Ein Grausames Versprechen
anvertrauen und ihr sagen könnte, wie es sich anfühlte, dass Kennedys Tod ihre Schuld war.
»Und dann?«, sagte Ella.
»Dann habe ich meinen Übergabebericht für das Krankenhauspersonal fertiggestellt, und sie haben sich weiter um Mr. Kennedy gekümmert.«
Ella tippte es und setzte einen Punkt. »Wunderbar.«
Lauren schaute auf die andere Seite des Raums. Joe und der Detective lachten über etwas. Sie waren wahrscheinlich längst fertig, weil Joe nicht so viel gehört hatte wie sie. Wenn Joe gar nichts gehört hätte, wären sie dann jetzt hier?
»Lesen Sie jetzt alles noch einmal durch, und unterschreiben Sie bitte unten auf jeder Seite.« Ella gab ihr den Ausdruck ihrer Aussage. »Dann können Sie gehen.«
Lauren überflog die Seiten, unterschrieb sie und reichte sie zurück. »Und …«, sagte sie. Erzähl ihr, dass du ihn vielleicht kennst, sag es ihr! Glaubst du, es wird später einfacher? Aber die Worte wollten ihr nicht über die Lippen kommen.
»Ja?«
»Haben Sie den Kerl schon erwischt?«
»Ich wünschte es«, sagte Ella.
Lauren deutete auf den Computer. »Hatten Sie ihn bereits erfasst?«
»Wir haben sogar eine Reihe von Leuten mit diesem Namen gefunden.«
»Alle, äh, aus Sydney?«
»Oder woanders im Bundesstaat«, sagte die Detective.
Lauren dachte an Kristi. »Werden Sie seinen Namen in den Medien veröffentlichen?«
»Wir haben nicht die Absicht.« Ella betrachtete Lauren einen Augenblick. »Ich weiß, warum Sie fragen.«
Lauren spürte einen Adrenalinstoß.
»Ich habe gestern Abend gesehen, dass die Geschichte Ihnen ein bisschen zusetzte, deshalb wollen Sie wissen, was passiert, wann wir den Kerl haben werden.«
Lauren nickte und stand auf. »Hoffentlich bald.«
»Das hoffen wir auch«, sagte Ella.
Im Aufzug stand Lauren schweigend neben Joe, der mit dem Daumen den Knopf drückte. »Man sollte meinen, in einem neuen Gebäude wie diesem wären sie schneller.«
Sie fühlte sich schwach vor Angst und Schuldgefühlen.
Sie war im Haus, ehe Joe weggefahren war. Ihr tat alles weh vor Müdigkeit und Anspannung, und als sie Felise oben im Dachgeschoss herumtoben hörte, verzog sie das Gesicht. In der Küche holte sie ihre Arzneimittel aus dem Schrank. Sie nahm nicht gern Beruhigungsmittel, um schlafen zu können, weil sie immer so ein Wattegefühl hinterließen, aber heute hatte sie das Gefühl, dass ihr nichts anderes übrig blieb. Sie hatte eine weitere Nachtschicht vor sich, und den ganzen Tag wach im Bett zu liegen würde ihr nicht weiterhelfen. Sie wog die Tablettenschachtel in der Hand und wünschte, es gäbe einen Schalter, mit dem sie ihr Gehirn ausknipsen konnte.
»Hast du gesehen, was wir dir gemacht haben?« Kristi kam herein und riss die Kühlschranktür auf. »Auf dem Tisch.«
Es war ein Mosaik, das eine Art purpurnes Ohr vor einem himmelblauen Hintergrund darstellte. Daneben lag die Rechnung des Klempners für den neuen Boiler. Lauren betrachtete sie genauer und zuckte zusammen. Der Vermieter würde nicht eben erfreut sein.
»Das ist der neue Untersetzer für die Teekanne.« Kristi steckte eine große Flasche Wasser und drei Äpfel in ihren Arbeitsrucksack.
»Ein Mosaik von einem Ohr?«
»Es ist eine Milz.«
Lauren ließ eine Tablette herausspringen und schluckte sie ohne Wasser. »Toll.«
Kristi löffelte Taboulé in einen kleinen Behälter. »Wie war die Nacht?«
»Beschissen.«
»Beschissen, wie Nachtschichten eben sind, oder schlimmer?«
»Schlimmer.« Lauren ließ sich in einen Sessel fallen. »Ich war bei einer Messerstecherei. Der Mann ist gestorben.«
»O mein Gott.« Kristi ließ den Löffel fallen. »Wie ist es passiert?«
»Jemand ist auf der Straße einfach auf ihn zugegangen und hat ihn niedergestochen. Er war noch bei Bewusstsein, als wir eintrafen, wir haben ihn in den Rettungswagen geschafft, und ich habe ihn mit Flüssigkeit vollgepumpt, und dann hat er mir eine Nachricht für seine Frau aufgetragen.«
Kristi setzte sich neben sie und strich mit ihrer schwieligen Hand über Laurens Stirn. »Geht es dir gut?«
Es erinnerte Lauren daran, wie sie genau das Gleiche bei Kennedy getan hatte, und sie wandte den Blick ab. »Er wusste, dass er sterben würde. Er hat mir gesagt, wer ihn niedergestochen hat. Ich musste bei der Polizei eine Aussage darüber machen.«
Kristi machte große Augen. »Wahnsinn.«
»Nicht gerade das Wort, das ich benutzen würde.«
»Nein, aber hör zu. Du hast einen Mann sterben sehen, du hast seine letzten Worte
Weitere Kostenlose Bücher