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Ein gutes Herz (German Edition)

Ein gutes Herz (German Edition)

Titel: Ein gutes Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon de Winter
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explodierte sein Herz. Hundertdreißig, hundertvierzig Schläge pro Minute?
    Das war doch nicht möglich! Undenkbar, dass Jimmy Davis mit Sonja Verstraete befreundet gewesen war, das war doch irrwitzig! Aber er hatte hier drei Fotos in der Hand, auf denen sie zusammen abgebildet waren. Ein Foto zeigte Sonja im dünnen Sommerkleid und Davis in Soutane in einem Klassenzimmer, vor einer schwarzen Schultafel, auf der mit Kreide Happy Easter! ¡Felices Pascuas! geschrieben stand. Ein zweites Foto zeigte die beiden wahrscheinlich auf einem Kindergartenfest, inmitten Dutzender Kinder im Alter von drei oder vier Jahren. Das dritte war ein Polaroidfoto. Ein unscharfes, ausgebleichtes Foto von einem tropischen Strand. Jimmy in Badehose, Sonja im Bikini. Jimmy machte eine Handbewegung, die man als ein »Nein, nicht, kein Foto« deuten konnte. Das Polaroidfoto eines Strandfotografen, der sein Geld mit Schnappschüssen von Touristen verdiente?
    Kohn hatte das Herz von Jimmy Davis bekommen, und heute hatte er sich bei dessen Familie dafür erkenntlich zeigen und diese Phase seines Lebens damit irgendwie abschließen wollen. Ihm wurde bewusst, dass dies kein Abschluss war, sondern ein Anfang. Er wusste nicht, was es zu bedeuten hatte, aber er spürte die lenkende Hand des verstorbenen Franziskaners. Jimmy war tot und zugleich quicklebendig. Über die Grenze des Lebens hinweg gab er ihm ein Zeichen. Wohin es ihn weisen würde, wusste Kohn noch nicht. Das Herz in seinem Brustkorb schlug wie wild.

5
    MO
    Im Namen Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen, des Ewigen, des Herrn aller Weltenbewohner, des Beschützers, des Schöpfers, des Vergelters, des Erhabenen, des Lebensspendenden, des Allesumfassenden, des Einen, des Liebevollen, des Sehers, des Ersten und des Letzten, des Wohltätigen, seid gegrüßt, Bruder Abu Khaled.
    Ich habe Eure Nachricht erhalten, und mein Herz singt vor Freude.
    Ich habe nie daran gezweifelt, dass der Moment, den Ihr mir angekündigt habt, kommen wird. Ich bin bereit, wie ich für alles bereit bin, was Mohammed, der Letzte Prophet, uns aufträgt. Der Kampf ist nicht leicht, und ich habe meine Aufgabe auch nie leichtgenommen. Auf meinem Weg zur Wahrheit habe ich mich von Anfang an mit dem Ernst und dem Ausmaß der uns erwartenden Aufgaben auseinandergesetzt und habe erkannt, dass unser Ziel nur zu erreichen ist, wenn wir zu jedem Opfer bereit sind. Diese Bereitschaft habe ich bewiesen, mit ganzer Hingabe, mit ganzem Einsatz.
    Als wir noch keine Möglichkeit für den Austausch von Nachrichten gefunden hatten, hat es Momente gegeben, da ich schwach war, das räume ich ein. Viele Tage sind seit jenem Novembertag 2004 vergangen, da ich zu sterben erwartete. Ich war darauf vorbereitet, von Allah, dem Erbarmer, dem Barmherzigen, geprüft zu werden. Jener Tag verlief anders, als ich es mir gewünscht hatte. Die Ungläubigen haben meinen Körper in einen Kerker geworfen, und dort verbringe ich nun die Jahre in völliger Einsamkeit.
    Als mich Eure erste Nachricht erreichte, bin ich vor Freude aufgesprungen. Auch an den Tagen, da ich an allem zweifelte und aus Scham vor Allah im Boden versinken wollte, habe ich nicht aufgehört zu hoffen, dass Ihr, Abu Khaled, eine Möglichkeit finden würdet, mit mir in Kontakt zu treten. Mit Allahs Hilfe ist alles möglich, das habt Ihr bewiesen.
    Ich bin zu allem, was Ihr organisiert habt, bereit. Natürlich würde ich gerne wissen, was Eure Pläne beinhalten, aber ich weiß, dass Ihr nicht enthüllen könnt, wie Ihr mich von meinen Ketten zu befreien gedenkt.
    Sowie meine Ketten gesprengt sind, werde ich mich den Ketten widmen, die die Ungläubigen unserer Ummah, unserer Gemeinschaft, angelegt haben. Mit Zähnen und Klauen, wie ich es schon einmal bewiesen habe, werde ich mich für die Befreiung der Gläubigen überall auf der Welt einsetzen. Das empfinde ich als meine heilige Aufgabe. Nur auf dem Weg, den Allah, der Erbarmer, der Barmherzige, uns im Heiligen Koran gewiesen hat, der auf einer Tafel im Paradies den Kosmos erleuchtet, kann sich der Mensch von der Lüge und dem Bösen befreien.
    Wir haben unzählige Widersacher, aber wir sind unbesiegbar, weil das Verlangen nach dem Tod uns unverletzlich macht. Seit jenem Novembertag bin ich bereit zu sterben. Ich habe keine Angst. Ich werde mich mit einem Lächeln auf den Lippen zum Schöpfer des Alls aufmachen. Er allein ist mein Herr, Ihm allein werde ich folgen und dienen. Bei Ihm allein finde ich meine Bestimmung.
    Ich sehne

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