Ein gefährlicher Gegner
gekleideter Diener öffnete ihnen die Tür. Tuppence war ein wenig nervös. Immerhin war es doch von ihr eine ziemliche Frechheit. Sie hatte beschlossen, nicht zu fragen, ob Sir James zu Hause sei, sondern einen etwas persönlicheren Ton anzuschlagen.
«Würden Sie Sir James fragen, ob ich ihn ein paar Minuten sprechen könnte? Ich habe eine wichtige Nachricht für ihn.»
Der Diener zog sich zurück, war jedoch bald wieder da.
Er führte sie in einen Raum im rückwärtigen Teil des Hauses, der als Bibliothek diente. Wohin man blickte, waren Bücher, und Tuppence bemerkte eine ganze Wand voller Werke über Verbrechen und Kriminologie. Ein altmodischer Kamin und ein paar tiefe Ledersessel vervollständigten das Bild. Am Fenster stand ein großer Schreibtisch. Dort saß der Herr des Hauses.
Bei ihrem Eintreten erhob er sich. «Sie haben eine Nachricht für mich? Ach, Sie sind es…!» Er hatte Tuppence erkannt. «Sie haben mir wohl etwas von Mrs Vandemeyer auszurichten?»
«Eigentlich nicht», erwiderte Tuppence. «Ich habe das nur gesagt, um eingelassen zu werden. Übrigens – darf ich Ihnen Mr Hersheimer vorstellen – Sir James Peel Edgerton.»
«Freut mich, Sie kennen zu lernen», sagte der Amerikaner.
«Wollen Sie sich nicht setzen?», fragte Sir James und zog zwei Stühle heran.
«Sir James», begann Tuppence und sprang mitten hinein, «Sie halten es wahrscheinlich für eine Unverschämtheit von mir, hier einfach so einzudringen. Denn natürlich hat die ganze Sache nicht das Geringste mit Ihnen zu tun. Sie sind eine sehr bedeutende Persönlichkeit, während man das von Tommy und mir nicht behaupten kann.» Sie hielt inne und holte Atem.
«Tommy?», fragte Sir James und sah den Amerikaner an.
«Nein, das ist Julius», erklärte Tuppence. «Ich bin ziemlich aufgeregt und daher erzähle ich wohl ein wenig wirr. Was ich wirklich wissen möchte, ist Folgendes: Wollten Sie mich vor Mrs Vandemeyer warnen?»
«Mein liebes Fräulein, soweit ich mich entsinne, habe ich Ihnen damals nichts anderes gesagt, als dass es heutzutage sehr viele gute Stellen gibt.»
«Ja. Aber es war doch ein Wink, nicht wahr?»
«Vielleicht», antwortete Sir James ernst.
«Nun würde ich gern wissen, warum. Sie mir den Wink gaben.»
Sir James lächelte über ihren Eifer.
«Nehmen wir an, Mrs Vandemeyer klagte gegen mich wegen Verleumdung und übler Nachrede?»
«Ich weiß, Anwälte sind immer sehr vorsichtig. Aber könnte man nicht sozusagen ein bisschen ‹ins Unreine› reden ohne sich näher festzulegen? Alles Weitere wird man ja dann sehen.»
«Gut, reden wir also ‹ins Unreine›. Hätte ich eine Schwester, die gezwungen wäre, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen, würde ich sie nicht gern in Mrs Vandemeyers Diensten sehen. Es ist nicht der richtige Ort für ein junges Mädchen. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen.»
«Ich danke Ihnen vielmals. Aber ich bin wirklich nicht so unerfahren. Ich wusste genau, dass sie zu der gefährlichen Sorte gehört – deswegen bin ich ja überhaupt hingegangen.» Sie hielt inne, als sie eine gewisse Bestürzung im Gesicht des Anwalts bemerkte, und fuhr dann fort: «Ich glaube, es ist besser, ich erzähle Ihnen die ganze Geschichte, Sir James. Ich habe das Gefühl, dass Sie es ohnehin merken würden, wenn ich Ihnen nicht die volle Wahrheit sagte, und so ist es besser, Sie hören gleich alles von Anfang an. Was meinen Sie, Hersheimer?»
«Wenn Sie schon darüber reden, dann sollten Sie auch gleich alles auspacken», antwortete der Amerikaner, der bis dahin schweigend dabeigesessen hatte.
«Ja, erzählen Sie mir alles», sagte auch Sir James. «Wer ist also dieser Tommy?»
Ermutigt begann Tuppence ihren Bericht und der Anwalt lauschte ihr mit gespannter Aufmerksamkeit.
«Sehr interessant», bemerkte er, als sie geendet hatte. «Vieles von dem, was Sie mir da erzählt haben, war mir bereits bekannt. Ich habe in Bezug auf diese Jane Finn schon meine eigene Theorie entwickelt. Sie haben bisher ausgezeichnete Arbeit geleistet, es ist nur höchst bedauerlich, dass dieser – wie hat er sich Ihnen gegenüber genannt –, dieser Mr Carter zwei so junge Leute in eine solche Sache hineinschlittern lässt. Übrigens, wie ist eigentlich Mr Hersheimer dazugestoßen? Das haben Sie mir noch nicht erklärt.»
Hersheimer gab selber die Antwort.
«Ich bin Janes Vetter», erklärte er.
«So –?»
«Oh, Sir James», mischte sich nun Tuppence wieder ein, «was ist Ihrer Ansicht nach aus Tommy
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