Ein gefährlicher Gentleman
verließ, tat er es mit einem Gefühl tiefster Zufriedenheit. Der Papierstapel in seiner Hand stand für eine vielversprechende Zukunft. Er brauchte sich jetzt nur noch darauf zu konzentrieren und die anderen Gedanken aus seinem Kopf zu verdrängen, die längst nicht so vielversprechend waren.
Wie zum Beispiel den an Lord Fawcett. Als er das schlossartige Anwesen der Daudets erreichte, in dem auch seine Familie einige Apartments bewohnte, stand dessen Kutsche nämlich direkt vor der Tür. Das vergoldete Wappen auf den Seitentüren war ihm vertraut.
Die eben noch empfundene Freude schwand.
Fawcetts Interesse an Elizabeth war von Anfang an offensichtlich gewesen. Miles stieg die Stufen herauf und erinnerte sich streng daran, dass der Marquess ein anständiger Kerl war. Ohne Zweifel gäbe er einen wunderbaren Ehemann ab.
Verflucht, das ist auch nur ein schwacher Trost.
Er hatte sich fest vorgenommen, auf direktem Weg zu seinen Privaträumen zu gehen. Unglücklicherweise war Lord Fawcett jedoch erst vor wenigen Minuten angekommen und wartete noch im Foyer, das eine verschwenderische Pracht ausstrahlte. Er gab vor, einen orientalischen Lacktisch zu bewundern, während er wartete, zu Luke vorgelassen zu werden. Die Hände hatte er betont lässig hinter dem Rücken verschränkt.
Tja, der Tag hatte recht gut angefangen. Aber damit war es jetzt vorbei.
»Hawthorne«, begrüßte der Marquess ihn höflich. Er drehte sich zu Miles um, als dieser eintrat, und lächelte leutselig. »Ich vergesse immer, dass Ihr auch hier lebt. Wie geht es Euch?«
Wie schön, wenn man keiner Erinnerung wert ist, dachte Miles ironisch. Er nickte bloß höflich. »Nun, danke. Gut.«
»Ich wollte Lady Elizabeth sehen«, vertraute Fawcett ihm an. Als wäre das nicht offensichtlich. Er war wie stets tadellos gekleidet: Zu einem flaschengrünen Mantel mit passender Weste trug er eine rehfarbene Reithose und auf Hochglanz polierte Stiefel. Die Eleganz seines Auftretens war beeindruckend. Seine Manschetten waren mit Spitze besetzt, und eine geschmackvolle Diamantnadel in seiner perfekt gebundenen Krawatte komplettierte das Ensemble. Miles musste widerstrebend zugeben, dass Fawcett recht attraktiv war, obwohl er sonst dem Aussehen anderer Männer keinen Gedanken widmete. Ein gut aussehender Mann, wenn man etwas für blonde Jungs mit strahlend weißen Zähnen übrig hatte.
Die meisten Frauen hätten nach Miles Einschätzung sicher etwas für ihn übrig. Besonders, da dieser Mann auch noch einen Titel innehatte, wohlhabend und, auch wenn er hasste, das zugeben zu müssen, ein netter Kerl war.
»Das habe ich mir schon gedacht.« Miles gab sich große Mühe, eine betont herzliche Fassade aufrechtzuerhalten.
»Sie scheint nicht zu Hause zu sein. Aber eigentlich wollte ich ohnehin Lord Altea sprechen.«
Der Grund für ein Gespräch mit ihrem älteren Bruder und Vormund war nur allzu klar. Obwohl es ihn einige Mühe kostete, sagte Miles: »Dann wünsche ich viel Glück dabei, Lukes Zustimmung zu bekommen.«
»Einen Moment noch, Hawthorne. Wenn es Euch nichts ausmacht?«
Miles, der bereits an dem anderen Mann vorbeigegangen war und gerade flüchten wollte, blieb widerstrebend stehen. Der Marquess zögerte. Dann fragte er: »Hat sie mich erwähnt? Ich weiß, Ihr steht ihr nahe, und ich habe mich gefragt, ob Elizabeth Euch gegenüber darüber geredet hat, was sie von meinem Werben um ihre Hand hält.«
Es war eins, sich heimlich nach einer Frau zu verzehren, die man nicht haben konnte. Aber etwas völlig Anderes war es, wenn man den Konkurrenten ermutigen sollte. Selbst dann, wenn besagter Konkurrent keine Ahnung hatte, dass er einem bildlich gesprochen auf die Füße trat. »Es ist nicht ihre Art, mit mir über die Vorzüge ihrer Verehrer zu reden«, meinte er daher möglichst gelassen. »Wir streiten eher, statt uns zu unterhalten.«
»Ich bewundere einfach ihre beherzte Einstellung zum Leben.«
» Eigensinnig käme mir da eher in den Sinn.«
Seine Lordschaft lachte. »Sie hat erwähnt, dass Ihr und sie als Kinder ziemliche Tunichtgute wart. Eigentlich hat sie sogar ziemlich viel über Euch geredet. Darum habe ich Euch überhaupt gefragt, ob sie mich irgendwann erwähnt hat.«
Hatte sie nicht. Sie hatte über keinen der begeisterten Verfolger gesprochen, die sich bei jedem Ball um sie scharten. Wenn Miles länger darüber nachdachte, kam ihm das merkwürdig vor. Vielleicht lag es aber daran, dass sie beide meist nur drei Sätze brauchten, bis
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