Ein Gespür für Mord - Detective Daryl Simmons 1. Fall
habe ich eine Frage. Wie sind Sie drauf gekommen, dass ich es war, der Sie niedergeschlagen hat?«
»Das war leicht. Als ich in Buttlers Hütte war, ging jemand am Fenster vorbei. Ich konnte nicht erkennen, wer es war, also bin ich ihm gefolgt. Hinter der Hütte stieß ich auf seine Spuren, es waren Abdrücke von nackten Füßen.«
»Moment mal, ich trug Schuhe.«
»Ich weiß. Da war noch jemand.«
»Noch jemand?«, wiederholte Poison-Joe stirnrunzelnd. »Ich hab niemanden gesehen.«
»Vermutlich waren Sie lediglich einen Moment zu spät. Wie auch immer, der Unbekannte war auf dem Weg zum Haupthaus, und ich war sicher, dass es sich dabei um einen Eingeborenen handeln musste. Ein Weißer würde kaum die zwei Kilometer von den Sammelkoppeln bis hierher barfuß zurücklegen. Die Person, die mich niedergeschlagen hatte, konnte indessen kein Eingeborener gewesen sein. Ich suchte am nächsten Tag an der betreffenden Stelle nach Spuren und fand Schuhabdrücke von jemandem mit Schuhgröße dreiundvierzig. Sie waren zudem ziemlich tief, was auf einen schweren Menschen hindeutete. Die einzige Person, auf die das alles zutraf und die sich an diesem Abend in der Nähe der Farm aufgehalten hatte, waren Sie. Als mir Mr. Barrow dann erzählte, Ihr Gewehr sei gestohlen worden, war das für mich die endgültige Bestätigung, denn ich habe so meine Vermutung, weshalb Sie so taten, als sei Ihre Winchester entwendet worden. Ganz sicher bin ich mir aber nicht, vielleicht erklären Sie es mir.«
Poison-Joe lächelte grimmig. »Na schön, was soll’s. Ich hab es schlicht und einfach mit der Angst zu tun bekommen. Wie Sie wissen, haben wir während des Viehauftriebs immer zwei Jagdgewehre dabei. Meine einschüssige Betty ist dafür nicht geeignet. Ich benutze sie daher nur selten. Wenn es hochkommt, vier, fünf Mal im Jahr, meist zur Kängurujagd. Allerdings reinige und pflege ich sie oft. So auch zwei Wochen nach Floyds Verschwinden. Dabei hatte ich das Gefühl, mit ihr sei geschossen worden. Zwar hatte man sie gereinigt, aber eben nicht so gründlich, wie ich das tun würde. Ich war unsicher, denn ich konnte mir nicht vorstellen, weshalb jemand heimlich mein Gewehr benutzt haben sollte. Schließlich vergaß ich die Sache. Floyd war weg, und das war gut so. Dann wurde Floyds Leiche gefunden, und mir kam der Gedanke, mein Gewehr könnte vielleicht etwas mit seinem Tod zu tun haben. Also beschloss ich, die Winchester irgendwo zu verstecken und dem Boss zu sagen, sie sei gestohlen worden. Wäre bei der Obduktion von Buttlers Leiche herausgekommen, dass er mit meinem Gewehr erschossen worden ist, dann hätte ich ziemlich schlechte Karten gehabt, zumal der Mörder die Waffe sicher von seinen Fingerabdrücken gereinigt hätte. Jedenfalls, als ich meine Unterkunft verließ, sah ich, wie jemand aus Buttlers Hütte kam und im Schatten der Bäume zum Haupthaus schlich. In diesem Moment war ich überzeugt, es sei Floyds Mörder, der in der Hütte irgendwas gesucht haben musste. Natürlich war das verrückt. Aber in diesem Augenblick schien es mir logisch. Erst als ich Sie niedergeschlagen hatte, wurde mir klar, dass ich mich geirrt hatte. Ich hab Sie dann durchsucht, schließlich musste es ja einen Grund geben, weshalb Sie nachts in Buttlers Hütte herumgeisterten. Als ich bei Ihnen das Sparbuch und den Zeitungsausschnitt fand, schien es natürlich nicht mehr sehr glaubhaft, dass ich Sie versehentlich niedergeschlagen haben sollte.«
»Zum Glück haben Sie nicht allzu hart zugeschlagen.«
Der alte Mann zuckte mit den Schultern. »Mein Fehler. Hätte ich gewusst, wer Sie sind, und dass Sie mir einen Mord anhängen wollen, hätte ich wohl fester zugeschlagen. Spielt jetzt aber auch keine Rolle mehr. Sie glauben ja ohnehin, ich hätte Floyd umgebracht.«
»Oh, das habe ich nicht gesagt. Schließlich starb Buttler nicht durch eine Kugel.«
»Nicht?«, schoss es aus Poison-Joe heraus. In seinen Augen glomm plötzlich so etwas wie ein Hoffnungsschimmer.
»Nein. Hätten Sie bis Montag gewartet, dann hätten Sie erfahren, dass Floyd erwürgt und nicht erschossen wurde.«
Das Gesicht des alten Stockman verdüsterte sich wieder. »Oh, alles klar! Sie haben gesehen, wie ich Baby-Ray die Kehle zugedrückt habe. Und nun glauben Sie, ich hätte auch Floyd das Lebenslicht ausgepustet. Aber wissen Sie was? Erschossen oder erwürgt: Ich war’s nicht.«
»Natürlich nicht. Und da die Gründe, weshalb Sie die Winchester versteckt haben, exakt die sind,
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