Ein gefährlicher Gentleman
dann wiederum in Aufregung versetzen würde. Sie hat in letzter Zeit oft genug Ängste ausstehen müssen, wenn Ihr mich fragt. Zum Großteil seid Ihr für diese Ängste verantwortlich.«
»W…wovon redet Ihr?«, stieß Fitch hervor. Er riss sich von Luke los, ging aber brav neben ihm her.
Fußgänger passierten sie. Vielleicht lag es an Lukes Haltung und den unerschütterlich weit ausgreifenden Schritten, dass die Menge sich vor ihnen teilte, als sie die Brücke hinter sich ließen. Ein paar neugierige Blicke trafen sie. Vermutlich, weil Lord Fitch etwas käsig im Gesicht war.
Das sollte er ruhig sein.
»Ich dachte, ich hätte meinen Standpunkt deutlich gemacht«, bemerkte Luke betont höflich. Er schritt aus, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, der Inbegriff eines englischen Gentlemans. Dieses Auftreten stand im krassen Gegensatz zu dem grausamen Drang, seinen Begleiter von der Brücke in das Wasser darunter zu werfen. »Trotzdem habt Ihr beschlossen, weiter Eure Spielchen mit ihr zu treiben.«
»Ich habe keinen Schimmer, worauf Ihr hinauswollt.«
»Lady Brewer fand an Eurem Geschenk wenig Gefallen.«
»An welchem Geschenk?«
Wenn der selbstgerechte Ausdruck auf dem bleichen Gesicht des Mannes ihn von dessen Ernsthaftigkeit überzeugen sollte, hatte er damit keinen Erfolg. Statt auf die Frage zu antworten, marschierte er direkt auf den kleinen Gasthof zu, der am Ende der Straße hinter einigen Läden fast versteckt lag. Es war noch recht früh, weshalb nicht zu viele Tische besetzt waren. Er entschied sich für einen am hinteren Ende des Lokals. Die Tischplatte war zerkratzt, aber sauber, der Geruch nach Bier hing für seinen Geschmack etwas zu schwer in der Luft. Andererseits wollte er nicht länger hier bleiben, als er benötigte, um seiner Botschaft klar und deutlich Ausdruck zu verleihen.
Als das Schankmädchen zu ihnen eilte, sagte Luke knapp: »Mein Freund hier wird einen Whisky benötigen. Ich brauche nichts.«
Er wartete, denn er wusste genau, wie er seinen Gegenspieler dazu brachte, sich in seiner eigenen Haut unwohl zu fühlen. Das Mädchen kam zurück und brachte ein Glas nebst Flasche. Sie war entweder erfahrener, als ihr Alter vermuten ließ oder hatte den gewissen Tonfall verstanden, der in seiner Stimme mitgeschwungen hatte, als er den Whisky bestellte, denn sie ließ ihnen die Flasche da.
Fitchs Hand war etwas unruhig, als er sich die bernsteinfarbene Flüssigkeit in das dickwandige Glas schenkte.
Gut. Wenn der Mann wusste, in welcher Gefahr er schwebte, war das umso besser.
»Ich kann einfach nicht glauben, dass Ihr überrascht seid. Glaubt Ihr wirklich, ich lasse es zu, dass Ihr Madeline etwas so Unangemessenes schickt?« Luke faltete die Hände vor sich auf dem Tisch und beobachtete den anderen Mann, der krampfhaft Whisky schluckte. In seinen Augen lag unverhohlene Feindseligkeit. »Ihr habt nicht nur die Lady beleidigt, sondern auch mein Ehrgefühl verletzt.«
»Ihr irrt, Altea.« Das Glas knallte gegen die Zähne Seiner Lordschaft, als er sich noch einen Schluck genehmigte.
»Oh, das tue ich bestimmt nicht«, informierte Luke ihn. Er beugte sich leicht vor. »Hört auf, mich zu verärgern. Wie die Dinge stehen, ist es eine verlockende Aussicht, Euch zu fordern. Aber das bringt immer so ein hässliches Durcheinander mit sich, und Ihr seid es ehrlich gesagt nicht wert, Euretwegen so viel Chaos anzurichten. Ich kann verstehen, dass Ihr dachtet, es sei das Beste, ihr das Geschenk zu schicken und dann schnell aus der Stadt zu schleichen. Vielleicht habt Ihr gedacht, ich würde nie davon erfahren. Schließlich war es für sie etwas peinlich, mir die Sache zu erklären. Habt Ihr denn geglaubt, sie würde mir nichts davon sagen?«
Fitch schüttelte den Kopf. Luke war es ziemlich gleichgültig, ob er damit seine Schuld leugnen wollte oder ob es sich um eine Antwort handelte. Der Tag war sonnig und warm, doch der Earl schien mehr zu schwitzen, als das Wetter erforderte. Schweißtropfen standen auf seiner Stirn.
»Lady Brewer rührt Ihr nicht an, habt Ihr mich verstanden? Das gilt für ihre Privatsphäre, ihre Person und vor allem ihren Seelenfrieden. Ich dachte, es würde genügen, wenn ich Euch beweise, wie groß mein Vergnügen an ihrer Gesellschaft ist. Dass Ihr nach Bath gereist seid, beweist nur, wie wenig Ihr wisst. Ihr habt keine Ahnung, wie schwer Euer Tun wiegt. Ich vertraue nach diesem Gespräch darauf, dass derlei kein zweites Mal passiert.«
Es war ziemlich deutlich,
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