Ein Geschenk zum Verlieben
Freundin.«
Sie schauten sich an. Ihre Botschaft war klar: Ihre Freundschaft zu Cat war ihr wichtiger als er.
»So was passiert manchmal. Aber das vergeht wieder, das kann man aussitzen«, sagte sie leise.
Er zog seine Hand zurück und erhob sich. »Ja, du hast wahrscheinlich recht.« Er durchquerte den Raum und griff nach seinem Jackett. »Ich sollte jetzt besser mal nachsehen, ob sie schon wieder da ist. Ich werde dir was zum Frühstück raufbringen lassen. Du musst viel trinken, vor allem Fruchtsäfte. Und Obst essen. Lass die Finger von allem, was trocken ist. Und halte dich von Koffein fern!«
»Keine Sorge. Ich werde nichts von dem Zeug mehr anrühren.« Sie vergrub schluchzend das Gesicht in den Händen.
Er blieb kurz an der Tür stehen und schaute zu ihr zurück. »Ruh dich aus, schlaf noch ein bisschen. Ich schaue später noch mal bei dir rein.«
Laura wartete, bis sie hörte, wie er im benachbarten Zimmer die Tür zumachte. Dann rollte sie sich zusammen, zog sich die Decke über den Kopf und lieà den Tränen freien Lauf. Sie konnte nicht fassen, was sie an einem einzigen Abend angerichtet hatte. Sie erkannte sich kaum wieder. Zu wem war sie geworden? Sie war nicht die scheue, stille Schmuckherstellerin, die in einem ereignislosen Leben dahinvegetierte, mit einem Freund, den sie nicht lieben konnte. Nicht die sogenannte Tante, die mit den Kindern Schneemänner baute und das Esellied mitsingen konnte. Und ganz bestimmt nicht das Party-Girl, das Koks schnupfte und an einem einzigen Abend im Adrenalinrausch den Gegenwert einer kleinen Wohnung verschleuderte.
Sie war keine von diesen Frauen. Denn ohne Lily war sie rein gar nichts.
Sie erwachte drei Stunden später und fand ein Glas frisch gepressten Saft auf dem Nachtkästchen stehen. Rob? Sie blieb einen Moment lang liegen und starrte auf die Vorhänge. Ihre Bettwäsche war feucht geschwitzt und roch säuerlich. Sie wollte nicht aufstehen, nie wieder, aber es blieb ihr ja nichts anderes übrig. Sie musste nach Hause und arbeiten.
Sie stemmte sich ein wenig hoch und trank den Fruchtsaft in einem Zug aus. Danach fühlte sie sich besser, ihr Gesicht war kühler, der Hals weniger rau. Sie konnte sich jetzt sogar einigermaÃen bewegen. Vorsichtig schwang sie erst ein Bein, dann das andere aus dem Bett. Ihre jetzt schon mehrere Tage alte Kleidung lag sauber zusammengefaltet auf der Kommode. Mit langsamen Bewegungen zog sie sich an, dann ging sie ins Bad und putzte sich die Zähne. Danach riss sie ein Blatt vom Schreibblock ab, den das Hotel zur Verfügung stellte, und kritzelte mit zittriger Schrift eine Nachricht:
Wollte nicht stören. Muss nach Hause und alles für die Präsentation vorbereiten.
Wir sehen uns Freitag, alles Liebe,
Laura
Sie starrte den Zettel einen Moment lang an. War es unhöflich von ihr, so einfach zu verschwinden? Ohne sich für den gestrigen Abend zu bedanken? Aber das wäre wahrscheinlich ohnehin peinlich gewesen, denn der Abend war kaum so verlaufen, wie sie sich das vorgestellt hatten.
Sie nahm ihre Tasche und auch das Kleid, das zur Reinigung gebracht werden musste, und verlieà das Zimmer. Den Zettel schob sie bei den Blakes unter der Tür durch. Sie stieg in den Lift und machte die Augen zu, während sie hinunterfuhr. Unten angekommen, brauchte sie einen Moment, um wieder zu sich zu kommen. Sie lehnte an der Rückwand des Lifts und starrte durch die kleine Lobby zum Ausgang. Ein schlanker Sportwagen war soeben vorgefahren. Eingeklemmt in der Beifahrertür flatterte ein grauer Chiffonschal.
Laura war mit einem Schlag wieder voll bei sich. Sie trat aus dem Lift, um Cat entgegenzueilen â denn dass es Cat war, daran bestand kein Zweifel. Laura sah, wie die Wagentür aufgestoÃen wurde und wie sich zwei lange Beine anmutig aus dem Wagen schwangen. Sie selbst wäre zu so einer Anmut nie fähig gewesen â vor allem nicht an einem Morgen wie diesem.
Cat schlug die Tür mit einem fast triumphierenden Ausdruck zu. Laura blieb abrupt stehen, dann huschte sie spontan hinter eine Säule. Etwas stimmte nicht. Ihre Freundin wirkte überschwänglich, nicht vollkommen geplättet, so wie sie. Im Kleid vom letzten Abend, mit erotisch zerzaustem Haar, rosigem Gesichtsausdruck und dem Augen-Make-up von gestern durchquerte Cat die Lobby. Ihr Kopf wandte sich leicht in Lauras Richtung, aber Laura zog sich hastig ein
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