Ein Grabstein fuer den Playboy
»Aber ich rechnete immer damit, daß er
früher oder später hier auftauchen würde. Das ist einer
meiner Angstträume.«
Nach dieser Einleitung
setzten wir die Konversation etwas formeller fort. »Warum suchen Sie
Miss Pitman?« fragte er mich.
»Das ist eine Sache der
Polizei«, antwortete ich.
»Sind Sie ein
Polizeibeamter?« Er war sichtlich schockiert.
»Nein, aber die Polizei
steht hinter mir.«
Darauf konnte er nichts
erwidern. Ich fühlte, daß er sich überlegte, ob er den Mut
hatte, zu fragen, worum es ging.
»Sie kennen sie
zweifellos näher«, sagte ich.
»Ich befasse mich
grundsätzlich besonders mit den älteren Studenten.«
»Sie müssen Sie
besser kennen«, sagte ich.
»Ich habe ein
spezielles Interesse an ihr«, erwiderte er bedächtig. Und mir
war klar, daß dieses Interesse weit in die Privatsphäre
hineinreichte. »Ich bin frei in meinen Entscheidungen, und sie -«
»- ist von ihrem Mann
getrennt«, unterbrach ich ihn. »Das ist nicht die Frage, um
die es hier geht, und außerdem ist es mir egal.«
»Sie lebt getrennt von
ihm?« wiederholte er.
»Ja.«
»Was ist das für
eine Polizeiangelegenheit?« fragte er nach längerer Pause.
»Sie wird gesucht als
Zeugin in einem Ermittlungsverfahren, das einen Mordfall betrifft«,
erklärte ich.
»Einen Mordfall?«
fragte er. Ein Wort, das er vermutlich noch nie in seinem Leben benützt
hatte.
»Ja.«
»Aber Sie sind nicht
von der Polizei?«
Ich gab keine Antwort; das
hatte ich ihm bereits erklärt.
»Wer sind Sie also?«
»Ich arbeite im Auftrag
des Anwalts eines Mannes, den man eines Mordes verdächtigt«,
sagte ich. »Und dabei arbeite ich natürlich mit der Polizei
zusammen.«
»Im Auftrag?«
»Ich bin
Privatdetektiv.«
»Ist Priscilla
ernsthaft in Schwierigkeiten?«
»Es könnte sein.
Ich weiß es nicht. Das hängt davon ab, was sie getan hat oder
nicht.«
Plötzlich erhob er sich.
»Verstecken Sie sie«, sagte er. »Sie müssen sie
verstecken.«
»Was?«
»Ich engagiere Sie.
Helfen Sie mir, Priscilla zu verstecken.«
Ich hätte ihm sagen können,
daß das ein sittenwidriger und illegaler Auftrag war - oder ich hätte
ihm einfach eins auf die Nase geben können. Statt dessen sagte ich:
»Seien Sie doch vernünftig.«
Er senkte den Kopf und hielt
sich die Hand vor die Augen. Dann setzte er sich langsam wieder. »Natürlich.
Sie haben recht.«
Ich wartete.
»Das Leben ist so
sinnlos und leer«, sagte er und ließ eine Pause entstehen. Ich sagte kein Wort.
»Sie war völlig
verzweifelt, als sie zu mir kam. Ich nehme an, sie hatte es schon bei
jeder Universität im ganzen Staat versucht. Es war natürlich
keine einfache Situation; sie kam längst nach Anmeldeschluß und
hatte praktisch kein Geld. Ihre Befähigung zum Studium schien in
Ordnung zu sein, aber das Abschlußzeugnis war immerhin einige Jahre
alt. Mit älteren Studenten geht man immer ein Risiko ein. Entweder
sie sind völlige Versager, oder sie sind überaus erfolgreich.
Die Versager sind jedoch so problematisch, daß wir uns vorsehen müssen.
Aber sie wünschte es sich so sehr, daher ließ ich sie zum
Studium zu, und seitdem habe ich ihr geholfen, wo es geht. Ich glaube,
jetzt hat sie endlich ein wenig zur Ruhe gefunden und scheint mit den
Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn ein Mensch an die Dreißig
noch einmal zu studieren anfängt, gut fertig zu werden. Ich fühle
mit ihr, und sie war zugleich Manna für meine Seele. Wissen Sie, ich
habe mich stets mit reichen, pickeligen jungen Leuten abquälen müssen.
Dann kam sie. Und sie hat mir das Gefühl vermittelt, daß ein
Dekan, der sich um die neuen Studenten kümmert, hier und da wirklich
etwas Gutes tun kann. Ich weiß nicht, ob ich es ertragen könnte,
wenn man ihr die Chance nimmt, den richtigen Weg zu gehen. Ich will sehen,
wie sie zurechtkommt, wie sie mit ihren Problemen fertig wird. Sagen wir,
ich bin in ihre Zukunft verliebt. Sie weiß nicht, was sie mir
bedeutet, aber ich komme mir fast wie ein Schutzengel vor, und das ist ein
schönes Gefühl.«
Er brach ab.
»Sie wird keine Zukunft
haben«, gab ich ihm klar zu verstehen, »wenn sie nicht zuvor
ihre Vergangenheit in Ordnung bringt.«
»Hat sie jemanden getötet?«
fragte er rundheraus.
»Glauben Sie, daß
sie einer solchen Tat fähig wäre?«
»Sicher«,
antwortete er. »Wie wir alle, wenn es keinen anderen
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