Ein Grabstein fuer den Playboy
Geschichte an die
Zeitungen geben, und wenn jeder im County Gelegenheit hat, darüber
nachzudenken - wer weiß, was da noch alles zum Vorschein kommt.«
Sie stürzte auf mich zu
und schrie: »Sie sind schrecklich! Widerlich. « Dann holte sie
mit der Bierflasche aus, stieß den Tisch um, kratzte, fauchte,- biß,
stieß mit den Füßen nach mir und zupfte mich am
verletzten Ohrläppchen.
Ich versuchte mich zu schützen,
bis sie von mir abließ. Und sagte mir, daß ich großes Glück
hatte, weil diese Lady keine Kanone zwischen den Fingern hatte, um mir
wieder eins auf den Pelz zu brennen. Endlich mal ein wenig Abwechslung.
Aber ich wäre auch im
anderen Fall einigermaßen sicher gewesen. Sobald das Geschrei
losgegangen war, hatte sich Jeanna Dunlap aus ihrem Versteck begeben, und
ihr Gesicht tauchte hinter der Fensterscheibe auf. Wir hatten verabredet,
daß sie zurückkommen sollte, sobald Pynne weg war. Und sie
hatte ihren Dienstrevolver im Anschlag.
Als ich merkte-, daß
die Kraft der Doans allmählich nachließ, versuchte ich, sie zu
überwältigen, und schlang meine Arme um sie.
Schließlich gab sie
auf.
»Sie wäre
wahrscheinlich auch ohne mich gestorben«, sagte sie -so kalt und
deutlich und gefühllos, daß ich kaum meinen Ohren trauen
konnte. Ich ließ sie los. Dann standen wir ein paar Sekunden lang
wie gelähmt einander gegenüber, ehe sie einen Schritt zurücktrat.
Ich weiß nicht, was
danach in ihrem Kopf vorgegangen sein muß, und ich ahnte auch nicht,
was sie vorhatte. Es war mir egal. Innerhalb von zwei Stunden hatte ich
zwei voneinander völlig verschiedene, kaltblütige Mörder
erlebt, die auch nicht von einer Spur von Schuldgefühl geplagt
wurden.
Wenn ich die Wahl gehabt hätte
- nein, ich fand sie beide gleich verachtenswert.
Mir wäre es lieber
gewesen, wenn ich von alledem nichts gewußt hätte. Ich wäre
lieber irgendwo anders gewesen, hätte lieber einen anderen Beruf
ergriffen und meine Leisetreterei an den Nagel gehängt.
Ich hätte lieber nicht
gesehen, wie eine Frau mit vom Wahnsinn verdrehten Augen auf mich zukam
wie eine Kanonenkugel.
Ich wollte, daß diese
schrecklichen Visionen endlich weichen würden.
Die Vision, die mich momentan
bedrohte, wehrte ich ab, mit dem Handrücken. Nie zuvor habe ich so
hart zugeschlagen. Aber es fühlte sich gut an - das erste gute Gefühl
seit langem.
Zuerst dachte ich, daß
ich ihr das Genick gebrochen hätte. Ich dachte, ich hätte sie
getötet.
Aber es war jemand anders
gewesen.
Jeanna Dunlap. Sie hatte
Sharon Askew Doans erschossen.
41
Danach gab es wieder ziemlich
viel Aufruhr, Stimmen, die durcheinanderbrüllten, Leute, die kamen
und gingen.
Ich achtete nicht darauf.
Ich entschloß mich,
einfach auszuruhen, und setzte mich auf den Boden.
Dann legte ich mich, weil das
angenehmer war, flach vor den Kamin.
Das Durcheinander war, wie
ich später erfuhr, dadurch entstanden, daß Frank Pynne zurückkehrte
zum Haus der Doans.
Damit hatten wir allerdings
nicht gerechnet.
Eigentlich hätte er mit
Volldampf nach Columbus brausen sollen, in der Hoffnung, seine
Bestechungsgelder zurückzubekommen.
Aber er war statt dessen nach
Hause gefahren und hatte im Krankenhaus angerufen.
Vielleicht hatte er vermutet,
daß ich, Albert Samson, ein zugelassener Privatdetektiv, einer
verletzten Lady nicht den Besuch von seinesgleichen zumuten würde.
Sicher würde er im Verlauf der juristischen Prozeduren die Adresse
seiner Frau erfahren, aber es gehörte nicht zu meinem Job, ihm dabei
behilflich zu sein. Dafür bezahlte er mir nicht mein Honorar. Das
hatte mir bereits die Sekretärin seines Anwalts klargemacht.
Und wenn er seine Frau dann
fand, war sie vermutlich so weit gefestigt, daß er es sich überlegen
würde, ob er es wagen konnte, das Geld zurückzuverlangen. Kein
sehr redlich verdientes Geld, wohlgemerkt.
Nein. Er würde es nicht
wagen.
*
Ich weiß nicht, warum
ich mich einfach auf den Boden gelegt habe.
Jeanna sagte später, sie
fürchtete schon, Sharon Doans hätte mich mit ihrer Schere zerstückelt.
Die Schere hatte ich gar
nicht gesehen.
Und ich war nicht tot, aber müde.
Nur müde, nichts weiter.
Das blieb noch eine ganze
Weile so.
Mit der Müdigkeit ist
das so eine Sache. Sie hängt nicht unbedingt damit zusammen, wie
lange man schläft. Im Zweiten Weltkrieg haben Wissenschaftler
versucht, den
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