Ein guter Blick fürs Böse
versicherte ich ihm. »Ich wollte lediglich nach dem Mieter im ersten Stock fragen, Mr. Horatio Jenkins.«
Ein abschätziger Blick huschte über das Gesicht des Gemüsehändlers. »Er ist ein verdammter Spion!«
»Ein Spion?«, fragte ich verblüfft.
»Ja, ja, ein Spion, ein Informant! Er rennt mit jedem Gerücht zu den Behörden! In dem Land, in dem ich geboren wurde und meine Kindheit verbrachte, waren diese Leute überall, und jeder kannte sie!«
»Mr. Jenkins behauptet von sich, Privatdetektiv zu sein«, entgegnete ich.
»Ha!«, rief Weisz. »Was ist das anderes als ein Spion?«
»Haben Sie ihn heute schon gesehen?«, fragte ich, indem ich die sich anbahnende Diskussion über die Natur von Jenkins’ Aktivitäten im Keim erstickte.
»Nein. Aber es gibt einen separaten Eingang. Ich sehe nicht, wenn einer der Mieter kommt oder geht. Nur wenn ich draußen stehe.«
»Und Sie haben heute noch nicht draußen gestanden?«
»Das ist richtig. Es regnet«, sagte Weisz einfach. »Abgesehen davon sortieren wir heute die Kartoffeln. Wir kaufen auf dem Markt in großen Säcken und packen sie in kleinere oder legen sie lose auf dieses Tablett. Sie müssen kontrolliert werden, jede einzelne! Eine schlechte Kartoffel verdirbt den ganzen Rest, mit dem sie in Berührung kommt. Wenn Sie nach hinten in den Hof gehen, finden Sie meine Frau und meine Kinder beim Einsacken von Kartoffeln. Außerdem Karotten, denke ich.«
»Was denn, im Regen?«
»Sie können die Arbeit in einem Schuppen verrichten.«
Ich stellte eine letzte Frage. »Haben Sie vielleicht vor kurzem … vielleicht während Sie bei besserem Wetter hier draußen gestanden haben … haben Sie eine Lady kommen sehen, Besuch für Mr. Jenkins?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, ich bin ein vielbeschäftigter Mann. Außerdem gibt es unzählige Diebe. Wenn ich draußen stehe, muss ich meine Früchte und mein Gemüse im Auge behalten. Kleine Jungs stehlen Äpfel oder Orangen, genau wie ältere Ladies. Sie würden nicht für möglich halten, was ältere Ladies alles stehlen! Sie verbergen ihre Beute in ihren Umhängetüchern.«
Er machte ein bekümmertes Gesicht und sah mich an. »Wo ist die Polizei, wenn man sie braucht, frage ich!«
»Wir müssen uns um andere Dinge kümmern als um angebissene Äpfel, Mr. Weisz. Aber wenn Sie den Constable ansprechen, der auf dieser Straße Streife läuft, kann er ein Auge aufhalten. Ich danke Ihnen für Ihre Zeit, Sir.«
Ich kehrte zu Lizzie zurück, die ungeduldig auf mich wartete. »Hast du etwas erfahren?«, wollte sie wissen.
»Nichts. Mr. Weisz sieht oder hört nichts, das nicht sein Geschäft ist. Ich vermute, er kommt aus einem Land, wo es unklug ist, sich anders zu verhalten. Gehen wir nach oben und besuchen diesen Jenkins.«
Wir stiegen die schmutzigen Stufen hinauf und trafen vor Jenkins’ Tür ein. Sie war nicht ganz geschlossen. Ein nervöses Prickeln lief mir über den Rücken.
»Lizzie«, sagte ich. »Vielleicht ist es besser, wenn du unten wartest. Weisz lässt dich bestimmt im Laden warten, damit du nicht nass wirst.«
Doch Lizzie hatte die offene Tür bereits bemerkt. Sie drückte sich an mir vorbei und versetzte ihr einen leichten Stoß. Die Tür schwang auf.
Ich war bereits halb auf das vorbereitet, was wir sehen würden. Lizzie hingegen nicht. Sie stieß ein ersticktes Ächzen aus, und als ich mich zu ihr umdrehte, hatte sie eine Hand vor den Mund geschlagen.
»Geh nach unten!«, sagte ich scharf. Das war nicht der Augenblick, sich um eine geschockte Frau zu kümmern.
Ich hätte meine Frau besser kennen müssen. Sie nahm die Hand vom Mund. »Ganz bestimmt nicht!«, schnappte sie.
»Oh, schön, dann bleib halt, aber bleib hier stehen!« Ich deutete auf den Boden, wo sie stand. »Keinen Schritt in das Zimmer.«
Jenkins hatte früheren Besuch gehabt. Das kleine Zimmer war vollkommen durcheinander. Der Wäschekorb in der Ecke war umgestürzt, und alle möglichen Garderobenstücke – Jenkins’ Verkleidungen – lagen verstreut auf dem Boden. Der fleckige Samtvorhang, mit dem die gegenüberliegende Ecke abgetrennt gewesen war, lag heruntergerissen auf einem Haufen. Die Couch dahinter war hervorgezerrt worden, das Bettzeug beiseitegerissen und das Polster aufgeschlitzt. Glänzendes schwarzes Pferdehaar quoll aus den Schnitten. Selbst das Kissen war aufgeschlitzt worden, und Federn hatten sich wie Schnee über alles gelegt. Jede Schublade im Schreibtisch war herausgezogen, der Inhalt
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