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Ein Grausames Versprechen

Titel: Ein Grausames Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Howell
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verschränkten Armen neben ihr.
    »Wurde keine Waffe gefunden?«, fragte der Gerichtsmediziner.
    »Bisher nicht.« Ella konnte irgendwo ein Rad quietschen hören, was anzeigte, dass draußen im Korridor eine Bahre mit einer Leiche darauf vorbeigeschoben wurde.
    Julie Connolly vom Kriminaltechnischen Dienst stand auf einer Kiste, um mit ihrer Kamera über Tischhöhe zu sein. Kennedy war nackt, da man ihn im Krankenhaus entkleidet hatte, ehe alle Versuche, ihn zu retten, gescheitert waren und er für tot erklärt wurde. Der Mediziner hielt ein Lineal an die dunkel umrandete Wunde auf Kennedys linker Brustseite, und Julie machte ein paar Aufnahmen, dann beugte sich der Pathologe mit einem Vergrößerungsglas über die Stelle.
    »Die Ränder an beiden Enden der Wunde sind scharf, es handelt sich bei der Tatwaffe also wahrscheinlich um ein Messer mit doppelseitiger Klinge«, sagte er. »Man sieht auch eine leichte Quetschung um die Wunde herum, ein Hinweis darauf, dass das Heft des Messers an die Haut stieß.«
    Murray löste die verschränkten Arme und schrieb ein paar Punkte in sein Notizbuch. Julie knipste wieder drauflos, sie machte ein paar Nahaufnahmen, dann schob der Gerichtsmediziner eine Sonde in die Wunde und maß die Tiefe. Schließlich griff er zu einem Skalpell. »Ich schneide die Wunde heraus und konserviere sie. Dann können wir vergleichen, wenn Sie eine Waffe finden.«
    Er hob das Stück Fleisch mit einer Pinzette von Kennedys Brust und warf es in ein Glas Formalin.
    Ella hörte das Rad wieder und blickte zur Tür. Sie konnte das Ende der Rollbahre sehen und die nackten Füße einer jungen Frau mit lackierten Zehennägeln.
    Der Gerichtsmediziner durchtrennte Kennedys Rippen mit etwas, das wie eine Blechschere aussah, nur viel teurer. Kennedys Kopf wackelte jedes Mal ein wenig, wenn sich die Schneiden schlossen. Ella dachte wieder daran, was er zu der Sanitäterin gesagt hatte. Es war wirklich eine heroische Anstrengung gewesen. Er wusste sicher, dass die Information an die Polizei weitergeleitet wurde, und Ella empfand es als Glücksfall, diejenige zu sein, bei der sie ankam. Sie und Kennedy gehörten jetzt zu einem Team, und während der Mediziner dunkles Blut aus der Brusthöhle laufen ließ und die Flüssigkeit abmaß, gelobte sie lautlos, ihren Teil der Vereinbarung einzuhalten. Er hatte ihnen die entscheidende Information geliefert, dieses kleine Körnchen Gold, nach dem sie häufig so mühsam suchten, und von hier aus konnten sie alles wie ein Puzzle zusammensetzen. Diesen Thomas Werner aufspüren; herausfinden, warum er es getan hatte, und wie genau; beweisen, dass er dort oder wenigstens in der Nähe gewesen war; diesen Fall so wasserdicht machen, dass eine Verurteilung nur eine Frage der Zeit war.
    »Fünfzehnhundert Milliliter«, sagte der Gerichtsmediziner.
    »Ist das viel?«
    Der Mediziner nickte. »Wenn man bedenkt, dass er bei Bewusstsein war und am Tatort noch gesprochen hat.« Er schob die behandschuhte Hand in die Brustöffnung. »Aha. Hier ist die Wunde in der Lungenschlagader. Ein halber Zentimeter Durchmesser. Er hatte Glück, dass er nicht binnen weniger Minuten tot war.« Er trat zur Seite, damit Julie filmen konnte.
    Glück war nicht ganz das Wort, das Ella benutzt hätte.
    Draußen im Flur quietschte die Bahre wieder.
     
 
    Zurück in Parramatta versammelten sich die Detectives um vier Uhr nachmittags im Besprechungsraum der Mordkommission. Kuiper kam zu spät. Der Raum war stickig und roch nach Kaffeeatem. Ella taten der Rücken und die Beine weh, und ihre Augen brannten vor Schlafmangel. Sie saß mit verschränkten Armen da und tippte mit einem Fuß an das Schreibtischbein. Neben ihr schleckte Murray jedes Mal an seinem Daumen, wenn er eine Seite der Zeitung umblätterte.
    »Könntest du damit aufhören?«, entfuhr es ihr schließlich.
    Er blickte auf. »Womit?« Seine Unterlippe und der Daumen waren dunkel gefärbt von der Druckerschwärze.
    »Vergiss es«, sagte sie und schaute weg.
    Ihre Müdigkeit machte sie auch mutlos. Sie waren noch am Anfang, sie wusste es - ganz am Anfang -, aber schon hatte sie das Gefühl, als würde der goldene Topf, der ihnen scheinbar in den Schoß gefallen war, seinen Glanz verlieren. Eigentlich sollte sie Werner inzwischen hinter Schloss und Riegel haben, und Kuiper würde sie zu einer Besprechung mit Detective Inspector Bill Radtke, dem Oberhäuptling der Mordkommission, bitten und ihr mitteilen, dass sie auf Dauer in der Truppe blieb.

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