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Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Ein Garten mit Elbblick (German Edition)

Titel: Ein Garten mit Elbblick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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blickte ihre beiden Besucherinnen an, als habe sie einen Entschluss gefasst. «Ich würde gerne ein Bad nehmen», sagte sie, «wenn es möglich ist, jetzt gleich.»
    «Natürlich ist es möglich. Ein Bad ist immer ein guter Anfang.»
    «Aber das erlauben wir erst, nachdem du etwas gegessen hast. Das Rührei ist köstlich, und der Schinken – ganz mild», sagte Claire und bestrich schon eine der Scheiben frischen weißen Brotes mit Butter. «Iss wenigstens von dem Hefebrot, aber dann nimm ordentlich Butter und Honig. Oder lieber Himbeergelee? Wenn du nichts isst, fällst du unterwegs um. Das ist es doch, warum du es plötzlich eilig hast – du willst möglichst bald in eurem Haus nach dem Rechten sehen, stimmt’s?»
    «Ja.» Hettys Stimme klang wieder dünn, ihr Atem ging flach. «Unser Haus. Und dann – dann muss ich Thomas nach Hause bringen.»
    «Oh, meine Liebe.» Claire griff nach ihren Händen und umfasste sie warm. «Es tut uns furchtbar leid, aber du warst so krank, und es gingen Kabel hin und her. Felix hat das alles für uns erledigt, für dich. Man weiß leider immer noch nicht, wer … nun ja, wer schuld an seinem Tod ist. Dieser Polizist wird noch mit dir sprechen wollen. Ja, Felix hat sich um alles gekümmert. Natürlich hat er immer alles mit Papa besprochen. Da war ja niemand mehr in England außer eurem Anwalt. Thomas’ ganze Familie ist offenbar in Indien, Ägypten oder weiß der Himmel wo in diesem riesigen Commonwealth verstreut. Keiner war zu erreichen, dabei ist Ägypten gar nicht so weit, jedenfalls verglichen mit Ostindien oder China. Es soll auch steinalte Großtanten auf Rhodos geben.»
    «Sie will sagen», unterbrach Emma ungewohnt sanft, «es tut uns leid, aber Dr. Murnau hat versichert, es könne noch lange dauern, bis du wieder zu Entscheidungen fähig seiest. Deshalb haben wir ihn schon beerdigt. Hier, das heißt in Nienstedten. Du musst nun nicht gleich nach England reisen, das wäre jetzt sowieso viel zu anstrengend. Thomas hat seine letzte Ruhe in eurem Familiengrab bekommen. Ich glaube», schloss sie nachdrücklich, «Onkel Sophus hätte das gefallen, er hat nur Gutes von deinem Mann gesprochen.»
    * * *
    Nur wenn der Regen stark war oder Schnee und Glatteis die Straßen zum Abenteuer machten, ließ Friedrich Grootmann für den täglichen Weg zum Kontor im neuen Speicher hinter dem Zollkanal anspannen. Die Straßenbahn durch St. Georg zum Rathausmarkt wäre für den längeren Teil des Weges eine vernünftige Alternative, doch wie seine jüngste Tochter mied er Gedränge.
    Heute hatte er sich für den Alsterdampfer bis zur Endstation am Anleger Jungfernstieg entschieden. Der Morgen war mild, die Brise leicht, der mittlere Teil des Dampfers offen – die reinste Sommerfrische. Die Fahrt reichte nicht, um die Zeitung zu lesen, für gewöhnlich überflog er die Schlagzeilen und einen oder zwei der Artikel, auch das nur, wenn ihm kein Nachbar oder Geschäftsfreund begegnete, der zu einem Gespräch aufgelegt war. Das waren sie immer – Grootmann nicht. Er hielt sich zu Recht für einen geselligen Mann, nur morgens auf dem Weg zum Kontor blieb er gern allein mit seinen Gedanken.
    Er setzte seinen Weg über den Rathausmarkt und die dichtbebaute Cremoninsel fort, dann trat er aus den engen Gassen hinaus auf die Straße am Zollkanal. Die durch Vertiefung und Verbreiterung zweier moderiger alter Fleete entstandene Wasserstraße war zugleich die Grenze zum zollfreien Hafen. Nirgends wurde die Metamorphose der alten Stadt zu einer der bedeutendsten und modernsten Handelsmetropolen deutlicher sichtbar. Das neue Rathaus war gewaltig und wahrlich ein Palast, aber der beständig prosperierende Hafen, nun von weiterer Ausdehnung als die Handelsstadt selbst, war auch als Versprechen für die Zukunft etwas ganz Großes.
    Der Anblick der erst vor wenigen Jahren fertiggestellten Speicherstadt ließ ihn immer wieder eine Mischung aus Zufriedenheit und Bedauern empfinden. Das Rot der hoch aufragenden Backsteinmauern schimmerte matt im Morgenlicht, die eingefügten glasierten Steinbänder reflektierten das Sonnenlicht wie dunkler Opal. Noch fehlte den Kupferdächern die grüne Patina, auch den an Ecken und Erkern angebrachten dekorativen Türmchen, mit ein wenig Phantasie war sie jedoch schon zu ahnen.
    Nur Bäume vermisste er, hier und da etwas Grün, die Wände hinaufrankende Efeu. Ein sentimentaler Gedanke, er behielt ihn stets für sich.
    Er erinnerte sich gut an den verstörenden Anblick der

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