Ein gefährlicher Gentleman
absolut sicher weißt, was du angesichts dessen fühlst, was ich gerade beobachtet habe. Und ich habe das Gefühl, du weißt es im Moment nicht.«
Vermutlich hätte kein anderes Argument gezogen. Aber dieses verfehlte seine Wirkung nicht. Kurz zögerte Elizabeth, dann warf sie Miles einen letzten, unergründlichen Blick zu und ging. Sie eilte die Stufen zur Terrasse hinauf und verschwand im Haus.
Miles wartete. In ihm machte sich eine Anspannung breit; er wusste nicht, ob er besorgt oder erleichtert sein sollte. Zweifellos hatte er für das, was gerade passiert war, eine Standpauke verdient. Andererseits würde er sich auch nicht dafür schuldig fühlen, dass er sich in Elizabeth verliebt hatte. Genauso gut könnte er sich dafür entschuldigen zu atmen.
»Da es nun einmal passiert ist, frage ich dich: Wo stehst du?« Luke beobachtete ihn kühl und abschätzend. »Ich finde, du solltest mir deine Absichten erklären, ehe wir dieses Gespräch führen.«
»Verflucht, du weißt, ich würde Elizabeth nie unehrenhaft behandeln, Luke.« Miles reckte das Kinn und begegnete dem Blick des anderen Manns, ohne die Augen zu senken. »Ich liebe sie.«
»Ja«, erwiderte sein Cousin trocken. »Das haben wir alle bemerkt. Bis auf sie. Aber nach dieser höchst dramatischen Umarmung nehme ich an, es ist ihr nicht mehr verborgen geblieben.«
Die Worte erschütterten ihn. Er hatte gedacht, er hätte seine Gefühle gut verborgen. »Alle?«
»Jeder, der sich auch nur im Entferntesten für euch interessiert. Mit Ausnahme meiner Schwester, die aber zu sehr involviert ist, um klar zu sehen. Was wirst du als Nächstes tun?«
Es war beruhigend, dass er sich nicht Lukes berüchtigtem Zorn stellen musste. Aber genauso schwierig war es, auf diese Frage zu antworten. Er fuhr mit der Hand durchs Haar. »Ich habe keine Ahnung. Ich bin nicht …«
Luke vollendete den Satz, als er nicht weitersprach. »Lord Fawcett? Nein, und ich vermute, das spricht für dich. Elizabeth hat mich sehr nachdrücklich davon überzeugt, dass sie nicht an einer Verlobung mit dem Marquess interessiert ist.«
»Den Eindruck hatte ich auch. Aber hat sie irgendetwas über mich gesagt?« Miles war sich nie sicher gewesen, wie Luke wohl reagierte, wenn er erfuhr, dass verwandtschaftliche Zuneigung nicht annähernd die Gefühle beschrieb, die er für Elizabeth hegte.
»Nein. Zumindest nicht so, wie du es gern hättest.«
Das war eine Enttäuschung. Andererseits war der Kuss ziemlich – nein, sogar sehr – befriedigend gewesen. Sie hatte ihn erwidert. Es könnte auch bloß Neugier sein, ermahnte er sich. Er war klug genug, um zu erkennen, dass junge Frauen in erotischer Hinsicht ebenso neugierig waren wie junge Männer. Sie hatte ihn ja sogar gefragt , was er darüber wusste.
Es war die Hölle.
» Sie könnte es besser treffen«, bemerkte Miles. Die Wahrheit schmerzte ihn.
»Gesellschaftlich, da stimme ich dir zu«, erwiderte Luke gleichmütig. »Aber wenn ich ehrlich bin, ist mir ihr Glück wichtiger, als dass sie mit dem Mann verheiratet wird, der den erhabensten Titel und das größte Vermögen vorweisen kann. Die Frage, die sich uns stellt, ist doch: Was will sie ?«
Miles starrte zu der Stelle, wo sie im Haus verschwunden war und fragte heiser: »Was denkst du, was soll ich tun? Wenn ich ihr sage, was ich fühle, könnte ich damit alles kaputtmachen. Jetzt bleibt mir doch wenigstens ein besonderer Platz in ihrem Leben. Wenn ich mich ihr erkläre, werde ich diesen Platz verlieren, egal wie es ausgeht.«
»Es ist mir verhasst, das so deutlich zu sagen, aber ich glaube, du hast diesen Platz bereits jetzt verloren«, brummelte Luke. In seiner Stimme lag Sympathie. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was du tun kannst. Du fragst mich, wie sich eine Frau in so einer Situation verhält. Aber nicht mal ein geübter Spieler wie ich würde eine Wette auf die undurchschaubaren Gedankengänge einer Frau wagen. Du bist auf dich allein gestellt, Miles.«
»Mit deinem Segen?« Vielleicht war es ein Fehler, darum zu bitten. Aber andererseits wäre es schön zu wissen, wo er stand.
Lukes silbrige Augen waren undurchdringlich. Nichts Neues für Miles. »Ich glaube, ich habe deutlich gemacht, was ich mir wünsche. Sie soll glücklich werden. Ich bin ein paar Tage geschäftlich unterwegs und nicht in der Stadt. Ich vertraue euch beiden, dass ihr euch benehmt. Wenn nicht, werde ich dich dafür verantwortlich machen, Miles.«
Das war nicht gerade die Ermutigung, nach der er
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