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Ein gefährlicher Gegner

Ein gefährlicher Gegner

Titel: Ein gefährlicher Gegner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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nicht?», fragte Boris.
    «Weil Sie damit sozusagen die Gans schlachten, die Ihnen die goldenen Eier legt.»
    Es folgte eine kurze Pause. Die anderen fühlten sich ihrer Sache nicht mehr so sicher. Der Mann im schäbigen Anzug sah Tommy forschend an.
    «Der macht uns was vor, Boris», erklärte er schließlich.
    Tommy hätte ihn erschlagen können. Durchschaute ihn der Mann wirklich?
    Der Bärtige schien auch unsicherer geworden. «Was wollen Sie damit sagen?», fragte er Tommy.
    «Ich weiß etwas, das mich in die Lage versetzt, einen Kompromiss vorzuschlagen.»
    «Einen Kompromiss?» Der bärtige Mann sah ihn scharf an.
    «Ja – einen Kompromiss. Mein Leben und meine Freiheit gegen…» Er hielt inne.
    «Wogegen?»
    Langsam fuhr Tommy fort: «Gegen die Papiere, die Danvers auf der Lusitania bei sich trug.»
    Seine Worte schlugen ein wie eine Bombe. Wer noch saß, war aufgesprungen. Der Bärtige beugte sich über Tommy.
    «Tatsächlich? Sie haben sie also?»
    Mit bewunderungswürdiger Ruhe schüttelte Tommy den Kopf. «Keineswegs.»
    «Dann also…, dann also…» Zorn und Verblüffung erstickten seine Worte.
    Tommy sah sich in der Runde um. Niemand schien daran zu zweifeln, dass seine Behauptungen mehr als nur Bluff waren. «Ich weiß zwar nicht, wo die Papiere sind – aber ich glaube, dass ich sie finden könnte. Ich habe eine Theorie…»
    «Pah!»
    Tommy hob die Hand. «Ich nenne es eine Theorie – aber ich bin der Tatsachen, die ihr zu Grunde liegen, ziemlich sicher. Es handelt sich um Dinge, die nur mir allein bekannt sind. Und was hätten Sie dabei zu verlieren? Wenn ich die Papiere bringe, geben Sie mir zum Tausch Leben und Freiheit. Ist das kein Geschäft?»
    «Und wenn wir es ablehnen?»
    Tommy ließ sich wieder auf die Couch zurücksinken. «Der Neunundzwanzigste», erklärte er, «ist keine vierzehn Tage mehr entfernt.»
    Einen Augenblick lang zauderte der Bärtige. Dann machte er Conrad ein Zeichen. «Führ ihn in das andere Zimmer!»
    Fünf Minuten hindurch saß Tommy auf dem Bett in dem schäbigen Zimmer. Er hatte alles auf eine Karte gesetzt. Wozu würden sie sich entschließen?
    Endlich öffnete sich die Tür und man befahl Conrad schroff, mit Tommy wieder hereinzukommen.
    Der Bärtige saß wieder am Tisch. Er gab Tommy ein Zeichen, sich ihm gegenüber niederzulassen.
    «Wir nehmen Ihr Angebot an», erklärte er, «aber unter bestimmten Bedingungen. Die Papiere müssen uns ausgehändigt werden, bevor wir Sie freigeben.»
    «Wie soll ich die Papiere suchen, wenn Sie mich anketten?»
    «Was erwarten Sie denn?»
    «Es muss mir die Freiheit gelassen werden, der Sache auf meine Art nachzugehen.»
    Der Bärtige lachte auf. «Glauben Sie, wir sind kleine Kinder, dass wir Sie einfach laufen lassen?»
    «Nein. Wie wäre es denn, wenn Sie mir Conrad mitgeben? Er ist zuverlässig und mit den Fäusten ziemlich schnell.»
    «Wir ziehen es vor», erklärte der Bärtige, «dass Sie hier bleiben. Einer von uns wird Ihre Anweisungen ausführen. Ergeben sich Schwierigkeiten, können Sie weitere Instruktionen geben.»
    Tommy war der Sache müde. «Belassen wir es also dabei. Eins aber ist wichtig: Ich muss mit dem Mädchen sprechen.»
    «Mit welchem Mädchen?»
    «Natürlich mit Jane Finn.»
    Der andere betrachtete ihn eine Weile neugierig und sagte dann langsam: «Wissen Sie nicht, dass sie nichts erzählen kann?»
    Tommys Herz schlug ein wenig schneller. «Ich werde sie nicht bitten, mir irgendetwas zu erzählen», antwortete er ruhig. «Das heißt, nicht mit Worten.»
    «Warum wollen Sie sie dann aber aufsuchen?»
    Tommy machte eine Pause. «Um ihr Gesicht zu sehen.»
    «Und Sie glauben, dass Sie daraus irgendetwas erfahren können?» Er lachte kurz und unangenehm auf. Mehr denn je hatte Tommy das Gefühl, dass irgendein Umstand ins Spiel gekommen war, von dem er nichts verstand. Der Bärtige betrachtete ihn forschend. «Ich frage mich, ob Sie überhaupt so viel wissen, wie wir annahmen», sagte er leise.
    Tommy war verwirrt. Was hatte er falsch gemacht?
    «Ich habe nicht behauptet, in alle Einzelheiten Ihres Unternehmens eingeweiht zu sein. Aber ich habe gleichfalls etwas in der Tasche, von dem Sie nichts ahnen. Danvers war ein verdammt tüchtiger Bursche…» Er brach ab, als hätte er bereits zu viel gesagt.
    Das Gesicht des Bärtigen hatte ein wenig von seiner Verschlossenheit verloren. «Danvers», murmelte er. «Ach so…» Er hielt eine Weile inne und machte dann Conrad ein Zeichen. «Führ ihn ab. Nach

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