Ein gutes Herz (German Edition)
mich nach den Gärten im Paradies, voller Trauben und Granatäpfel und Feigen und Honig. Jeder dort ist in Brokat und Seide gekleidet. Irdische Sünde gibt es dort nicht, und die Frauen umsorgen die Männer, und die Männer umsorgen die Frauen. Dort herrscht ewiges Grün. Immer liegt Tau auf dem grünsten Gras. Die Sonne scheint, wenn die Sonne scheinen soll, und wenn Nacht sein soll, funkeln die Sterne wie Diamanten. Die schönste Musik wird dort erklingen. Die liebsten Lippen werde ich dort finden. Meine Mutter wird mich dort erwarten.
Sie starb zwei Jahre, bevor ich den ungläubigen Narren tötete. Ich hätte ihn am Leben gelassen, wenn es nicht meine Pflicht gewesen wäre, den, der den Propheten beleidigt, zu töten. Ibn al-Mundhir hat gesagt: »Die Gelehrten sind sich darüber einig, dass die Strafe für die Beschimpfung des Propheten (Sallallahu alaihi wa sallam) der Tod ist.«
Ich bin ein Gläubiger. Wer als Gläubiger inmitten Ungläubiger lebt, die den Propheten beleidigen, und den Ungläubigen nicht tötet, ist ein Feigling und ein Lügner. Wer aufrichtig an den Weg des Propheten zu Allah glaubt, ist verpflichtet, den Lästerer mit dem Tod zu bestrafen.
Ich habe die Schriften von Ibn Taimiyya studiert, unserem bedeutendsten Denker über den Dschihad, den Heiligen Krieg. Nach der Zeitrechnung der Christen lebte er von 1263 bis 1328. Damals hatten die Invasionen der Mongolen die Landstriche der Muslime verwüstet. Die gleiche Verwüstung wird uns heute von den Christen und den Juden zugefügt. Nicht ohne Grund wurde Ibn Taimiyya Scheich al-Islam genannt, denn er konnte den Heiligen Koran vollständig aus dem Kopf zitieren.
Ibn Taimiyya wusste schon vor siebenhundert Jahren, was viele Gläubige heute entdecken: dass der blutige Kampf der einzige Weg zur Wahrheit ist. Ibn Taimiyya weckte den Zorn der dekadenten religiösen Führer in Kairo und wurde in der Zitadelle von Damaskus eingesperrt. Dort nahmen sie ihm seine Bücher, seine Schreibutensilien, ja sogar sein Exemplar des Heiligen Koran. Doch er trug Allahs Text in seinem Herzen und in seinem Kopf.
Ihr, verehrter Abu Khaled, seid Syrer, und Ihr seid zweifellos vertraut mit den Geschichten über den Tod Ibn Taimiyyas. Aber lasst mich dennoch erzählen, was am 22. Dhu l-qa’da des Jahres 728 beziehungsweise dem 27. September 1328 der Ungläubigen, geschah.
Als sich in Damaskus die Kunde vom Tod des Gläubigen und Jüngers des Propheten (Sallallahu alaihi wa sallam) verbreitete, legte jedermann die Arbeit nieder, mit der er gerade befasst war. Die Märkte leerten sich, die Läden im Basar wurden geschlossen, über die Verwaltungsgebäude senkte sich Stille, die Richter verließen ihre Sitze, und die Kranken hatten die Kraft, ihr Bett zu verlassen. Das gesamte Volk kam zum Gebet zusammen und zu Ibn Taimiyyas letztem Gang ins Grab und Aufbruch ins Paradies.
Kein Tag vergeht, ohne dass ich einige seiner Erkenntnisse zitiere, wie etwa diese: »Was können mir meine Feinde antun? Mein Paradies ist mein Herz; wohin ich auch gehe, es geht mit mir, es ist nicht von mir zu trennen. Für mich ist das Gefängnis ein Ort der religiösen Besinnung, die Hinrichtung ist eine Chance, zum Märtyrer zu werden, die Verbannung aus meiner Stadt ist eine Chance, auf Reisen zu gehen.«
Ibn Taimiyya ist in einem Kerker gestorben, aber er war nicht allein. Bei ihm waren die Suren des Koran und die überwältigende Gegenwart Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen, und dadurch war Ibn Taimiyya immun gegen die Peinigungen der Heuchler, die ihn gefangen hielten.
Wer glaubt, wird den Ungläubigen, der Allah und Seinen Propheten beleidigt, töten müssen – der Gläubige kann nicht anders. Der Gläubige ist ein Kämpfer, der Kämpfer ist ein Gläubiger, bis Allah, der Erbarmer, der Barmherzige, Seinen Gesandten schickt und die Welt von dem Bösen und dem Leid und dem Tod reinigt.
Seit wir Nachrichten austauschen, sind alle meine Tage voller Licht und Verheißung. Es ist unerheblich, ob Eure Pläne mich in Gefahr bringen; für mich gibt es keine Gefahr, da mich alles dem Paradies näher bringt, wo meine Mutter mich erwartet. Ich habe ihren Leidensweg miterlebt und hatte keine Worte für meine Ohnmacht, bis ich mich den gnädigen und barmherzigen Worten des Heiligen Koran öffnete. Ich konnte ihr Leiden und ihren Tod akzeptieren, als die Herrlichkeit Allahs, des Erbarmers, des Barmherzigen, die Finsternis aus meinem Herzen nahm und sie durch die strahlende Verheißung
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