Ein Grabstein fuer den Playboy
hin.
Dann bückte ich mich
hinunter und lauschte, ob er noch atmete.
»Wollen Sie die letzten
Worte eines Sterbenden hören?« fragte er leise.
Ich fuhr zurück und
stand auf. Hogue setzte sich ebenfalls auf und lehnte sich dann wieder zurück
auf den Felsblock.
Und dann befand ich mich zum
dritten Mal innerhalb weniger Stunden auf der falschen Seite einer Schußwaffe.
Er sagte: »Ich habe
vorhin gehört, wie Sie näher gekommen sind, und ich habe all die
Tage zuvor beobachtet, wie sie näher kamen …«
»Das erstaunt mich.«
»Es ist gefährlich,
nachts durch die Wälder zu spazieren, wenn man sich nicht sehr gut
auskennt.«
Darauf hätte ich eine
ganze Menge erwidern können. Ich sagte aber nur: »Schon möglich.«
Dann schaltete ich die Taschenlampe aus und setzte mich neben den Anwalt
auf den Boden.
»Es gibt wilde Tiere in
den Wäldern«, fuhr Hogue fort. »Nicht, daß sie den
Menschen gefährlich werden - im Normalfall. Nur wenn sie in die Enge
getrieben werden, wenn man sie nicht in Ruhe läßt.«
»Wollen Sie mir
vielleicht drohen?« fragte ich.
Er zuckte mit den Schultern.
»Eigentlich nicht. Aber ich wollte mich hierher zum Sterben legen
und bin noch nicht tot.« Es klang fast träumerisch.
»Wie wollen Sie denn
sterben?« fragte ich.
»Mein Herz«,
sagte er. »Ich bin schwer krank, seit meinem zweiunddreißigsten
Lebensjahr. Ich habe mich streng nach den Anweisungen meines Arztes
gehalten, aber man könnte doch annehmen, daß das Herz im Fall
einer Krise seinen Dienst versagen würde.« Er stieß die
Luft aus; es klang fast wie ein Lachen.
»Und wenn es das nicht
tut?«
»Vielleicht schlägt
das Wetter um. Unterkühlung würde für den Rest sorgen. Und
wenn ich morgen früh aufwache und noch nicht tot bin, dann erschieße
ich mich. Ich weiß, es ist höchst unangenehm, und es macht mir
Kummer, dieses schöne Stück Land erneut in Unruhe zu versetzen,
aber dann muß es eben so sein.«
»Warum wollen Sie
eigentlich sterben?« fragte ich.
»Natürliche
Gerechtigkeit«, antwortete er. »Ich habe mit voller Absicht einen Menschen getötet.
Das führte dazu, daß ein zweiter Mensch sterben mußte. Es
war nicht meine Absicht, aber es war doch die direkte Folge meines
Handelns. Und ich will nicht mehr weiterleben angesichts dieser
Konsequenzen.« Er schwieg einen Augenblick, dann fügte er
hinzu: »Zurückschauend muß ich gestehen, daß es ein
ganz anderes Gefühl ist, einen Menschen getötet zu haben, als
ich dachte. Es kommt einem fast unwichtig vor - aber auch unrichtiger.«
Es hätte vieles gegeben,
was ich von ihm wissen Sollte, aber ich fand nicht die richtigen Worte,
ihn danach zu fragen.
Er sagte: »Haben Sie
die Blätter gesehen, die ich bei Betty gelassen habe?«
»Ja.«
»Sie muß sie im Büro
gefunden haben«, sagte er traurig. »Arme Betty.« Dann
fragte er: »Wollte sie Sie wirklich erschießen?«
»Ja.«
»Aber warum?« Das
schien ihm rätselhaft und sonderbar zu sein.
»Sie war sich darüber
im klaren, daß ich wußte, wer Boyd umgebracht hatte. Und sie
wollte mich töten, um Sie zu schützen.«
»Eine höchst ungewöhnliche
Tat.«
»Sie war es gewohnt,
Sie zu beschützen«, sagte ich. »Und es wäre eine
letzte, spektakuläre Möglichkeit gewesen, Ihre Aufmerksamkeit zu
erregen.«
»Meine -
Aufmerksamkeit?« Er dachte darüber nach.
»Was sind Sie bloß
für ein blinder, staubtrockener Mensch!« sagte ich.
»Ich finde, es ist
nicht an Ihnen, ein solches Urteil abzugeben«, widersprach er mir
scharf. Dann änderte er seine Position, lehnte sich etwas steiler an
den Stein. »Sie haben ja keine Ahnung, wie ich in den letzten fünfzehn
Jahren gelebt habe.«
»Sie brechen mir das
Herz«, erwiderte ich spöttisch.
»Das Herz«,
wiederholte er. »Genau das ist der springende Punkt.« Dann
begann er laut und aggressiv zu sprechen. »Von Natur aus bin ich ein
äußerst aktiver Mensch«, sagte er. Ich sah, wie er seine
rechte Hand auf mich zu bewegte» um seine Worte zu untersteichen.
Ich glaube, es war ihm nicht einmal bewußt, daß er eine
Pistole zwischen den Fingern hatte.
»Nach meinem Militärdienst
in Korea war ich Sozialhelfer in Detroit«, sagte er. »Haben
Sie das gewußt?«
»Nein.«
»Wissen Sie, was es heißt,
Sozialhelfer in Detroit zu sein?«
»Nein.«
»Für einen
Menschen, der sich um die anderen kümmert,
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