Ein Grabstein fuer den Playboy
mich überlegen: Jetzt ist er sechsunddreißig.
Damals muß er fünfzehn oder sechzehn gewesen sein.«
Ich konnte meine Überraschung
nicht verhehlen.
»Er blieb übrigens
mehrere Jahre fort«, sagte sie. »Das war die Zeit, von der ich
vorhin gesprochen habe.«
»Sie kennen Mr. Boyd
offenbar recht gut, Sheriff.«
»In jüngster Zeit
nicht mehr«, sagte sie. »Oder besser, seit zwölf Jahren.
Verdammt, es ist ja kein Geheimnis. Wir sind eine Weile miteinander
gegangen, und ich dachte schon, er mag mich wirklich. Aber dann bin ich
draufgekommen, daß er sich nur um mich gekümmert hat, weil er
wissen wollte, wie es ist, wenn der kleinste Mann von Nashville mit der größten
Frau von Nashville befreundet ist.«
»Er ist also ein
kleiner Mann?«
»Ein körperlich
kleiner Mann«, korrigierte mich der Sheriff. »Ungefähr
einsfünfundfünfzig groß und fünfundfünfzig Kilo
schwer.«
»Das klingt alles so,
als wäre er ein wirklich romantischer Mensch, wenn ich das sagen
darf.«
»O ja, Billy ist in
gewisser Weise okay. Wenn man mal davon absieht, daß er ein gemeiner
Bastard ist, und ihn so nimmt, wie er ist, gibt es an ihm nichts
auszusetzen.«
»Und Mrs. Pynne kannten
sie auch gut?«
»Kaum. Ich bin ihr nur
ein paarmal begegnet.«
»Können Sie mir
jemanden nennen, der sie besser kannte? Vielleicht eine Freundin?«
»Sie können es mal
bei Sharon Doans versuchen. Sie wohnt an der gleichen Straße wie die
Pynnes, ein Stück weiter unten. Meines Wissens war Sharon ihre beste
Freundin. Aber angeblich hat es zwischen ihnen etwas Ärger gegeben,
kurz bevor Cilla weggegangen ist. Sie können sie ja danach fragen.«
»Gut, vielen Dank. Und
Mrs. Pynnes Mann?«
»Frank? Der ist
irgendwas bei der Indiana University.«
»Ein Professor?«
»Nein, nein. In der
Verwaltung. Er hat mit den Anschaffungen der Universität und mit dem
Baureferat zu tun.«
»Und was hält er
von der ganzen Geschichte?«
»Er ruft mich jede
Woche an und will hören, was ich über sie in Erfahrung gebracht
habe.«
»Jede Woche?«
»So ungefähr.«
»Also ist er besorgt
und möchte, daß seine Frau zu ihm zurückkommt?«
»Er möchte, daß
sie gefunden wird. Das ist nicht unbedingt dasselbe.«
»Warum ruft er dann an?«
»Wahrscheinlich, weil
er seine fünfzig Dollar zurückhaben will.«
4
Der Sheriff und ich verließen
gemeinsam das Restaurant.
»Könnten Sie' mir
vielleicht auch noch verraten, wie ich fahren muß?« fragte
ich.
»Das ist meine
Spezialität.«
Ich fragte nach der Redaktion
der Lokalzeitung und nach dem Haus der Pynnes.
»Das Büro des
Democrat können Sie von hier aus sehen«, sagte sie und zeigte
nach Norden in die Van Buren Street.
Ich sah die Leuchtschrift.
»Um zum Blockhaus der
Pynnes zu kommen, müssen Sie in die entgegengesetzte Richtung fahren.«
»Blockhaus? Sagten Sie
Blockhaus?«
»Sicher. Die sind hier
noch sehr verbreitet. Schauen Sie doch.«
Ich entschloß mich zum
Schauen.
»Die Van Buren mündet
in die Staatsstraße sechsundvierzig. Biegen Sie in Richtung
Bloomington ein, und fahren Sie über Salt Creek. Gleich nach der Stadtgrenze
zweigt eine ungeteerte Landstraße nach rechts ab. Sie sehen den
Briefkasten, aber das Haus ist ein Stück weiter an der Landstraße.«
»Fein«, sagte
ich.
»Sharon Doans Haus ist
das nächste an der Staatsstraße, und wenn Sie am Eingang zum
Staatspark angelangt sind, sind Sie zu weit gefahren.«
*
Im Hauptbüro der
Wochenzeitung Brown County Democrat bat ich darum, die Ausgaben der
letzten zwei Monate durchsehen zu dürfen. Ich rechnete schon damit,
daß man mich an die öffentliche Bibliothek verweisen würde,
aber ein ernster junger Mann am Schreibtisch der, Inseratenabteilung
zeigte auf die andere Seite des großen Raums. Dort standen, direkt
in den Schaufenstern, in denen die neueste Ausgabe ausgehängt war,
Regale mit den Nummern der letzten zwanzig Wochen.
Als erstes suchte ich den
Auszug aus dem Protokollbuch des Sheriffs, in dem über das
Verschwinden von Priscilla Pynne berichtet wurde.
Der Protokollauszug war Teil
einer Seite mit der Überschrift »Kleingedrucktes«, auf
der auch über die Verkehrsunfälle, die Festnahmen, die Einsätze
der Notarztwagen und die Aufnahmen ins Krankenhaus berichtet wurde.
Frank Pynne hatte das
Verschwinden seiner Frau am Sonntag, den 13. April um 7.35 morgens
berichtet.
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