Ein gefährlicher Gentleman
ihn deshalb gleich zu heiraten.«
Das Wort Liebespaar ließ in ihm eine gewisse Fantasie erwachen. Miles schaute sehnsüchtig zur Tür, obwohl Elizabeth näher an der Tür stand als er. Er müsste sich an ihr vorbeischieben, wenn er die Flucht ergreifen wollte. »Ich finde, dass wir keine Vermutungen über das Wesen ihrer Beziehung anstellen sollten. Es geht nur die beiden etwas an.«
»Denkst du so auch über deine eigenen Affären?«
War sie eifersüchtig? Oder beneidete sie ihn bloß um die größere Freiheit, die er in einer Gesellschaft hatte, die von Männern beherrscht wurde? »Ich verweigere die Aussage.«
Doch als er jetzt möglichst lässig zur Tür spazierte und Elizabeth insgeheim verfluchte, weil sie es irgendwie schaffte, in dem jungfräulich hellen Kleid verführerisch auszusehen, fragte sie mit einer völlig anderen Stimme: »Wie ist es?«
»Könntest du mir bitte erklären, was es sein soll?« Er blieb unwillkürlich stehen, obwohl er sich nichts mehr wünschte, als ihrer Gegenwart so schnell wie möglich zu entkommen.
Und gleichzeitig wünschte er sich, für immer bei ihr zu bleiben.
Eine verfluchte Zwickmühle, in der er da steckte.
Sie wechselte den Platz. Mit verschränkten Armen lehnte sie sich gegen einen Mahagonitisch. »Lass uns doch mit der Heuchelei aufhören. Von dir sagt man, du erwirbst dir zunehmend einen gewissen Ruf als Wüstling. Ich gebe zu, anfangs fand ich das recht beunruhigend, weil … na ja, sehen wir den Tatsachen ins Gesicht: Du bist du. Aber jetzt frage ich mich, ob ich dir nicht einfach die ganzen Fragen stellen soll, auf die ich nicht mal von meiner Mutter eine Antwort bekomme.«
Anscheinend waren die Höllenhunde auch an seinen Fersen interessiert. Er wünschte sich sehnlich, er könnte schneller rennen. Die Pyrenäen waren zu dieser Jahreszeit bestimmt ein angenehmer Ort. Wenn er dorthin auswanderte …
Seine Stimme klang seltsam erstickt. »Darf ich fragen, was plötzlich diese Neugier hervorruft?«
»Nein.«
Miles war klar, dass er in Schwierigkeiten steckte. Er stand da, die Arme hingen nutzlos herab, und er fragte sich, was er bloß verbrochen hatte, um ihre plötzliche Gegenwehr zu provozieren. Es passierte ja nicht zum ersten Mal – ganz im Gegenteil! Elizabeth war oft wütend auf ihn, aber er hätte nie gedacht, diese Verärgerung könne etwas damit zu tun haben, dass er gelegentlich die schlichten Kärtchen las, die ihr mit den Blumen geschickt wurden.
»Ich verabscheue es, von nichts eine Ahnung zu haben. Das gilt besonders dann, wenn du mehr weißt als ich.« In Elizabeths Wangen war eine beredte Röte aufgestiegen, aber ihr Blick blieb weiterhin auf ihn gerichtet. »Schließlich kennen wir uns schon ewig. Ich verstehe einfach nicht, wieso du mir nicht ein paar Details enthüllen kannst.«
Eine Ewigkeit. Sie hätte kaum beiläufiger ein Messer wählen können, um ihm das Herz aus der Brust zu schneiden. »Was zum Teufel willst du denn unbedingt wissen?«, fragte er brüsk. Seine Stimme klang heiser.
»Ich will wissen, was genau passiert .«
Unglücklicherweise verstand er genau, was sie meinte. Er verstand sogar den fragenden Blick in ihren hübschen Augen. Die angeborene Neugier, derentwegen sie früher von ihm verlangte, er solle ihr das Schwimmen und das Rollen eines Kricketballs beibringen, oder wie man einen Baum hochkletterte …
Nicht gerade die Interessen, die für eine wohlerzogene, junge Lady wichtig waren. Gut möglich, dass ihn die anderen Frauen deshalb so langweilten. Elizabeth war nie eine fade Kameradin gewesen, selbst dann nicht, als er ein überlegener Elfjähriger war und sie bloß ein Mädchen .
Aber das, worum sie ihn jetzt bat, war ganz gewiss nichts, was sich für eine wohlerzogene, junge Lady ziemte. »Das werde ich nicht«, knurrte er. »Ich werde dir nicht beibringen, wie man sich liederlich verhält. Ich finde, du bist schon jetzt zu weit gegangen. Wenn du mich bitte entschuldigst …«
»Seit wann kümmert es dich, was schicklich ist? Besonders, wenn es um uns geht …«
»Willst du jetzt etwa darüber streiten? Wenn das so ist, wird es das Beste sein, wenn ich das Gespräch sofort beende.« Er wollte gehen. Ganz bestimmt.
Aber dann machte sie tatsächlich einen Schritt nach vorne und versperrte ihm den Weg. »Ich bitte dich bloß um eine einfache, technisch versierte Erklärung dessen, was zwischen einem Mann und einer Frau im Schlafzimmer vor sich geht. Wieso ist das so ein großes Geheimnis?«
Ein Teil von
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