-Syndrom bringen eine erstaunliche Begeisterung für ihr Spezialinteresse auf. Sie bekommen allerdings oft nicht mit, dass andere Menschen diese Begeisterung nicht im selben Maße teilen. Da sie während des Gesprächs ihr Gegenüber selten anschauen, erkennen sie auch die subtilen Hinweise, dass der Gesprächspartner gelangweilt ist, kaum und sie können auch nicht einschätzen, ob das Thema für den anderen bedeutsam ist oder nicht.
»Was hast du heute in der Schule gemacht?«
Wenn eine Mutter ihr Kind fragt: »Was hast du heute in der Schule gemacht?«, dann wissen normale Kinder, was die Mutter bereits weiß und was für sie neu und daher interessant ist. Kinder mit beeinträchtigten ToM-Fähigkeiten dagegen werden sich mit der Frage schwertun. Was genau will sie wissen? Alles, angefangen von dem Moment, in dem das Kind den Klassenraum betritt bis zu dem Moment, in dem es nach Hause geht? Was ist für sie wichtig? Wie viel weiß sie bereits? Dem Kind mit Asperger-Syndrom wird es schwerfallen, die wichtigsten Ereignisse aus der Perspektive der Mutter zu betrachten. Es wird entweder die Antwort auf die Frage verweigern, weil sie zu kompliziert erscheint, oder es wird versuchen, jedes Detail des Tages zu referieren. Der sich ergebende Monolog wird dann sehr ermüdend sein.
»Was möchtest du trinken?«
Stephen Shore hat mir den folgenden Kommentar zugesandt: »Wenn man mich fragt, was ich ger ne essen oder trin ken will, wenn ich bei jemandem zu Gast bin, dann kann ich das nicht beantworten. Ich frage dann zurück: »Was habt ihr denn da?« Sobald ich die möglichen Antworten präsentiert bekomme, fällt es mir wesentlich leichter, eine Auswahl zu treffen. Ansonsten wäre die Frage einfach zu riesig.«
Selbst gelangweilt von den Themen anderer sein
Umgekehrt kann die Person mit Asperger-Syndrom auch die Themen langweilig finden, die anderen Menschen spannend erscheinen. Wenn Kinder Dinge mit in die Schule nehmen, um sie den anderen Kindern zu zeigen und darüber zu erzählen, dann sind die anderen Kinder meist an diesen Erzählungen interessiert. Das Kind mit Asperger-Syndrom ist dagegen vielleicht nicht in der Lage, dem Erzählendendas nötige Interesse entgegenzubringen. Wenn ihm langweilig wird, wird man ihm vorwerfen, dass es nicht zuhört.
Andere zu langweilen oder selbst unaufmerksam zu sein, wenn andere etwas erzählen, ist daher kein Zeichen fehlenden Respekts, sondern ist auf beeinträchtigte ToM-Fähigkeiten zurückzuführen.
Ehrlichkeit und Täuschung
Mir ist aufgefallen, dass Kinder mit Asperger-Syndrom erstaunlich ehrlich sind. Wenn sie von ihren Eltern gefragt werden, ob sie eine verbotene Tat begangen haben, geben sie das meist zu. Andere Kinder dagegen erkennen oft, dass der Erwachsene vielleicht nicht genug Wissen in Bezug auf die Tat hat (also etwa nicht gesehen hat, wer sie tatsächlich begangen hat) und das Kind greift dann zur Täuschung, um die Konsequenzen zu vermeiden.
Verletzende Wahrheiten äußern
Ein weiteres Kennzeichen des Asperger-Syndroms ist es, dass die Person nicht weiß, wann man von ihr eine Notlüge erwartet. Beispielsweise, wenn ein ehrlicher Kommentar einen anderen verletzen könnte. Wenn etwa das Kind mit Asperger-Syndrom im Supermarkt an der Kasse vor sich eine korpulente Frau sieht, kann es sein, dass es laut ausspricht, dass die Frau dick ist und eine Diät machen sollte. Dabei denkt das Kind womöglich, dass die Frau ihm dankbar sein sollte, dass es ihr einen so nüt zlichen Hinweis
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