Ein gefährlicher Gentleman
Erleichterung auf zu lachen und blickte auf ihre Hände. »Du klingst, als sollte eine Ehe nicht auf etwas Anderem gründen als Abstammung und Wohlstand. Das ist ungerecht. Du bekommst so viel Zeit, wie du willst, und kannst dir aussuchen, wann du dir eine Frau nimmst. Dieser Luxus ist mir verwehrt.«
Bei diesem Thema fühlte er sich sicherer. Schon mehr als einmal hatten sie über die Ungerechtigkeit gesprochen, die die Privilegien der Männer und die Unterwürfigkeit der Frauen mit sich brachten. Er griff das Thema begierig auf. »Die Männer halten die Welt am Laufen, das wissen wir doch beide.«
»Vielleicht ist das der Grund, warum es so viele Kriege gibt.« Ihre silbrigen Augen funkelten widerspenstig.
Er konnte bis in alle Ewigkeit in den stürmischen Tiefen ihrer Augen versinken. »Du findest es nicht bewundernswert, wenn wir bereit sind, für die Sicherheit unserer Heimat und unserer Familien unser Leben zu lassen?«
»Ich finde es zunächst dumm, einander in eine Situation zu bringen, in der Krieg unvermeidlich ist. Frauen sind nicht so aggressiv.«
»Sie widmen sich eben lieber Stickerei und Geschwätz. Ist ja auch viel produktiver.«
Elizabeth verabscheute alles, was mit Stoff und Nadeln zu tun hatte. Außerdem war sie nicht so kleingeistig, über jemanden zu reden. Ihr hochmütiger Blick hätte einen Geringeren entschuldigend auf die Knie fallen lassen. Aber er war inzwischen daran gewöhnt und vollführte eine kleine, neckische Verbeugung, die er mit einem bösen Grinsen garnierte. Wenigstens das war ihnen also geblieben. »Anwesende natürlich ausgenommen.«
»Ich bin nicht sicher, warum ich mich dir überhaupt anvertraut habe.«
»Ich dachte, du bist hier, weil man die Straße so gut überblicken kann?«
Elizabeth sprang auf und trat wieder ans Fenster. »Zum Teil, ja«, gab sie zu. »Aber mit Luke kann ich darüber nicht reden. Er würde einfach durch mich hindurchsehen. Du kennst ihn ja. Ich kann nicht mal meine Mutter fragen, was mich in der Ehe erwartet. Sie bekommt eine merkwürdig rote Gesichtsfarbe, sobald ich ihr Fragen stelle.«
Himmel, wenn sie auch nur einen Augenblick glaubt, ich werde ihr irgendwelche Fragen darüber beantworten, wie die Intimität zwischen Männern und Frauen abläuft …
Vielleicht wollte sie es auch gezeigt bekommen. Erregtes Seufzen, lustvolles Verlangen … Nein, das stand außer Frage, und ein Gespräch darüber ebenso.
»Ich bin kaum der Richtige für so ein Gespräch«, erwiderte er vorsichtig. Er stand noch immer gegen die holzgetäfelte Wand gelehnt und gab sich absichtlich gleichgültig. »Ich bin außerdem genauso wenig verheiratet wie du.«
»Aber du bist nicht halb so behütet aufgewachsen.« Dichte Wimpern senkten sich über ihre Augen. »Ich will ja nur deine Einstellung zu dem Thema kennenlernen. Liege ich denn so falsch?«
»Womit denn?«, fragte er vorsichtig.
»Ich weiß schon, dass es nicht wie im Märchen ist, es gibt keine geheimnisvollen Prinzen und Einhörner, die über üppige Wiesen schweben. Aber bestimmt ist es nicht zu viel verlangt, wenn ich mich einfach nur hoffnungslos verlieben will, oder?« Sie schluckte sichtlich. Die Muskeln in ihrem Hals bewegten sich. »Oder bin ich eine naive Närrin?«
Sich hoffnungslos zu verlieben, war ein bisschen wie die Hölle, wenn er seine Erfahrung in Betracht zog.
»Vielleicht etwas naiv, wenn man deine Stellung in der Gesellschaft bedenkt, El.« Er versuchte, so ehrlich wie möglich zu sein, obwohl das Thema für ihn schmerzhaft war. Miles wünschte ihr, dass sie bei der Wahl ihres Ehemanns nicht auf Status und Stand schielte. Andererseits wollte er ebenso wenig, dass sie sich verliebte. Das wäre schlimmer, als wenn sie sich zufrieden auf einen netten Kerl wie Fawcett einließ.
Es sei denn, sie verliebte sich Hals über Kopf in ihn .
Das Rattern von Kutschenrädern zog sie wieder zum Fenster. Mit der Hand schob sie den Vorhang beiseite. Die Silhouette ihres schlanken Körpers in der zitronengelben Seide und ihr Gesicht, das so nachdenklich wirkte, während sie dort stand, gruben sich womöglich für immer in sein Gedächtnis. »Lord Fawcett geht«, sagte sie sichtlich erleichtert.
»Dann bleibt es dir also erspart, ihm zu erklären, wieso du ihn nicht willst«, murmelte er. Er straffte sich. »Und jetzt wäre der richtige Zeitpunkt, mein Schlafzimmer zu verlassen. Bevor noch jemand erfährt, dass du hier bist.«
»Ein kluger Ratschlag.« Sie senkte den Kopf. »Mein Bruder hat mir
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