Ein Gott der keiner war (German Edition)
wenigen seiner nächsten Mitarbeiter, in dem ich auf das Schreckensregiment, das in Wahrheit in Rußland herrsche, hinwies und sie vor der Errichtung einer Diktatur in Spanien warnte.
Wenn ich auch die sowjetische Innenpolitik bedauerte, so billigte ich doch gleichzeitig die sowjetische Außenpolitik. Rußlands Hilfe für die Regierungspartei stand in scharfem Gegensatz zu dem dummen, skandalösen, francofreundlichen Verhalten der Demokratien – sie nannten es „Nichteinmischung". Ich begriff, daß am Ende die Gewaltherrschaft in Rußland und die Pervertierung des Bolschewismus durch den Nationalsozialismus die Beziehungen der Sowjets mit der Außenwelt verderben würden. Im damaligen Augenblick aber milderte die Haltung der Moskauer Regierung in Spanien meine gefühlsmäßige, wenn nicht meine intellektuelle, gegensätzliche Einstellung zu ihr und ich zögerte, sie anzugreifen.
Die Waagschalen, in denen ich das Für und Wider des Sowjetsystems gegeneinander abwog, waren in einem mißlichen Gleichgewicht. Ein Federgewicht konnte sie gegen Rußland zum Ausschlagen bringen. Jetzt wurde ein Tonnengewicht in die antisowjetische Waagschale gelegt.
Schon vor Francos Sieg über das spanische Volk im März 1939 hatten Beamte der RegierungsparteiUnterlagen gesammelt, die sowjetische Maßnahmen gegen Russen nachwiesen, die in Spanien arbeiteten. Von Zeit zu Zeit wurden einer oder mehrere dieser Männer, die unter Aufopferung ihrer Person und in aufreibender Tätigkeit den Regierungsleuten halfen, in die Sowjetunion zurückgerufen und verschwanden dort. Schließlich waren die führenden Männer der Regierungspartei auf Grund von nachgewiesenen Tatsachen davon überzeugt, daß nahezu alle wichtigen sowjetischen Staatsangehörigen, die als Militärpersonen oder Zivilisten in Spanien so gute Dienste leisteten, entweder nach ihrer Rückkehr hingerichtet oder verbannt wurden.
General Goriew, der die Verteidigung von Madrid leitete, wurde hingerichtet. General Grischin, der erste sowjetische Stabschef in Spanien, wurde verhaftet. Staschewski, der sowjetische Handelsvertreter in Spanien in den Jahren 1937-38, ein alter polnischer Revolutionär und geschätzter wirtschaftlicher Ratgeber Negrins, wurde verbannt. Marcel Rosenberg, der erste sowjetische Botschafter im regierungstreuen Spanien, Gaikis, sein Botschaftsrat, und Antonow Awseenko, der sowjetische Vertreter in Katalonien, der im November 1917 den Winterpalast des Zaren stürmte und dies für die Revolution hielt, sie alle wurden hingerichtet. General Uritzki, der mit der Verschiffung der sowjetischen Waffen für die Regierungspartei beauftragt war, und Michael Koltzow, der Prawda -Korrespondent, der über Spanien unmittelbar an Stalin und 'Woroschilow zu berichten hatte, wurden ebenfalls erschossen. Dies ist nur ein Teil der Liste aller derer, von denen man, seit sie in Spanien waren, nichts mehr gehört oder gesehen hat. Vielleicht wurden sie einfach in dem Netz des großen Stalin-Jeschow-Säuberungsprozesses mitgefangen. Vielleicht wußten sie auch zuviel über die Lebensverhältnisse im Ausland.
Man hat mich kritisiert, weil ich mein „Kronstadt" nicht bei dieser Gelegenheit oder früher verkündet habe. Vielleicht hätte ich es tun sollen. Bei mir bestanden keine Zweifel über das, was und warum es geschehen war, und ich war mir sogar ziemlich sicher, daß eine Besserung der sowjetischen Politik nicht wahrscheinlich war. Da sie indessen möglich war, so wartete ich ab und blieb stumm.
Dann kam der Sowjet-Nazi-Pakt vom 23. August 1939, der die Sowjetregierung auf den Kurs festlegte, den sie von jenem Tage an bis auf den heutigen verfolgt hat. Dieser Pakt bewirkte mein „Kronstadt". Der Pakt war ein übereinkommen, das nicht darauf abzielte, Zeit, sondern Gebietsabtretungen zu gewinnen. In geheimen, jetzt veröffentlichten Protokollen schuf er eine Teilung der Einflußbereiche aller für die Sowjet-Nazi-Aggression erreichbaren Gebiete. Damit begann Rußlands geplante Aggression, die ihm sein heutiges, in seinen Fugen krachendes Imperium bescherte und es zum bösesten Problem für die Menschheit machte.
Der Sowjet-Nazi-Pakt war der Grabstein für die bolschewistische Internationale und der Eckstein für den bolschewistischen Imperialismus. Er war möglich, weil das bolschewistische Rußland zu einem Friedhof für die Bolschewisten geworden war. Ich konnte mit einem Regime, das seine Ursprünge und seine Schöpfer verriet, nicht sympathisieren. Das zaristische
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