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Ein Geschenk von Tiffany

Ein Geschenk von Tiffany

Titel: Ein Geschenk von Tiffany Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swan Karen
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seine Flitterwochen.«
    »Ja und?«
    »Und es gibt gar keine Hochzeit. Oder Flitterwochen.«
    Anouk starrte sie schockiert an. »Non.«
    »O doch. Die Hochzeit ist abgesagt. Behauptet er jedenfalls.«
    »Wieso behauptet?«
    »Er war betrunken, als er’s mir gesagt hat. Keine Ahnung, ob’s stimmt oder nicht … Was ihn betrifft, kenne ich mich gar nicht mehr aus.« Erneut ballte sie die Hände zu Fäusten. Ihre Fingernägel schnitten ins Fleisch.
    Anouk musste an die Beerdigung denken, die heute Vormittag stattgefunden hatte. Henry und Cassie hatten kaum miteinander gesprochen. Cassie hatte sich woanders hingesetzt und still vor sich hin geweint. Anouk hatte das seltsam gefunden, immerhin waren sie zusammen gewesen, als es passierte. Ihr war aufgefallen, dass Henry ein paar Mal besorgt zu Cassie hingeschaut hatte. Er hatte seine Abreise extra um drei Tage verschoben, um bei der Beerdigung dabei sein zu können, doch danach hatte er sofort abreisen müssen.
    »Du scheinst wütend auf ihn zu sein«, sagte sie ruhig.
    »Auf Claude?«
    Anouk zuckte mit den Achseln. »Auf den vielleicht auch. Aber ich meinte Henry.«
    Kurze Pause. »Ja, das bin ich wohl«, brummelte Cassie. »Ich hab genug von seinen Spielchen. Ich kenne mich einfach nicht mit ihm aus. Ich hab das Gefühl, als hätte er mich auf eine Art Schatzjagd geschickt, auf eine Mission. Nur zu seinem Vergnügen.« Sie schlug sich mit der flachen Hand an die Brust. »Aber das ist mein Leben, mit dem er da rumspielt, Nooks.«
    »Er will dir doch nur helfen, Cass. Soweit ich das beurteilen kann, versucht er dir Ziele zu setzen, eine Richtung zu geben. Das ist doch süß. Ich meine – wem hast du’s denn zu verdanken, dass du Claude überhaupt kennengelernt hast?«
    »Demselben, dem ich’s zu verdanken habe, dass ich ihn verloren habe«, sagte Cassie bitter.
    Anouk tätschelte ihre Hand. »So darfst du nicht denken. Claude hatte seine eigenen Gründe für sein Handeln. Ich glaube nicht, dass du irgendwas hättest machen können, selbst wenn du’s gewusst hättest. Ganz ehrlich, ich glaube, es wäre so und so passiert, ob du nun mit Henry in Venedig gewesen wärst oder bei Claude in der Küche gestanden hättest …«
    »Ich hab trotzdem die Schnauze voll. Henry kann sich seine verdammten Listen sonst wohin stecken. Ich will nichts mehr damit zu tun haben.«
    Anouk schwieg einen Moment. »Schade«, sagte sie dann.
    Cassie schaute sie an. Eigenartig, wie sie das gesagt hatte. »Was meinst du?«
    Anouk stand auf und ging in den Korridor, zur Schale mit der Post. Darauf stapelten sich Karten von Bas, Kelly und Suzy – und von anderen. Aber Cassie wollte kein Beileid oder Trost von Freunden. Sie war fest entschlossen, sich zu bestrafen.
    Anouk nahm einen weißen Umschlag zur Hand.
    »Das ist neulich für dich gekommen.«
    Cassie nahm den Umschlag. Er war geöffnet.
    »Entschuldige, ich hab ihn aus Versehen aufgemacht, ohne hinzusehen.«
    Cassie zog eine steife Karte heraus. Sie war blütenweiß, es tat fast den Augen weh. Darauf stand etwas in eleganter cremeweißer Schrift. Oben links hatte jemand ihren Namen hingekritzelt.
    Sie sah verblüfft zu Anouk auf. »Wann ist das gekommen?«
    Anouk zuckte die Achseln. »Weiß nicht. Gestern? Vorgestern? Wieso?«
    »Das ist Claudes Handschrift!« Sie deutete auf ihren Namen. »Aber der ist doch letzte Woche gestorben. Bist du sicher, es ist nicht früher gekommen?«
    »Nein, ganz bestimmt nicht.«
    »Aber wer hat mir das dann geschickt? Und warum?«
    Cassie erreichte die Bushaltestelle zehn Minuten zu früh. Sie hatte Extrazeit einkalkulieren müssen, weil sie so viel mitzuschleppen hatte: ein Tischtuch, Teelichter, Gläser, ein, zwei Flaschen Wein, einen kleinen Picknickkorb mit Speisen.
    Erleichtert stellte sie ihre Last ab. Sie kam sich ziemlich lächerlich vor. So ganz in Weiß. Und das Ende April, da hatten die wenigsten schon auf Sommerkleidung umgestellt. Cassie hatte sich letztendlich für einen weißen Hosenanzug entschieden, dazu eine hellrosa Seidenbluse von Anouk und einen breitkrempigen weißen Schlapphut. Betreten lehnte sie sich an die Wand und sah zu, wie ein Bus nach dem anderen anhielt, Passagiere ausspie, andere verschluckte und weiterfuhr. Die meisten Leute kamen gerade von der Arbeit heim.
    Genau zehn Minuten später tauchte eine Reihe von Bussen auf. Cassie hob den Kopf und raffte schützend ihre Sachen an sich, doch dann fiel ihr auf, dass die Leute in den Bussen genauso aussahen wie sie, alle in Weiß.

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