Ein guter Mann: Roman (German Edition)
großen Geheimdienst-Mufti. Hier sind deine Klamotten. Und du hast noch eine P226 von uns. Zieh dich um. Das kann heiß werden. Eigentlich hoffe ich das sogar.« Er grinste.
»Hattest du die Waffe echt vergessen?«, fragte Müller irritiert.
»Natürlich nicht. Aber du gehst ja nicht in die nächste Sparkasse damit.«
»Komm rein, ich zieh mich um. Dann können wir.«
Offensichtlich war Schneider vom Anblick der Einraumwohnung irritiert. Er blieb in dem winzigen Vorraum stehen.
»Das Übliche«, erklärte Müller. »Scheidung, Trennung von der Familie, vorübergehende Behausung, ein mieses Gefühl. Kein Zuhause. Das hier ist erst ein paar Tage alt. Aber setzen kannst du dich trotzdem.«
»Ich habe eine Frage«, sagte der Polizist und setzte sich auf den rosafarbenen Sessel. »Du musst sie nicht beantworten. Es ist auch nur eine Vermutung von mir. Ich meine, ich lese Zeitung, jeden Tag zwei. Und ich denke, dass die Öffentlichkeit verarscht wird. Wir suchen gar nicht nach terroristischen Muslimen, wir suchen jemanden, der die Furcht vor diesen Leuten ausnutzt.« Dann wurde er leicht verlegen, wiegte sich in dem Sessel hin und her und setzte hinzu: »Nur eine Idee.«
Müller nickte. »Du hast wahrscheinlich Recht. Aber erkläre mir mal, wie du darauf kommst.«
»Wir suchen nach Russen, nach Bulgaren, nach Georgiern. Es muss eine Gruppe sein, die sehr verdeckt lebt, die es eigentlich nicht gibt. Da frage ich mich, was solche Leute mit der Explosion einer schmutzigen Bombe zu tun haben können. Da kommst du in die Gruppe, und du bist BND. Und dann passt gar nichts mehr zusammen. Also habe ich die Frage, wer denn diese Schweinerei mit der Bombe angerichtet hat. Versteh mich nicht falsch, aber …«
»Du hast Recht«, nickte Müller. »Es ist mit großer Sicherheit ein mieses politisches Spielchen. Ich werde dir eines Tages die ganze Geschichte erzählen. Und die wird nicht in Zeitungen stehen. Die Gruppe, die wir gleich kennen lernen, ist beinhart und wird sich auf gar nichts einlassen. Du musst deinen Leuten sagen, dass es sehr heftig werden kann.« Er stieg in die Hose, dann in die Kampfstiefel. Schließlich kam die schusssichere Weste. »Arbeiten wir allein?«
Schneider nickte. »Das Haus ist Kastanienallee Nummer achtundzwanzig. Der Bau hat ein leer stehendes Hinterhaus. Es gibt einen Torbogen mit einer Durchfahrt dorthin. Das Haus selbst steht leer, weil es saniert werden soll. Wir haben uns die Sache angeguckt, wir gehen nicht von der Kastanienallee aus in den Einsatz, sondern von hinten. Auf der Parallelstraße zur Kastanienallee gibt es eine Durchfahrt, die in einen Garagenhof mündet. Wir können über die Garagen kommen, dann sehen sie uns aus dem Hinterhaus nicht. Da gibt es keine Fenster. Wir machen die Schlange. Das heißt, wir gehen einer hinter dem anderen in drei Gruppen in das Haus, zeitlicher Abstand etwa zwei Minuten. Diese Leute sitzen im dritten Stock, weil dort noch Reste von Inneneinrichtung vorhanden sind. Den Strom klauen sie mit einer langen Strippe aus dem vorderen Haus. Da brauchen wir nur die Leitung durchzuschneiden.«
»Wie lange sind die Leute schon in dem Bau?«
»Angeblich drei Wochen. Im zeitlichen Zusammenhang mit dem Raub des radioaktiven Materials könnte das hinhauen.«
»Haben die das Haus gemietet, bis die Handwerker kommen?«
»Nein. Sie sind schwarz reingegangen.«
»Gibt es Keller?«
»Ja, natürlich. Eingeteilt in Verschläge aus Dachlatten. Sehr übersichtlich, kein Problem.«
»Stürmt ihr? Oder klopft ihr höflich an?«
»Wir stürmen.«
»Na gut. Dann also los.«
»Und noch etwas: Du bleibst hinten, so weit wie möglich.«
»Schon kapiert«, nickte Müller. »Und nimm die P226, die brauche ich nicht.«
»Die trägst du. Vorschrift. Und sag mir jetzt bitte, wie der Knabe aussieht, den du suchst.«
»Ein kleiner, schlanker, schwarzhaariger Typ aus Syrien, Name Achmed, Körpergröße einhundertachtundsechzig. Wenn er kapiert, dass wir ihn befreien, wird er dir um den Hals fallen. Ich bin eigentlich sein Freund.«
»Ach so, eine Liebesgeschichte.« Schneider grinste flüchtig.
»Könnte man so sagen«, sagte Müller. »Also, dann.«
Es war derselbe Bus, und am Steuer saß Schorsch.
»Guten Morgen«, sagte Müller und setzte sich hinter Schneider.
Sie lächelten alle freundlich, wirkten aber angespannt und trugen ihre Helme auf dem Schoß. Niemand sprach.
»Okay. Charlie ist hier bei uns, weil es immer noch um dasselbe Ziel geht. Wir suchen einen
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