Ein gefährlicher Gegner
Hinsicht.
«Gut. Dann können wir also zusammenarbeiten. Wie wäre es, wenn wir zunächst einmal etwas äßen? Sollen wir hier oben im Hotelzimmer bleiben oder hinuntergehen ins Restaurant?» Tuppence entschied sich fürs Restaurant und Hersheimer fügte sich ihrer Entscheidung.
Die Austern waren gerade einer Seezunge Colbert gewichen, als man Hersheimer eine Karte brachte.
«Inspektor Japp von der Kriminalabteilung bei Scotland Yard. Wieder einer. Was soll ich ihm denn noch erzählen? Ich habe doch alles schon dem ersten gesagt. Hoffe nur, dass sie dort die Fotografie nicht verloren haben. Das Atelier des Fotografen im Westen ist niedergebrannt und alle seine Negative sind vernichtet. Es ist der einzige Abzug, den ich besitze. Ich habe ihn vom Direktor ihrer Schule bekommen.»
Eine dumpfe Angst beschlich Tuppence. «Sie wissen nicht zufällig den Namen des Mannes, der heute Morgen bei Ihnen war?»
«Augenblick mal. Es stand auf seiner Karte. Inspektor Brown. Ein ganz unauffälliger Mann.»
6
E s genügte, festzustellen, dass bei Scotland Yard kein «Inspektor Brown» existierte. Die Fotografie von Jane Finn, die für die Polizei von größter Bedeutung gewesen wäre, war verloren. Wieder einmal hatte Mr Brown triumphiert.
Das unmittelbare Ergebnis dieses Rückschlags war eine weitere Annäherung zwischen Julius Hersheimer und den Jungen Abenteurern. Tommy und Tuppence hatten bald das Gefühl, den Amerikaner ihr Leben lang zu kennen, und erzählten ihm ihre Geschichte. Er fand die ganze Sache «zum Totlachen».
Zu den Folgen dieser vertraulichen Beziehungen gehörte es, dass Tommy und Tuppence von nun ab ihr Hauptquartier im Ritz aufschlugen, um, wie Tuppence sich ausdrückte, in ständigem Kontakt mit Jane Finns einzigem lebenden Verwandten zu stehen.
«Und nun», sagte Tuppence am Morgen nach ihrem Einzug, «an die Arbeit!»
Mr Beresford ließ die Daily Mail sinken.
«Zum Teufel, Tommy, wir müssen doch etwas für unser Geld tun.»
Tommy seufzte.
«Du hast etwas von der Schlichtheit der wahrhaft großen Geister an dir, Tuppence. Also los, ich höre zu.»
«Woran können wir uns zunächst einmal halten?», fragte Tuppence.
«An nichts», erwiderte Tommy fröhlich.
«Falsch! Wir haben zwei Anhaltspunkte.»
«Und die wären?»
«Der erste: Wir kennen einen von der Bande.»
«Whittington?»
«Ja. Ihn würde ich überall wiedererkennen.»
«Hm», sagte Tommy zweifelnd. «Ein sehr wesentlicher Anhaltspunkt ist das nicht gerade. Du weißt nicht, wo du ihn suchen solltest, und es steht etwa tausend zu eins, dass du ihm irgendwo zufällig begegnest.»
«Das kann man nicht wissen», antwortete Tuppence nachdenklich. «Ich habe oft bemerkt, dass eine Serie von Zufällen zumeist in ganz unerwarteter Weise ihre Fortsetzung durch eine neue Serie findet. Aber du hast Recht: Wir können uns nicht unbedingt darauf verlassen. Es gibt jedoch Gegenden in London, in denen man früher oder später unweigerlich gewissen Menschen begegnet. Zum Beispiel Piccadilly Circus.»
«Ich halte nicht viel von der Idee. Es ist durchaus möglich, dass sich Whittington gar nicht in London aufhält.»
«Stimmt. Ich halte Punkt zwei auch für aussichtsreicher.»
«Und der wäre?»
«Ein Vorname – Rita. Whittington hat ihn damals erwähnt.»
«Hast du etwa die Absicht, noch eine Anzeige aufzugeben: Gesucht weiblicher Verbrecher, hört auf Rita?»
«Kaum. Ich habe vielmehr die Absicht, nach rein logischen Gesichtspunkten vorzugehen. Dieser Danvers wurde doch auf der Überfahrt beschattet, nicht wahr? Es ist wahrscheinlich, dass man ihm eine Frau auf die Fersen gesetzt hatte und nicht einen Mann.»
«Mir kommt das durchaus nicht so wahrscheinlich vor.»
«Ich bin sicher, dass es eine Frau war, und bestimmt sah sie gut aus», antwortete Tuppence ruhig.
«In diesen mehr technischen Fragen will ich mich ganz deiner Ansicht unterordnen», murmelte Mr Beresford.
«Diese Frau wurde offenbar gerettet.»
«Woraus schließt du das?»
«Sonst hätten die anderen niemals erfahren können, dass Jane Finn die Papiere bekommen hatte.»
«Richtig.»
«Es könnte doch also sein – dass diese Frau ‹Rita›, war.»
«Und?»
«Dann müssten wir alle Überlebenden der Lusitania durchkämmen, bis wir sie gefunden haben.»
«Dazu müssten wir uns eine Liste der Überlebenden beschaffen.»
«Habe ich schon. Ich habe eine lange Liste all der Dinge, die ich wissen wollte, angelegt und sie Mr Carter geschickt. Heute Früh habe ich
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