Ein Grabstein fuer den Playboy
sie mich wieder anblickte - mit dem
unheimlichen schwarzen Auge, das sie in der Hand hielt. Ich zog mich
hinter den Sessel zurück und wünschte mir, er wäre aus schußsicherem
Stahl statt aus Leder.
»Hören Sie doch
endlich auf! Lassen Sie es sein!« sagte eine Stimme. Ich hätte
nie gedacht, daß es die meine sein konnte, so jämmerlich klang
sie.
Von meiner Deckung aus konnte
ich die Weddle nicht sehen, aber ich sah, wie Hogue auf sie zuging. Und
dann ging diese verdammte Pistole schon wieder los! Dicht neben meinem
Gesicht öffnete sich plötzlich ein Loch in der Sessellehne. Es
sah aus wie eine Blüte, die aufgegangen war; die Blütenblätter
aus Leder versteiften sich kurz, um danach zusammenzusinken. Und dann war
es nur noch ein lebloser, dunkler Kreis.
Die Kugel hatte ich nicht
gesehen, als sie an mir vorbeisauste. Wahrscheinlich habe ich in dem
Augenblick gerade geblinzelt.
Dann streckte ich mich.
Die bis dahin zurückgehaltene
Angst, die Spannung und das Gefühl eines schreienden Unrechts, daß
ausgerechnet ich das Objekt dieser absurden Gewalttat sein
sollte, entluden sich wie eine bis dahin blockierte Sprungfeder und
setzten mich in Aktion. Es war nicht viel, was ich tun konnte, aber ich
stieß den Ledersessel nach vorn, auf den Todbringer zu, und zwar so
schnell und hart und gerade und heftig, wie ich konnte. Am liebsten hätte
ich ihn durch die Weddle geschleudert, wie sie die Kugel durch den Sessel
gejagt hatte. Durch sie und durch die Wand und hinüber ins nächste
County, und in eine andere Welt. Mich wollte man umbringen! Na schön,
ich war durchaus in der Stimmung, es den anderen gleichzutun und ebenfalls
jemanden umzubringen.
Aber all meine Bemühungen
waren nicht imstande, dem Geballere Einhalt zu gebieten. Bäng! Ich
konnte das Geräusch nicht mehr ertragen.
Jetzt streckte ich mich flach
hinter dem Sessel aus.
Eine Kugel traf. Was? Ich
konnte es nicht sagen. Aber etwas zerklirrte, etwas krachte. Bäng.
Die nächste, Schreie. Bäng. Ich wußte nicht, ob ich träumte.
Bäng.
Und dann senkte sich eine
Zentnerlast, das unglaublichste Gewicht, das man sich denken konnte, auf
mich, und ich legte mich bis auf weiteres schlafen.
38
Ich kann nicht sagen, wie
lange ich bewußtlos dalag, als ich plötzlich feststellte, daß
ich noch atmete. Ich hatte nicht die Zeit, an die Zeit zu denken. Mir war
nur allzu bewußt, daß das Atmen schwer fiel. Verdammt schwer
sogar.
Ich wußte nicht, warum,
bis ich merkte, daß der Stuhl über mir lag und mich auf den
Boden nagelte.
Aber selbst dafür schien
mir das Gewicht viel zu groß zu sein.
Dann kam ich dahinter.
Ich hatte den Stuhl von mir
gestoßen. Der Stuhl hatte Betty getroffen. Betty war nach vorn
gefallen, Stuhl und Betty waren über mir, und der gute alte Albert
lag drunter.
Armer Albert.
Eines konnte ich allerdings
nicht begreifen. Warum stand sie denn nicht auf? Es ist schließlich
nicht gerade höflich, wenn man sich auf einen Stuhl setzt, unter
dem ein Gast des Hauses begraben liegt.
Aber vielleicht wußte
sie nicht, daß ich darunterlag.
Ich versuchte, mich zu
bewegen, aber alles, was sich an mir bewegte, waren meine Zehen.
Das reichte nicht, um ihre
Aufmerksamkeit zu wecken, aber selbst das Zehenwackeln fiel mir schwer,
wie ich an meinen Atemzügen merkte.
Ich stöhnte ein bißchen
und spürte, daß mich selbst der gepreßte Laut mehr
Energie kostete, als ich zur Verfügung hatte.
Ich versuchte tief
einzuatmen, aber das ging nicht.
Dann auf einmal fühlte
ich, daß ich überhaupt nicht mehr atmen konnte. Und jetzt
geriet ich vollends in Panik. Ich spannte alle Muskeln an, die ich besaß,
und der Sessel bewegte sich, kam ins Schaukeln und kippte endlich zur
Seite.
Ich rollte auf die andere
Seite und ruhte mich ein bißchen aus.
Und wieder hatte ich
keinerlei Zeitgefühl, aber während ich dort lag, fragte ich
mich, wo, zum Teufel, Dave Hogue geblieben sein mochte.
Niemand bewegte sich in dem
gemütlichen Wohnzimmer. Es war sehr still.
Ein kleines Zimmer; ich hätte
ihn atmen hören müssen, wenn er hier gewesen wäre, selbst
wenn ich ihn nicht sehen konnte. Anscheinend konnte ich momentan an nichts
anderes als ans Atmen denken.
Dann lauschte ich. Aber außer
mir war kein Atmen zu hören.
Niemand atmete.
Als ich die Kraft hatte, mich
aufzusetzen und mich umzuschauen, sah ich Betty Weddle
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