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Ein gutes Herz (German Edition)

Ein gutes Herz (German Edition)

Titel: Ein gutes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon de Winter
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wurden Kohn und der Junge… Ach, was spielt es schon für eine Rolle… Behalt diesen Lichtblitz in deinem Buch. Das stimmt, de Winter. So ungefähr war es. Nicht ganz so, aber im Wesentlichen schon. Und jetzt noch mich als Engel mit rein.«
    »Ich wollte diesen Lichtblitz aber gerade rausnehmen. Dieser van der Ven ist ein bisschen meschugge.«
    »Was ist schon meschugge? Wie sagte Richard Feynman noch? Die Natur ist seltsam und absurd. Und ich – hörst du, Mister Möchtegern? –, ich bin nach wie vor Teil der Natur. Ein Teil, der für dich unsichtbar bleibt. Außer für diesen kurzen Moment. Dieses eine Mal. Dann gehe ich. Und komme nicht wieder.«
    »Ich hätte dich schon gern kennengelernt«, sagte de Winter.
    »Daraus wird nichts mehr, de Winter. Alles wird gut, Leon. Das ist eine ungewöhnliche Bemerkung aus meinem Mund, aber dort, wo ich bin, sagt man immer die Wahrheit…«
    De Winter war kurz so, als rieche er Zigarettenrauch und Alkoholdunst und fühle den massigen Körper van Goghs, und es schien, als klopften sie sich gegenseitig auf den Rücken, wie Männer es tun.
    Dann war van Gogh plötzlich verschwunden, wie ein Geist im Zeichentrickfilm. De Winter erwartete jetzt einen magischen Lichtblitz, doch nichts geschah. Van Gogh war gekommen und gegangen, ohne Hokuspokus.
    Als de Winter erwachte, notierte er gleich, was er gerade mit van Gogh erlebt hatte. Van Gogh, ein Engel? Im Zimmer hing immer noch ein Hauch von Zigarettenrauch und Alkoholdunst.

THEO
    Es spottete jeder Beschreibung, wohin er gelangte. Aber es lohnte sich, die passenden Worte dafür zu suchen.
    Es war Morgen, wann immer er es wollte. Meistens wollte er, dass es jener eine Morgen war. Nicht einfach nur jener Morgen, sondern »die verbesserte Version«, wie er es nannte. Ein Amsterdamer Novembermorgen. Trist, grau. Aber von überwältigender Schönheit, wie er jetzt fand. Er hatte sein Haus verlassen und fuhr zu seinem Produzenten, um ihm eine ernstzunehmende Montage seines Films über Pim Fortuyn zu zeigen. Auf dem Fahrrad, für immer. Der kühle Wind auf seinen Wangen. Grenzenlose Energie in den Beinen. Die Wolken so tief, dass man sie berühren konnte. Der Bartaffe wartete auf ihn, dort, an der Stelle, wo es passiert war, aber jetzt sah Theo ihn in seiner fixierten Hässlichkeit dastehen, und der Bartaffe konnte ihm nur nachstarren, ohne sich von der Stelle zu rühren und ohne ihm weh zu tun. Die verbesserte Version, hab ich doch gesagt, oder? Er radelte. Entspannt. Mit Schwung durch die frühmorgendlichen Straßen. Junge Mädchen in kurzen Röcken kamen ihm entgegen. Markthändler, die ihre Stände aufbauten, winkten ihm im Vorüberfahren zu. Der Duft von frischem Brot beim Bäcker. Das durchdringende Geräusch einer über eine Weiche rumpelnden Straßenbahn. Das Rattern eines Gitters, das bei einem Telefonladen hochgezogen wurde. Ein mit angespannt zitterndem Hinterteil scheißender Hund am Sarphatipark. Plattgefahrene Orangenschalen im Rinnstein. Ein überquellender Abfallbehälter mit surrenden Fliegen. Alles von überwältigender Schönheit – so war es.
    Und auch in der verbesserten Version begegnete er auf seiner Radtour immer dem Göttlichen Glatzkopf.
    Der Göttliche Glatzkopf saß auf einer Caféterrasse, blätterte in den Morgenzeitungen und knabberte an einem Croissant. Seine beiden kleinen Köter saßen jeweils auf ihrem eigenen Stuhl neben ihm.
    »He, Theo, schönen Tag!«, rief der Göttliche Glatzkopf ihm nach, während er eine Seite umschlug.
    Und Theo reckte den Daumen in die Höhe.
    Pim Fortuyn war sein Schutzengel gewesen, und darüber hatten sie sich ganz freundschaftlich und friedlich ausgesprochen. Fortuyn hatte versucht, ihn zu retten und zu beschützen, doch es war ihm nicht gelungen, Boujeris Hass zu bändigen, sosehr er auch sein liebevolles Licht erstrahlen ließ.
    Dennoch war alles zu einem guten Ende gekommen. In der verbesserten Version setzte Theo seinen Weg auf einem soliden Omarad fort, immer wieder aufs Neue. Er radelte und radelte, und jedes Mal füllte sich sein Herz mit so viel Empathie, so viel Bewunderung für das, was er sah, die Menschen in ihrer spontanen Güte, dass er davon überzeugt war, nicht nur diese Stadt, sondern alle Lebenden damit wärmen zu können. Während er für immer weiterradelte, war er angekommen.
    Ende

Nachwort zur deutschen Ausgabe
    In diesem Roman habe ich eine Collage aus »wirklichen« und fiktiven Personen gemacht. Mit »wirklich« meine ich: Es gibt in den

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