Ein Geschenk zum Verlieben
konnte. Und in Verbier stand diese wunderschöne geschmückte Blautanne nun ganz allein im verlassenen, dunklen Chalet. Was für eine Verschwendung.
»Wir schmücken nie vor dem eigentlichen Weihnachtstag. Ich mag das nicht, weil mein Geburtstag ja so dicht auf Weihnachten fällt. Meine Eltern haben das auch immer so gemacht: erst nach meinem Geburtstag mit dem Schmücken angefangen, mir zuliebe. Ich kann dir nicht sagen, wie oft ich Leute zu meinem Geburtstag eingeladen habe und sie dann mit einem Weihnachtsgeschenk für mich ankamen.«
»Oh weh, ja, das kann ich mir vorstellen«, sagte Laura. Rob kam herein, mit einer leeren Tasse in der Hand. »Das muss wirklich eine Enttäuschung gewesen sein. Wir waren immer froh, dass wir im Mai Geburtstag haben, das hat das Jahr so schön in zwei Hälften geteilt, man bekam sozusagen auf halbem Weg noch mal was geschenkt. Und wir konnten immer im Garten feiern.«
»Wir?«, fragte Rob bissig. Er spülte seine Tasse aus. »Ist das ein Pluralis Majestatis?«
»Sei nicht blöd, Rob«, fauchte Cat, die sofort für Laura Partei ergriff. Rob warf den beiden einen frostigen Blick zu und verschwand wieder.
»Bitte sag, dass dein Mann morgens auch immer so miese Laune hat«, seufzte Cat, merklich geknickt.
Laura fuhr bei der Anspielung auf Jack ein Stich ins Herz. Wie liebevoll er sie morgens immer geweckt hatte: mit Tee und Toast und vielen zärtlichen Küssen. Sein Gesicht tauchte in all seinen Details vor ihrem geistigen Auge auf â seine langen, sonnengebleichten Surfer-Haare, die spärlichen morgendlichen Bartstoppeln, seine klaren blauen Augen, die tief in seine offenherzige Seele blicken lieÃen â, ihr wurde schwindlig vor Anstrengung, sich nicht den aufkommenden Emotionen hinzugeben. Es fiel ihr von Stunde zu Stunde schwerer, all ihr Unglück für sich zu behalten. Die Tatsache, dass sie jetzt mutterseelenallein war. Ohne Jack, ihren Anker, driftete sie orientierungslos durch ihr Leben. Sie gehörte zu niemandem. Musste niemandem Rechenschaft ablegen.
Anchee stellte einen Teller mit einem perfekt pochierten Ei und geräuchertem Lachs mit einer feinen Sauce hollandaise vor sie hin.
»Meine Güte, das sieht ja köstlich aus!«
Cat rieb Laura freundschaftlich die Schulter. »Schön, dann iss. Ich geh inzwischen packen. Mann, ich kann mich einfach nicht zwischen drei Kleidern entscheiden. So, wie ich mich kenne, werde ich wahrscheinlich wieder alles mitnehmen â¦Â«
Laura musste an sich halten, um nicht genüsslich zu stöhnen, während sie ihr Frühstück allein aÃ. Sie konnte richtig spüren, wie sich ihre Lebensgeister regten und ihr Körper mit jedem Bissen an Kraft gewann. Zum ersten Mal seit vier Tagen schaltete sie ihr Handy an. Wie zu erwarten war, hatte Fee zahlreiche Nachrichten hinterlassen. Sie hörte sie ab, ohne hinzuhören. Danach rief sie ihren Lieferanten an und bestellte noch mal drei Goldbleche und drei Tüten Kettenglieder. Jetzt, wo sie die Interviews für Cats Kette abgeschlossen hatte, richteten sich ihre Gedanken mehr und mehr auf die bevorstehende Präsentation nächste Woche. Sie hatte einen ordentlichen Vorrat bereits fertiger Anhänger, nur die Ketten fehlten dafür. Auch hatte sie ein paar neue Ideen: Sie war in der vorletzten Nacht aufgewacht, und ihr war der Gedanke an eine groÃe goldene Sicherheitsnadel gekommen, an der sich Charms befestigen lieÃen. Ein Brautthema: etwas Altes, etwas Neues, etwas Geborgtes, etwas Blaues. Das lieÃe sich gut unter dem Kleid befestigen. Und später dann an einer Kette tragen, zur Erinnerung. Oder Nadeln für Schottenröcke ⦠das wäre auch keine schlechte Idee. Die Clans hatten ja nicht nur jeweils ihre speziell gemusterten Tartan-Karos, sondern auch Wappen und Mottos. Das lieÃe sich gut in Charms umsetzen â¦
Die Ideen sprudelten nur so, während sie aÃ. Als ihr Handy klingelte, nahm sie deshalb gedankenverloren ab.
»Hallo?«
»â¦Â Laura?« Es war Fees Stimme. Oder doch nicht ganz. Es war nur ein Hauch, eine zittrige Imitation ihrer Stimme, der die sonstige Fröhlichkeit und naive Begeisterung vollkommen fehlten.
Laura fiel die Gabel aus der Hand und landete mit einem lauten Klappern auf dem Teller.
»Laura, bitte leg nicht auf! Es tut mir so leid! Ich hätte das nicht tun sollen, ich weiÃ!
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