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Ein Geschenk zum Verlieben

Ein Geschenk zum Verlieben

Titel: Ein Geschenk zum Verlieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Swan
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die Menschen dann nicht am verzweifeltsten? Ein Ertrinkender kämpft mit einer Vehemenz um sein Leben, die er in seinem normalen Alltag nie aufbringen würde.
    Oder irrte sie sich? War es vielleicht umgekehrt? War sie die Erbärmliche, die Verzweifelte? Die nach Rissen in der Beziehung der Blakes suchte, nur um ihre Gefühle für Rob rechtfertigen zu können? Vielleicht hatte Cat ja wirklich bei Freunden übernachtet. Vielleicht verwechselte sie ihre durch Drogen hervorgerufene Euphorie ja mit Liebe? Cat war genauso high gewesen wie sie, und was hatte sie getan? Eine unverschämte Summe verschleudert, bloß um etwas zu beweisen.
    Laura starrte aufs Wasser hinaus. In weiter Ferne waren die Lichter eines Tankers zu erkennen, der auf dem Weg nach Dänemark war. Es hatte wieder angefangen zu schneien – ein Eisregen, durchsetzt mit vereinzelten dicken Schneeflocken. Laura zuckte jedes Mal zusammen, wenn eine davon an ihrem Fenster vorbeidriftete. Sie fühlte sich schwach und zittrig, hatte den Rausch von gestern noch immer in den Knochen. Nicht gerade günstig, wo sie in den nächsten paar Tagen doch so viel zu tun hatte. Sie musste Cats Kette fertig bekommen und alles für die Präsentation vorbereiten.
    Drei Charms standen noch aus – Robs, Olives und Mins –, und sie wusste bisher nur bei einem, was sie anfertigen wollte. Sie kehrte dem Wasser den Rücken zu und ging zum Safe – er stand, hinter einer Schachtel versteckt, unter ihrer Werkbank. Darinnen lagerten stapelweise Tabletts voller Charms, die Ausbeute von vier Jahren. Sie nahm alles heraus und breitete es auf der Werkbank aus. Einige davon hatte sie nur gemacht, um ihre Technik zu verbessern; andere waren Ideen entsprungen, denen sie einfach nicht hatte widerstehen können. Wie zum Beispiel das silberne Eichhörnchen, das eine echte Eichel in den Pfötchen hielt – sie war von einer Illustration in einem alten Kinderbuch dazu inspiriert worden. Auf einem Extratablett lagen ausschließlich alte, teilweise antike Miniaturen, die sie auf ihren Reisen als Erinnerungsstücke erstanden hatte, noch bevor sie sich entschloss, die Schmuckherstellung zum Beruf zu machen.
    Auf einem anderen Tablett lagen die ersten Anhänger, die sie gefertigt hatte – sie waren natürlich nicht gut genug, um in die Präsentation aufgenommen zu werden. Es waren die Ergebnisse ihrer noch unbeholfenen, groben Schritte in diesem Handwerk. Vielleicht hing sie ja gerade deswegen so sehr an diesen Stücken. Sie musterte sie fast zärtlich wie ein Kind seine Lieblingspuppen: eine klassische rote Telefonzelle; eine venezianische Maske mit einer schönen und einer hässlichen Gesichtshälfte; ein Schachtelteufelchen, dessen Box nicht richtig aufsprang; ein grün emailliertes vierblättriges Kleeblatt; eine etwas schiefe Hochzeitstorte; eine Schatztruhe, die sich richtig zusperren ließ; ein Osterei; ein Würfel, der zwei Seiten mit vier Punkten hatte; ein Schaukelpferd, das eher aussah wie ein Schaukelesel …
    Mehrere hundert Anhänger insgesamt, alles sorgfältig aufbewahrte Muster für künftige Aufträge. Bereit, die Geschichten von Fremden zu erzählen. Aber wie sollte sie Olives Geschichte erzählen? Sie konnte sich beinahe Wort für Wort an ihr angespanntes Gespräch mit der Frau erinnern. Ihr Blick huschte suchend über jeden einzelnen Anhänger. Was wäre passend? Da war das Pony, Truffle. Oder war das zu offensichtlich? Ein winziges Pferdegeschirr könnte diese Geschichte repräsentieren. Oder ein Hufeisen. Ein Striegel. Oder doch lieber der allerletzte Urlaub der Schwestern in Cornwall? Eine kleine Goldkrabbe? Die Schneckenmuschel? Sandeimer und Schäufelchen? Nein, zu glatt, zu idyllisch. Damit unterschlug sie ja die zerrüttete Beziehung der beiden Schwestern. Sie konnte Rob vor sich sehen, sein schiefes Lächeln, als er sagte, sie solle nichts beschönigen. Die Dinge »so zeigen, wie sie sind«. Und man konnte weiß Gott nicht behaupten, dass die Schwestern einander nahestanden. Die Wahrheit war, dass ihre Beziehung von Anfang an vom Tod ihres Bruders Daniel überschattet worden war. Aber wie stellte man etwas dar, das nicht existierte?
    Sie setzte sich aufs Sofa und schaltete ihr kleines Abspielgerät an. Mins uncharismatische Stimme erfüllte den Raum.
    Â»Und als Hilfskraft zum Teemachen hatte ich sie schließlich

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