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Ein guter Jahrgang-iO

Ein guter Jahrgang-iO

Titel: Ein guter Jahrgang-iO Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Mayle
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unter den Füßen verlierst und einen Hubschrauberlandeplatz einplanst, schau dir das da an. Sagt dir das was?«
    Charlie blickte von dem Scheckbuch hoch, tippte damit gegen seine freie Hand. »Kommt mir irgendwie bekannt vor, aber ich bin mir nicht sicher.« Er sah auf seine Uhr. »London ist eine Stunde im Rückstand, oder? Billy kennt sich auf dem Gebiet aus. Mal sehen, ob ich ihn erwische.«
    Christie sah ihm nach, als er ins Haus ging, mit einem Lächeln, das einfach nicht aus ihrem Gesicht verschwinden wollte, seit sie ihn kannte.
    »Ich bin froh, dass ihr beide euch gesucht und gefunden habt«, sagte Max. »Ich kenne Charlie seit zwanzig Jahren. Wir sind zusammen zur Schule gegangen. Er ist ein Schatz.«
    »Zum Anbeißen. Ist er immer so?«
    »Zum Anbeißen?« Max grinste. »Das kann ich nicht sagen, aber er ist noch immer der Alte - das ist einer der Gründe, warum ich ihn so gern mag. Du wirst viel Spaß in London haben.«
    Auf Christies Drängen hin begann Max, ihr die Sehenswürdigkeiten zu schildern, die sie sich seiner Ansicht nach unbedingt anschauen sollte, angefangen von der Kunst in der Tate Gallery und der National Portrait Gallery bis zum Shopping im Harvey-Nichols-Kaufhaus und auf dem Flohmarkt in der Portobello Road; er fügte einige wenige Dinge hinzu, die sie wie die Pest meiden sollte: die so genannten »Plastikpubs«, die überall in der Innenstadt wie Pilze aus dem Boden schossen und sich wie ein Ei dem anderen glichen, Piccadilly an einem Samstagabend und alles, was sich unter dem Deckmäntelchen eines Döner kebab verbarg. Er wollte gerade zu einigen absonderlichen Attraktionen in Soho übergehen, als Charlie kopfschüttelnd zurückkehrte.
    »Keine erfreulichen Nachrichten, leider. Seine Sekretärin teilte mir mit, er sei beim Golfspielen mit Gott - ich glaube, das ist der Spitzname des Weineinkäufers aus Connaught. Wie dem auch sei, er kommt erst morgen wieder ins Büro.« Er schob Max das Scheckheft zu. »So, und nun zum heutigen Abend. Ich habe keine Lust, wie der Besucher von einem fremden Stern auszusehen. Was trägt man hier so? Ich möchte mich nahtlos in die heimische Kleiderordnung einfügen.«
    Max musterte ihn: zerknitterte Hosen aus Flanell mit Wintergewicht, schwarze Stadtschuhe, blau-weiß gestreiftes Jermyn-Street-Hemd mit geöffnetem Kragen, ein breites, gerötetes Gesicht; von Kopf bis Fuß ganz entschieden und unverkennbar englisch. Sogar seine Haare waren typisch englisch. »Du hast nicht zufällig eine Baskenmütze im Gepäck? Das wäre unter Umständen eine Hilfe.«

 
SIEBZEHN
     
    Im Zuge einer Entdeckungsreise, die ihn in die entlegenen Winkel des Weinkellers geführt hatte, war Max auf eine Flasche alten, erlesenen Champagner gestoßen, die er zur Feier von Charlies Ankunft beiseite gelegt hatte. Nun staubte er die Flasche ab, bevor er sie, in Ermangelung eines Besseren, in einen Plastik-Putzeimer von Madame Passepartout stellte, den er mit Eiswürfeln gefüllt hatte. Der Kontrast zwischen dem biederen Blau des Eimers und der dunklen, nüchternen Eleganz der Flasche war zwar augenfällig, doch Hauptsache, der Champagner blieb kühl. Max bettete die Flasche in ihr Nest aus Eis und drehte den langen, schlanken Hals zwischen den Händen.
    Obwohl er noch viel lernen musste, entdeckte er immer wieder aufs Neue, wie sehr er die kleinen Freuden genoss, die mit dem Wein und seinen verschiedenen Ritualen verbunden waren - Freuden, die er im Verlauf seines Lebens in London aus Zeitmangel nie richtig zu schätzen gewusst hatte. Dort war der Wein entweder gut oder enttäuschend, billig oder teuer gewesen, ohne seine eigene Geschichte, nichts weiter als ein Getränk von vielen, das in Bars und Restaurants mit unpersönlicher Effizienz serviert wurde. Das sollte sich ändern. Hier würde er in die Herstellung eingebunden sein, von der Traube bis zur Flasche, und darauf freute er sich unbändig. Er würde im Schweiße seines Angesichts alle anfallenden Arbeiten verrichten. Und wie Charlie jedes Mal zu sagen pflegte, wenn er seine Nase in ein Glas steckte: Der Weinanbau war keine niedere Tätigkeit, sondern eine Berufung auf allerhöchster Ebene.
    »Na? Was sagst du nun?« Charlie stand im Hof, breitete die Arme aus und wartete auf Kommentare. Seine Haare waren noch nass von der Dusche und glatt zurückgekämmt; er trug eine weiße Baumwollhose und ein kurzärmeliges Hemd, das mit giftgrünen Cannabisgewächsen bedruckt war. »Ein Schnäppchen, habe ich letztes Jahr auf

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