Ein guter Blick fürs Böse
fand Clowns schon immer furchteinflößend«, gestand Lizzie trotz meiner warnenden Blicke.
»Nur aus Interesse«, sagte Dunn in gefährlich ruhigem Ton zu ihr. »Gibt es sonst noch irgendetwas, von dem Sie vielleicht glauben, dass es uns nicht interessieren könnte? Irgendeine kleine Kleinigkeit?«
»Nein, ich denke nicht. Ich denke, ich habe alles gesagt«, antwortete Lizzie, doch ich meinte, ein Zögern bemerkt zu haben, nur für einen kurzen Sekundenbruchteil.
Dunn seufzte. »Wir werden zu einem späteren Zeitpunkt genauer auf Ihr Verhalten eingehen, Mrs. Ross«, sagte er. »Sie haben sich in eine offizielle Ermittlung eingemischt, und das ist, wie Sie ganz bestimmt wissen, eine sehr ernste Angelegenheit. Ob Sie die Arbeit der Polizei aktiv behindert haben oder nicht, steht noch nicht fest. Sollte sich herausstellen, dass dies der Fall ist, werden Sie feststellen, dass sie in großen Schwierigkeiten stecken. Allerdings …« Er hob die Hand, um meinem wie Lizzies Protest zuvorzukommen. »Allerdings haben die Ermittlungen Vorrang, und jemand muss diesen Ermittlungsagenten, diesen Jenkins, auf der Stelle vernehmen. Sie begeben sich besser nach Camden, Ross, und übernehmen das.«
»Jawohl, Sir.«
»Und ich komme besser mit«, sagte Lizzie katastrophalerweise.
Dunns Faust krachte mit solcher Vehemenz auf den Schreibtisch, dass die Papiere darauf einen Satz machten und ein Stift zu Boden rollte. »Nein! Nein, Mrs. Ross! Das werden Sie nicht! «
»Wegen des Französisch’«, erklärte Lizzie unbeirrt. »Ben spricht kein Französisch. Oder doch, Ben?«
»Französisch? Äh, nein …«, gestand ich.
»Dieser Jenkins ist ein Franzose?«, fragte Dunn ungläubig.
»Nein, Mr. Dunn.« Lizzie schüttelte den Kopf. »Aber er hat gesagt, dass seine Klientin eine französische Lady wäre, und er hat seine eigenen Dienste als Übersetzer angeboten, falls benötigt. Aber man kann ihm natürlich nicht vertrauen, sollte er eine Unterhaltung übersetzen, oder?« Lizzie wartete auf einen Einwand von Seiten Dunns, doch er starrte sie nur aus hervorquellenden Augen an. »Was ich denke …«, fuhr meine Frau schließlich eilig fort, »… ist, dass dieser Jenkins seine Klientin irgendwo ganz in der Nähe hat, und wenn er sie holt, falls die Polizei, am besten natürlich Ben, ihn besucht, dann wäre es nützlich, einen verlässlichen Übersetzer in der Nähe zu haben.«
»Sie sprechen also gut Französisch?«, fragte Dunn brüsk.
»Ja, ziemlich gut sogar«, lautete Lizzies selbstbewusste Antwort. »Ich hatte als Kind eine französische Gouvernante.«
Diese Antwort schien den Superintendent zu beeindrucken. Lizzie hatte ihm sichtlich Wind aus den Segeln genommen. Natürlich wusste er nicht, was ich wusste (weil Lizzie es mir erzählt hatte), dass nämlich die französische Gouvernante eine Frau von zweifelhaftem Ruf gewesen war, die Lizzies Elternhaus hatte verlassen müssen, weil sie sich mit Dr. Martins Brandy bis zur Besinnungslosigkeit betrunken hatte.
»Dann nehmen Sie Ihre Frau eben mit, Ross!« Dunn richtete seinen blutunterlaufenen Blick auf mich. »Ich will einen vollständigen Bericht, Inspector! Falls Jenkins seine Klientin hinzuzieht und sie eine Aussage macht, ganz egal, ob auf Englisch oder Französisch, achten Sie darauf, dass sie sie unterschreibt. Wenn Sie sie dazu bringen können, mit Ihnen zum Yard zu kommen, wäre das vielleicht sogar noch besser.«
»Jawohl, Sir!«, sagte ich. »Wir brechen sofort nach Camden auf. Wir nehmen eine Droschke.«
»Tun Sie das, meinetwegen auf Spesen«, sagte Dunn mürrisch.
Als Lizzie sein Büro verlassen hatte und ich im Begriff stand, ihr zu folgen, fügte er noch hinzu: »Wir sind noch nicht fertig miteinander wegen dieser Sache, Ross. Ich habe sie schon einmal ermahnt, Ihre Frau besser im Zaum zu halten!«
»Ich fürchte, ich … ich kann meine Frau nicht ›im Zaum halten‹, Sir. Nicht so, wie Sie sich das vorstellen. Aber ich werde dafür sorgen, dass sie begreift, welche großen Dummheiten sie immer wieder begeht und wie tollkühn ihre Handlungen sind.«
»Tatsächlich?«, erwiderte Dunn missmutig.
Meiner Meinung nach waren Lizzie und ich, wenn man alles bedachte, relativ wohlbehalten aus der Besprechung mit Dunn hervorgekommen. Es hätte mich nicht überrascht, wäre ich suspendiert worden. Falls unser Besuch bei Horatio Jenkins wichtige neue Hinweise ergab, umso besser. Dunn würde zwar immer noch wegen ihrer Eigenmächtigkeit murren, doch der Stachel
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