Ein gefährlicher Gegner
sprang zur Haustür und schlug sie hinter sich zu. Der Platz lag verödet. Vor dem Haus stand der Lieferwagen eines Bäckers. Der Fahrer versuchte, Tommy den Weg abzuschneiden. Wieder schoss Tommys Rechte vor und der Fahrer ging zu Boden.
Tommy machte, dass er davonkam. Es war höchste Zeit. Die Eingangstür wurde aufgerissen und es folgte ein Kugelregen. Er hatte Glück, keine Kugel traf. Dann war er um die nächste Ecke.
Lange saß Tommy in einem türkischen Bad, um wieder er selbst zu werden. Als er ans Tageslicht trat, war er fähig, neue Pläne zu schmieden.
Zunächst einmal musste er ordentlich essen. Er trat in ein ABC-Lokal und bestellte Eier mit Speck und Kaffee. Während er aß, las er die Morgenzeitung. Plötzlich durchfuhr es ihn. Da war ein Artikel über Kramenin, der als der «geheimnisvolle Mann hinter dem Bolschewismus», eingetroffen sei. In der Mitte der Seite war sein Bild.
«Das ist also Nummer eins», sagte Tommy. «Kein Zweifel.» Er bezahlte sein Frühstück und begab sich nach Whitehall. Dort sandte er eine Nachricht mit seinem Namen nach oben, es sei dringend. Einige Minuten später stand er dem Mann gegenüber, der dort nicht unter dem Namen «Carter» bekannt war. Seine Stirn war gerunzelt.
«Hören Sie, es geht nicht, dass Sie herkommen und nach mir fragen. Ich dachte, das hätte ich Ihnen deutlich klar gemacht.»
«Gewiss, Sir. Ich halte aber diese Angelegenheit für so wichtig, dass keine Zeit zu verlieren ist.»
So kurz und gedrängt wie nur möglich schilderte er ihm seine Erlebnisse während der letzten Tage.
Als er etwa bis zur Mitte seines Berichtes gekommen war, unterbrach ihn Mr Carter und gab einige geheimnisvolle Anweisungen. Er nickte energisch, als Tommy geendet hatte.
«Ganz richtig. Hier ist jeder Augenblick von Bedeutung. Ich fürchte, dass wir ohnehin zu spät kommen. Dennoch könnten sie etwas hinterlassen haben, was uns als Hinweis dienen kann. Sie sagen, Sie hätten in Nummer eins Kramenin erkannt? Wir brauchen dringend etwas gegen ihn. Wie steht es mit den anderen? Sie sagen, zwei Gesichter wären Ihnen bekannt gewesen? Und einer sei ein Arbeiter? Sehen Sie sich diese Bilder an, ob Sie sie darauf erkennen.»
Kurz darauf hielt Tommy ein Bild hoch. Mr Carter verriet einige Überraschung. «Westway? Schau an! Wir hatten einen Verdacht, waren aber nicht sicher. Was den anderen anlangt, glaube ich, eine Ahnung zu haben.» Er reichte Tommy noch ein Bild und lächelte bei dem Ausruf des anderen. «Ich habe also Recht. Ein Ire. Nach außen hin ein Verfechter des Unionsgedankens. Natürlich alles Tarnung. Auch das vermuteten wir, hatten aber keine Beweise. Ja, das haben Sie ausgezeichnet gemacht, junger Mann. Sie sagen, der neunundzwanzigste sei das Datum? Na gut, damit bleibt uns noch etwas Zeit – wenn auch nicht sehr viel…»
«Aber…» Tommy zögerte.
Mr Carter erriet seine Gedanken. «Wenn der Vertragsentwurf auftauchen sollte, sieht es übel aus. Ja, bitte? Der Wagen? Kommen Sie, Beresford, jetzt sehen wir uns mal das Haus an.»
Zwei Polizisten standen vor dem Haus in Soho Wache. Ein Inspektor berichtete Mr Carter mit leiser Stimme. Der wandte sich an Tommy. «Die Vögel sind ausgeflogen – wie zu erwarten war. Nun, sehen wir einmal nach.»
Tommy kamen seine Erlebnisse wie ein Traum vor. Alles war noch so, wie er es gesehen hatte. Die Gefängniskammer mit den seltsamen Bildern, der zerbrochene Krug in der Dachstube und der Versammlungsraum mit dem langen Tisch. Nirgends waren Papiere zu finden. Von Annette fehlte jede Spur.
«Was Sie mir von diesem Mädchen erzählten, erscheint mir höchst rätselhaft», sagte Mr Carter. «Sie meinen, dass sie aus freien Stücken zurückging?»
«Ich kann nicht glauben, dass sie wirklich eine von ihnen ist, Sir, sie… sie schien mir anders zu sein.»
«Sah wohl gut aus?», meinte Mr Carter mit einem Lächeln.
Tommy gestand Annettes Schönheit verlegen ein.
«Sind Sie eigentlich bereits mit Miss Tuppence in Verbindung getreten?», fragte Mr Carter. «Sie hat mich Ihretwegen mit Briefen bombardiert.»
«Tuppence? Ist sie zur Polizei gegangen?»
Mr Carter schüttelte den Kopf.
«Dann verstehe ich nicht, wieso sie mich durchschaut haben…»
17
T ommy war dabei, einen besonders delikaten Bissen zum Munde zu führen, als er Hersheimer entdeckte, der gerade eintrat. Tommy winkte ihm fröhlich mit der Speisekarte zu.
Als Hersheimer Tommy erblickte, sah er höchst verblüfft aus. Er kam auf Tommy zu und
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