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Ein gefährlicher Gegner

Ein gefährlicher Gegner

Titel: Ein gefährlicher Gegner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ist etwa ebenso alt wie Sie. Wollen Sie sie wirklich nicht aus ihren Klauen befreien?»
    «Sie meinen Jane Finn?»
    «Ja.»
    «Und nach ihr haben Sie hier gesucht? Ja?»
    «Ja.»
    Das Mädchen fuhr sich mit der Hand über die Stirn. «Jane Finn. Immer höre ich diesen Namen.»
    Tommy trat erregt auf sie zu. «Sie müssen irgendetwas wissen!»
    Aber das Mädchen wandte sich jäh ab.
    «Ich weiß nichts – ich kenne nur den Namen.» Sie ging auf die Tür zu. Plötzlich stieß sie einen Schrei aus. Tommy sah sie überrascht an. Sie hatte das Bild von Faust und Mephisto erblickt, das er am Abend zuvor gegen die Wand gelehnt hatte, um es gegebenenfalls als Waffe zu benützen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah er einen Ausdruck des Entsetzens in ihren Augen. Doch ebenso rätselhaft wich er gleich darauf einem Blick der Erleichterung. Danach ging sie ohne jedes weitere Wort aus dem Zimmer. Tommy war ihr Verhalten unerklärlich. Hatte sie sich eingebildet, dass er die Absicht hätte, sie damit anzugreifen? Wohl kaum. Er hängte das Bild nachdenklich wieder an die Wand.
    Drei weitere Tage verstrichen in zermürbendem Nichtstun. Tommy spürte, wie alles an seinen Nerven zerrte. Er sah niemanden außer Conrad und Annette und das Mädchen redete kaum ein Wort. Eine Art dunklen Argwohns schwelte in ihren Augen. Tommy hatte das Gefühl, allmählich verrückt zu werden. Von Conrad erfuhr er nur, dass sie auf den Befehl Mr Browns warteten.
    Der Abend des dritten Tages brachte ein raues Erwachen. Es war kaum sieben Uhr, als er laute Schritte draußen auf dem Gang vernahm. Einen Augenblick später wurde die Tür aufgestoßen. Conrad trat ein. In seiner Begleitung befand sich die üble Nummer vierzehn. Bei ihrem Anblick sank Tommy der Mut.
    «Guten Abend, Chef», rief der Mann mit einem höhnischen Grinsen. «Hast du die Stricke, Kumpel?»
    Schweigend holte Conrad einen dünnen Strick hervor. Einen Augenblick später fesselte Nummer vierzehn Tommy, während Conrad ihn festhielt.
    «Hast wohl schon gedacht, du hättest uns eins ausgewischt? Mit dem, was du weißt und was du nicht weißt? Alles Schwindel!»
    Offenbar hatte der allmächtige Mr Brown ihn durchschaut. Plötzlich jedoch kam Tommy ein Gedanke. «Aber wozu die Stricke? Warum schneidet mir dieser freundliche Herr nicht gleich die Kehle durch?»
    «Unsinn», erklärte Nummer vierzehn unerwartet. «Hältst uns wohl für solche Anfänger? Wir haben den Wagen für morgen Früh bestellt, bis dahin wollen wir nichts mehr riskieren.»
    Die beiden Männer verschwanden und die Tür fiel ins Schloss. Tommy blieb seinen Gedanken überlassen. Sie waren keineswegs erfreulich.
    Es mochte etwa eine Stunde verstrichen sein, als er hörte, wie der Schlüssel leise im Schloss umgedreht wurde. Es war Annette. Tommys Herz schlug ein wenig schneller.
    Plötzlich vernahm er Conrads Stimme: «Komm raus, Annette. Er will heute Abend kein Essen haben.»
    «Oui, oui, je sais bien. Aber ich muss das andere Tablett holen. Wir brauchen das Geschirr.»
    «Dann beeil dich», brummte Conrad.
    Ohne Tommy anzusehen, trat Annette an den Tisch und ergriff das Tablett. Sie hob eine Hand und drehte das Licht aus. «Verdammt noch mal», Conrad war in die Tür getreten, «warum machst du das?»
    «Ich drehe es immer aus. Soll ich es wieder anzünden, Monsieur Conrad?»
    «Nein, komm jetzt raus.»
    «Le beau petit monsieur», rief Annette und blieb in der Dunkelheit am Bett stehen. «Er ist wie ein zusammengeschnürtes Huhn!» Tommy fühlte zu seinem Erstaunen ihre Hand leicht über seine Fesseln streichen und etwas Kaltes wurde ihm in die Hand gedrückt.
    Die Tür schloss sich hinter ihnen. Tommy hörte Conrad sagen: «Schließ ab und gib mir den Schlüssel.»
    Die Schritte erstarben. Tommy lag wie erstarrt vor Verwunderung da. Der Gegenstand, den Annette ihm in die Hand gedrückt hatte, war ein kleines Taschenmesser. Sie hatte es vermieden, ihn anzusehen, und daraus schloss er, dass das Zimmer beobachtet wurde. Auch der Umstand, dass sie das Licht abgedreht hatte, ließ darauf schließen. Irgendwo in der Wand musste sich ein Guckloch befinden. Nun dachte er auch daran, dass sie sich ihm gegenüber stets sehr zurückhaltend benommen hatte. Hatte er irgendetwas gesagt, wodurch er sich hätte verraten können? Kaum.
    Vorsichtig versuchte er, mit der Schneide auf dem Strick an seinen Händen hin und her zu fahren. Es war eine mühselige Angelegenheit. Kaum waren seine Hände frei, war alles andere nur noch ein

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