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Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Titel: Ein glücklicher Tag im Jahr 2381 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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rechtzeitig nach Hause kommt. Er benützt den Fall-Lift, um sein Büro aufzusuchen und dort zwei nutzlose Stunden zu verbringen. Es ist immer noch zu früh. Kurz nach 1800 kehrt er nach Schanghai zurück und geht zuerst in das Somatische Erfüllungszentrum, um dort ein Psy-Bad zu nehmen. Aber die psychedelischen Vibrationen helfen ihm diesmal nur wenig, und sein Geist füllt sich nur mit Visionen von zerstörten, ausgebrannten Urbmons. Gegen 1920 verläßt er das Bad und geht in den Ankleideraum, dessen Bildschirm seine Ausstrahlung auffängt, und sagt: »Jason Quevedo, deine Frau sucht nach dir.« Schön. Er kommt zu spät zum Abendessen. Soll sie sich nur beunruhigen. Er nickt dem Schirm zu und geht hinaus. Nachdem er noch fast eine Stunde durch die Korridore geschlendert ist, vom 770. bis etwa zum 792. Stockwerk aufwärts, begibt er sich endlich zu seiner eigenen Ebene hinab und schlägt die Richtung zu seinem Apartment ein. Ein Bildschirm in der Halle vor dem Liftausgang sagt ihm noch einmal, daß er von seiner Frau gesucht wird. »Ich komme, ich komme«, murmelt er irritiert.
    Micaela sieht ihn so besorgt an, wie er es erhofft hat. »Wo bist du gewesen?« fragt sie in dem Augenblick, in dem er hereinkommt.
    »Oh, ein bißchen unterwegs. Unterwegs.«
    »Du hast nicht länger gearbeitet. Ich habe dort anzurufen versucht. Ich habe dich suchen lassen.«
    »Als ob ich ein kleiner Junge wäre, der seine Eltern verloren hat.«
    »Das ist gar nicht deine Art. Du verschwindest nicht einfach am helllichten Nachmittag.«
    »Hast du schon dein Abendessen gehabt?«
    »Ich habe auf dich gewartet«, sagt sie vorwurfsvoll.
    »Dann laß uns essen. Ich bin schon fast am Verhungern.«
    »Willst du mir keine Erklärung geben.«
    »Später.« Er gibt sich alle Mühe, geheimnisvoll zu wirken.
    Er nimmt das Essen kaum wahr. Danach verbringt er seine gewohnte Zeit mit den Kleinen, bis sie einschlafen. Er überlegt sich hin und her, was er Micaela sagen wird, legt sich seine Worte in verschiedener Reihenfolge zurecht. Innerlich übt er ein selbstzufriedenes Grinsen ein. Diesmal wird er sie angreifen. Diesmal wird er sie verletzen.
    Sie hat sich einer Bildschirmübertragung zugewandt. Ihre anfängliche Beunruhigung über sein Verschwinden scheint nun wie weggewischt zu sein. Er ist schließlich gezwungen, zu sagen: »Willst du wissen, was ich heute getan habe?«
    Sie blickt auf. »Was du getan hast? Ach so, du meinst heute Nachmittag?« Es scheint sie nicht mehr im geringsten zu berühren. »Ja?«
    »Ich war bei Mamelon Klüver.«
    »Tagwandeln? Du?«
    »Ja, ich.«
    »War sie gut?«
    »Sie war überragend«, sagt er, überrascht durch Micaelas Desinteresse. »Sie ist einfach alles, was ich mir von ihr erträumt habe.«
    Micaela lacht.
    »Was ist daran so lustig?« fragt er.
    »Nichts daran ist lustig – du bist es.«
    »Erklär mir, was du damit meinst.«
    »All diese Jahre hast du dir selbst nicht gestattet, in Schanghai zu nachtwandeln, und bist zu den Proles gegangen. Und jetzt erlaubst du dir endlich Mamelon, aus dem einfältigsten aller möglichen Gründe…«
    »Du wußtest, daß ich niemals hier genachtwandelt bin?«
    »Natürlich wußte ich das«, sagt sie. »Frauen reden miteinander. Ich frage meine Freundinnen. Du hast nie eine von ihnen gehabt. Also begann ich mich zu wundern. Habe dich ein bißchen überwachen lassen. Warschau. Prag. Warum mußtest du dort hinabgehen, Jason?«
    »Das spielt jetzt keine Rolle mehr.«
    »Was dann?«
    »Daß ich einen Nachmittag auf Mamelons Schlafplattform verbracht habe.«
    »Du Idiot.«
    »Hexe!«
    »Versager!«
    »Du machst mich unfruchtbar!«
    »Prole!«
    »Warte mal«, sagt er. »Augenblick. Warum bist du zu Siegmund gegangen?«
    »Um dich zu ärgern«, gibt sie zu. »Weil er erfolgreich ist und du nicht. Ich wollte, daß du dich darüber aufregst. Damit du in Bewegung kommst.«
    »So hast du all unsere Gebräuche verletzt, um mit dem Mann deiner Wahl zu schlafen. Das ist nicht richtig, Micaela. Und außerdem nicht besonders weiblich.«
    »Das gleicht sich dann aus. Ein weibischer Mann und eine männliche Frau.«
    »Beleidigungen hast du immer sehr schnell zur Hand.«
    »Warum bist du zu Mamelon gegangen?«
    »Um dich zu ärgern. Um dir das mit Siegmund heimzuzahlen.
    Nicht, daß es mir irgendwas ausmachen würde, wenn er mit dir schläft. Das können wir wohl voraussetzen. Aber deine Motive. Du hast Sex als Waffe benützt, absichtlich die falsche Rolle gespielt, versucht, mich damit auf

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