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Ein Grausames Versprechen

Titel: Ein Grausames Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howell
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sie könnte ihn bitten, auf einen Sprung vorbeizuschauen, ihm einfach alles zeigen, ohne etwas zu sagen, und sehen, wie er reagieren würde.
    »Brauchst du etwas?«
    »Nicht so wichtig. Macht euch einen schönen Abend.«
    Als er aufgelegt hatte, ging sie in die Küche und stellte sich nahe an die Anrichte. War es möglich, dass sie in ihrer Eile tatsächlich alles draußen stehen lassen und den Kühlschrank zu schließen vergessen hatte? Sie war immerhin zu spät dran gewesen. Sie versuchte sich zu erinnern, aber Routinehandlungen wie diese tat man einfach, man dachte nicht darüber nach. Es war wie die Fahrt zur Arbeit - man war plötzlich da und erinnerte sich nicht mehr an jede Kreuzung und rote Ampel.
    Sie tat, als würde sie Frühstück machen, und ging alle Handgriffe durch. Schrank öffnen, Cornflakes herausholen, auf die Anrichte stellen. Milch aus dem Kühlschrank nehmen. Beides in die Schale geben. Essen, dann die Schale in die Spüle stellen.
    Wenn man es eilig hatte fortzukommen, konnte man sich an diesem Punkt tatsächlich umdrehen, die Zähne putzen gehen, sich das Gesicht richten und aus dem Haus stürzen.
    Das Problem war der Kühlschrank. An welchem Punkt könnte sie ihn geöffnet und dann vergessen haben, sowohl die Milch hineinzustellen, als auch ihn wieder zu schließen? Und würde sie nicht die Milch über die Cornflakes gegossen und den Karton sofort wieder zurückgestellt haben?
    Sie streckte die Hand in den Kühlschrank. Er war warm genug, als dass er den ganzen Tag offen gewesen sein konnte. Die Milch stand in einer Pfütze aus Kondenswasser, das sich an dem Behälter gebildet hatte und dann auf die Anrichte getropft war. Die Außenseiten des Kartons waren inzwischen trocken, die Milch warm.
    Sie blieb noch eine Weile stehen, dann machte sie den Kühlschrank zu. Die Milch schüttete sie in die Spüle, und den leeren Karton warf sie in den Mülleimer. Sie stellte die Cornflakes in den Schrank zurück. Dann machte sie die Musikanlage an, holte das neue Shampoo aus der Einkaufstüte und ging unter die Dusche.
     
 
    Sal wachte mit dem unheimlichen Gefühl auf, dass jemand im Zimmer war. Es war dunkel, aber er konnte eine schwarze Gestalt an der Tür ausmachen. »Mum?«
    »Mum? «, äffte die Gestalt mit hoher Stimme nach, und Sal hörte die Hoffnung heraus, die er in das Wort gelegt hatte. Verlegenheit und Enttäuschung erfassten ihn.
    »Träumst du nie?«, sagte er barsch.
    »Ich träume davon, dich vom Hals zu haben.« Thomas kam weiter in die Mitte des Zimmers.
    Sal stand auf und stellte den Stuhl, auf dem er am Fenster gesessen hatte, zwischen sich und Thomas.
    »Du wirkst, als hättest du Angst.« Thomas kam noch näher. »Aber das ergibt keinen Sinn. Warum solltest du Angst vor mir haben? Du hast nichts Falsches getan - oder?«
    »Natürlich nicht!«
    »Nona hat mir erzählt, dass du die Polizei zurückgerufen hast«, fuhr Thomas fort. »Aber erst heute Abend.«
    »Ich habe auf dich gewartet, ich wollte Rücksprache mit dir …«
    »Kannst du nicht selbst denken?«
    »Doch, aber …«
    »Wozu dann so lange warten? Wenn sie dich um einen Rückruf bitten, dann rufst du verdammt noch mal zurück.«
    »Ich wollte mit dir reden.« Sal spannte seine Bauchmuskeln an. »Wo warst du überhaupt?«
    Thomas war jetzt direkt vor ihm. Er riss ihm den Stuhl aus der Hand. »Wozu hockst du hier am Fenster?«
    Sal widerstand dem Drang, die Arme zu verschränken.
    »Willst du es aus der Vogelperspektive sehen, wenn sie wiederkommen?« Ein Wagen fuhr draußen vorbei, das Scheinwerferlicht spiegelte sich in Thomas’ Augen. Er roch nach Chemikalien und nach der Seife, mit der er versucht hatte, sie abzuwaschen. »Was hast du vor, Sal?«
    »Du hast gesagt, du kümmerst dich um diese Sanitäterin«, sagte Sal.
    »Das ist keine Antwort.« Thomas legte ihm die Hand auf die Schulter.
    »Das ist nicht richtig«, sagte Sal. »Wir waren mal Freunde.«
    »Und sind wir es etwa nicht mehr?« Thomas’ Finger gruben sich in Sals Trapezmuskel. »Denk doch mal an alles, was ich für dich getan habe. Was war in dieser Gasse, weißt du noch? Habe ich dir da nicht geholfen?«
    Sal bemühte sich, tief zu atmen. »Ich weiß, wozu du fähig bist.«
    »Denkst du, ich habe es erwähnt, um dich daran zu erinnern? Sal, alter Junge, du hast mich völlig falsch verstanden.« Thomas schlang den Arm um Sals Hals und zog ihn an sich. Sein Atem war heiß an Sals Ohr. »Ich helfe dir nur, dich daran zu erinnern, was du mir

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