Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
Vom Netzwerk:
der Regierungszeit des Seligen hatte man das Papiergeld gerade gegen die Silbermünzen ausgetauscht). ›Wieso fünfzehntausend! Das ist ja Quatsch!‹ Die Engländer wollten zunächst Schienen legen, den Stein auf die Schienen heben und mit Dampf abschleppen; aber was hätte das gekostet? Eisenbahnen gab es damals bei uns noch nicht, nur die nach Zarskoje Selo war schon in Betrieb …«
    »Ach was, man hätte ihn zersägen können«, warf ich ein, zunehmend verdrossen; ich ärgerte mich inzwischen und genierte mich vor Werssilow: Aber der hörte mit sichtlichem Vergnügen zu. Ich begriff, daß auch er über die Anwesenheit meines Vermieters froh war, daß auch er das Zusammentreffen mit mir als peinlich empfand, ich sah es; ich weiß noch, daß ich über ihn gerührt war.
    »Jawohl, zersägen, jawohl, auf diese Idee sind sie damals auch gekommen, und zwar Montferrand. Der hat ja damals gerade die Isaaks-Kathedrale gebaut. ›Zersägen‹, hat er gesagt, ›und dann die Brocken wegschaffen.‹ Schön und gut, aber wie teuer kommt das?«
    »Überhaupt nicht teuer, einfach zersägen und wegschaffen.«
    »Aber erlauben Sie, dazu müßte man eine Maschine aufstellen, eine Dampfmaschine, und wohin mit den Brocken? Mit einem ganzen Berg? Zehntausend, hieß es, sollte das kosten, billiger ging’s nicht, zehn- oder zwölftausend.«
    »Hören Sie, Pjotr Ippolitowitsch, das ist doch Unsinn! Es war anders …« Aber in diesem Moment zwinkerte mir Werssilow verstohlen zu, und in diesem Zwinkern erkannte ich ein so taktvolles Mitgefühl, sogar Mitleid mit dem Erzähler, daß dieses Zeichen mir sehr gut gefiel und ich laut lachen mußte.
    »Eben, eben«, freute sich der Vermieter, der nichts bemerkt hatte und wie alle Geschichtenerzähler seiner Art schrecklich fürchtete, man könnte ihn durch Fragen aus dem Konzept bringen, »ausgerechnet in diesem Augenblick kommt ein Kleinbürger daher, noch jung an Jahren, und ein echter russischer Mensch, wissen Sie, mit Spitzbärtchen und in einem langschößigen Kaftan, vielleicht sogar ein wenig angeheitert … Übrigens, nein, nicht angeheitert. Der Kleinbürger steht also daneben, während sie miteinander beraten, die Engländer und Montferrand, und gerade da kam diese Persönlichkeit, die den Auftrag hatte, in seinem Wagen vorgefahren, die hört zu und ärgert sich: Sie beraten hin und sie beraten her und kommen doch zu nichts; plötzlich bemerkt sie in einiger Entfernung diesen Kleinbürger stehen und so hinterhältig vor sich hin lächeln, das heißt, nicht hinterhältig, sondern – da habe ich danebengegriffen, sondern irgendwie …«
    »Spöttisch«, soufflierte Werssilow behutsam.
    »Jawohl, spöttisch, das heißt ein wenig spöttisch, ein herzensgutes, russisches Lächeln, wissen Sie: Nun ja, und der Persönlichkeit war das natürlich überhaupt nicht recht: ›Und worauf wartest du, guter Mann? Wer bist du?‹ – ›Auf gar nichts‹, sagt er, ›ich sehe mir das Steinchen an, Euer Durchlaucht.‹ Eine Durchlaucht war es; möglicherweise sogar der Fürst Suworow, der italienische, Nachkomme des Feldmarschalls … Nein, es war übrigens nicht Suworow, schade, daß mir entfallen ist, wer es war, aber, wissen Sie, Durchlaucht oder nicht, ein kristallreiner russischer Mensch, ein echt russischer Typ, ein Patriot, ein feinfühliges russisches Herz; und die Durchlaucht kommen sofort dahinter: ›Willst du denn etwa den Stein wegschaffen: Warum grinst du denn?‹ – ›Über die Engländer am meisten, Euer Durchlaucht, daß sie einen ganz und gar unangemessenen Preis verlangen, weil der russische Geldsack prall ist und die zu Hause nichts zu beißen haben. Wenn Euer Durchlaucht hundert Rubelchen springen lassen – morgen, gegen Abend, ist das Steinchen weg.‹ Man stelle sich ein solches Angebot vor. Die Engländer möchten ihn am liebsten auf der Stelle auf den Mond schießen; der Montferrand lacht; und nur diese Durchlaucht, die mit dem russischen Herzen, befehlen: ›Man gebe ihm‹, sagen sie, ›die hundert Rubel auf die Hand. Wirst du‹, sagen sie, ›den Stein wirklich wegschaffen?‹ – ›Morgen, gegen Abend, werden wir’s haben, Euer Durchlaucht.‹ – ›Aber wie willst du das anstellen?‹ – ›Das ist, wenn Euer Durchlaucht es nicht übelnehmen, unser Geheimnis‹, sagt er, und, wissen Sie, in so einem echten Russisch. Das machte Eindruck: ›He, man gebe ihm alles, was er braucht!‹ Also blieb es dabei, und was glauben Sie, wie er es angestellt

Weitere Kostenlose Bücher