Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Ein glücklicher Tag im Jahr 2381

Titel: Ein glücklicher Tag im Jahr 2381 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
»Ich möchte etwas Tingle«, sagt er. Nimm das, was du schon kennst, damit wirst du fertig.
    »Tingle, kommt sofort!«
    Er unternimmt die Anstrengung. Eine goldenhaarige Nymphe bietet ihm die Tingleschale an; er nimmt einen Schluck, kneift sie, schluckt noch einmal. Die funkelnde Flüssigkeit rinnt durch seine Kehle. Schluck runter – es kostet dich nichts! Sie jubeln ihm zu. Er nimmt einen dritten Schluck. Er sieht Rhea zustimmend nicken. Allmählich werden die Kleider abgelegt. Die Vergnügungen der Großen. Es müssen jetzt schon etwa fünfzig Leute hier sein. Jemand schlägt ihm auf die Schulter. Kipling Freehouse. Er schreit betäubend laut: »Du bist in Ordnung, Junge! Habe mir Sorgen um dich gemacht, verstehst du! Ständig so ernsthaft, so hingebungsvoll! Keine schlechten Tugenden, das, aber man braucht eben mehr, verstehst du? Einen spielerischen Geist. Nicht wahr?«
    »Ja, Sir. Ich verstehe, was Sie meinen, Sir.«
    Siegmund taucht ein in das Gewühl. Brüste, Schenkel, Hintern, Zungen. Erregende Düfte. Eine sprudelnde Quelle von Empfindungen. Jemand wirft etwas in seinen Mund. Er schluckt es hinunter, und einen Augenblick später spürt er, wie der hintere Teil seines Schädels davonschwebt. Gelächter. Er wird geküßt. Wird von seinem Angreifer auf den Teppich hinabgezwungen. Rhea? Er greift zu und fühlt feste kleine Brüste. Ja, das ist Rhea. Ihr Mann Paolo nähert sich von der anderen Seite. Von oberhalb dröhnende Musik. In dem Gewirr entdeckt er plötzlich, daß er ein Mädchen mit Nissim Shawke teilt. Ein kaltes Winken von ihm; ein eisiges Grinsen. Shawke prüft, wie unbeschwert er sich vergnügen kann. Alle beobachten ihn, wollen sehen, ob er dekadent genug ist, um die Erhebung in ihre Mitte zu verdienen. Laß dich gehen! Laß alles gehen!
    Er zwingt sich, ausgelassen zu sein. Viel hängt davon ab. Unter ihm befinden sich 974 Ebenen des Urbmons, und wenn er hier oben bleiben will, dann muß er zu spielen verstehen. Desillusioniert, daß die Administratoren so sind. So gemein, so vulgär, dieser billige Hedonismus der herrschenden Klasse. Sie könnten ebenso gut florentinische Grafen sein, Pariser Aristokraten, Borgias, betrunkene Bojaren. Unfähig, dieses Bild von ihnen zu akzeptieren, flüchtet sich Siegmund in eine phantastische Vorstellung: Sie haben dieses Treiben nur aufgezogen, um seinen Charakter zu testen, um festzustellen, ob er wirklich nur ein langweiliger Aktenträger ist oder über die geistige Weite verfügt, die ein Louisville-Bewohner benötigt. Es wäre einfältig, wollte man annehmen, daß sie ihre unbezahlbare Zeit so verbringen; aber sie sind beweglich, sie verstehen es, ihr Leben zu genießen, sie finden am Spielen denselben Geschmack wie an ihrer Arbeit. Und wenn er zu ihnen gehören will, dann muß er die gleiche Vielseitigkeit beweisen. Das wird er tun. Das wird er tun!
    In seinem vernebelten Gehirn kämpfen verschiedene chemische Botschaften gegeneinander.
    »Laßt uns singen!« schreit er verzweifelt. »Singt alle mit!« Und er brüllt:
    »Wenn du zu mir kommst im Dunkel der Nacht
    Mit deinem glühendheißen Schwert
    Und legst dich neben mir nieder
    Und ich spüre dein Schwert in mir…«
    Sie singen alle mit ihm. Er kann nicht einmal mehr seine eigene Stimme hören. Dunkle Augen starren in die seinen. »Gott segne«, murmelt ein Mädchen mit langen, gelockten Haaren neben ihm. »Du bist reizend. Der berühmte Siegmund Klüver.« Aus ihrem Mund treten Tingle-Blasen.
    »Haben wir uns nicht schon einmal gesehen?«
    »Ich glaube, ja. In Nissims Büro. Scylla Shawke.« Die Frau des großen Mannes. Überraschend schön. Jung. Jung. Nicht älter als fünfundzwanzig. Er hat ein Gerücht gehört, daß die erste Frau Shawke, Rheas Mutter, den Schacht hinunterging, eine Flippo. Er wird eines Tages nachprüfen, ob das wahr ist. Scylla Shawke kommt ganz dicht an ihn heran. Ihr weiches schwarzes Haar berührt sein Gesicht. Er ist fast gelähmt vor Furcht. Die Konsequenzen; kann das zu weit gehen? Rücksichtslos ergreift er sie und fährt mit seiner Hand in ihre Tunika. Sie macht mit. Volle warme Brüste. Weiche feuchte Lippen. Kann er bei diesem Test durch ein Übermaß an Schamlosigkeit versagen? Macht nichts. Macht nichts. Ein glücklicher Tag der somatischen Erfüllung! Ihr Körper drückt gegen den seinen, und er begreift mit Schrecken, daß es ein leichtes wäre, sie jetzt und hier zu nehmen, inmitten dieser schweren Masse der sich auf dem Boden von Kipling Freehouses Büro

Weitere Kostenlose Bücher