Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall
sich wieder gemeldet. Er erwartet, dass Sie sich unverzüglich bei ihm melden.«
»Was hat er denn genau gesagt?«, wollte Daryl wissen.
»Das möchte ich lieber nicht wiederholen. Er war jedenfalls ziemlich ungehalten.«
»Kann ich mir lebhaft vorstellen.«
»Außerdem sagte er, den Hubschrauber würden Sie aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Das meint er hoffentlich nicht ernst, oder?«
Daryl zuckte mit den Schultern. »Wer weiß? Am besten, ich lass ihn noch ein wenig schmoren. Wird Gift für seinen Blutdruck sein, aber in ein paar Tagen hat er sich bestimmt etwas beruhigt.«
»Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist. Er war kurz davor, unsere Freundschaft aufzukünden.«
»Oh, er wird’s schon verkraften, machen Sie sich mal keine Sorgen.«
»Er vielleicht. Aber was ist mit Ihnen? Sie könnten wirklich Ärger bekommen oder sogar entlassen werden.«
»Genau genommen ist das nicht einmal mehr nötig. Mein Kündigungsschreiben liegt bereits auf seinem Tisch.«
Barrow sah ihn verwundert an. »Sie wollen Ihren Job an den Nagel hängen?«
»Ich hatte es vor. Und sobald ich diesen Fall aufgeklärt habe, werd ich es wohl auch tun – wenn mich der Chief bis dahin nicht schon von sich aus gefeuert hat.«
Barrow schüttelte den Kopf. »Warum tun Sie das? Ich meine, Sie haben gesagt, dass, selbst wenn Sie beweisen können, dass Buttler ermordet wurde, es Ihnen vielleicht nicht möglich sein wird, den Mörder vor Gericht zu bringen.«
»Richtig. Ich habe aber auch gesagt, dass ich die Umstände seines Todes auf jeden Fall aufklären werde. Ob ich am Ende stichhaltige Beweise vorlegen kann, ist eine andere Sache. Außerdem gibt es inzwischen noch einen weiteren Mordfall, den es zu lösen gilt.«
»Trotzdem, ich verstehe nicht, weshalb Sie dafür Ihre berufliche Laufbahn aufs Spiel setzen wollen.«
»Nennen wir es unstillbare Neugierde, gepaart mit einer riesigen Portion Ehrgeiz.«
12
Es war der letzte Tag des Viehtriebs. Daryl schälte sich aus dem Schlafsack und holte einen Becher von dem Tee, den Mrs. Sharp bereits vor einer Stunde zubereitet hatte.
Nach und nach sammelten sich auch die anderen Männer um das wärmende Feuer, über dem die Köchin gerade auf einem Metallrost die Steaks für das Frühstück grillte. Das eintönige Essen der vergangenen Wochen hatte den Stockmen offenbar den Appetit noch nicht verleidet, jedenfalls hauten sie rein, als wäre es ihre letzte Mahlzeit für lange Zeit.
Bis auf Martin Barrow waren alle Männer am Vorabend beim letzten provisorischen Gehege vor der Farm geblieben. Da die Herde in den vergangenen zwei Tagen nochmals um über einhundertfünfzig Tiere gewachsen war, brauchten sie für die letzte Etappe jeden Mann.
Die ganze Nacht hindurch war immer wieder das Brüllen eines verwilderten Bullen zu hören gewesen, der sich irgendwo außerhalb des Lagers herumtrieb. Das Vieh war dadurch sehr unruhig, und die Männer waren dementsprechend nervös. Die Herde konnte zwar normalerweise von einem Dutzend Männern problemlos unter Kontrolle gehalten werden, besonders heikel blieb aber der Moment, in dem die Rinder aus dem provisorischen Gehege gelassen wurden.
Wenn die Tiere urplötzlich aufschreckten, davonpreschten und sich wieder im Busch verstreuten, war die Arbeit von vielen Tagen auf einen Schlag zunichtegemacht.
Während die Männer ihr Frühstück verspeisten, gesellte sich Poison-Joe zu Daryl.
»Dieser Bulle macht mir Sorgen«, sagte er mit finsterem Gesicht. »Falls der auftaucht, wenn wir die Herde aus dem Pferch lassen, ist hier der Teufel los.«
»Vielleicht sollten wir ihn suchen und vorsichtshalber erschießen«, schlug Daryl vor.
»Keine gute Idee. Wenn wir herumballern, werden die Rinder womöglich noch nervöser. Nein, ich denke, am besten sichern wir die Flanken mit den Bullenrammern. An die hat sich die Herde in den letzten Tagen einigermaßen gewöhnt, hat aber immer noch einen Heidenrespekt vor ihnen. Sollte der Bulle auftauchen, fahren wir ihn eben um.«
Nachdem die Pferde gesattelt waren, wurden ihnen die Fußfesseln abgenommen. Dann saßen die Männer auf, und Poison-Joe gab ihnen letzte Anweisungen.
Als die Reiter ihre Positionen eingenommen hatten, wurde das Gatter geöffnet, und die Tiere wurden herausgetrieben. Gleich zu Beginn versuchte eine Gruppe unter der Führung eines jungen Bullen seitlich auszubrechen, doch die Stockmen drängten sie zurück in die Herde.
Daryl, der einen der Bullenrammer steuerte,
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