Ein Hauch von Kirschblüten
den Rest deines Lebens eine Rolle spielen?“
„Das tue ich ständig, Jan. Ich
stehe in der Öffentlichkeit, repräsentiere die Company und hunderte andere
Firmen. Mein Privatleben geht niemanden etwas an.“
„Auch deinen Vater nicht?“
„Bitte, ich will mich nicht mit
dir streiten. Du bist viel zu müde, und mir tut noch immer alles weh. Ich freue
mich außerdem zu sehr, dich wiedergefunden zu haben. Lass uns den Augenblick
genießen. Die Probleme kommen früh genug.“
Jan nickte, obwohl er nicht Toms
Meinung war. Schon einmal hatte er den Fehler begangen, unbequeme Themen
totzuschweigen. Das würde ihm kein zweites Mal passieren. Allerdings war er
mittlerweile derartig müde, dass er kaum einen klaren Gedanken fassen konnte.
Wirklich keine gute Basis, um Grundsatzdiskussionen zu führen. Außerdem hatten
sie sich gerade erst wiedergefunden. Jan gab Tom recht. Er würde den Augenblick
genießen – zunächst.
Seine Gedanken wurden träger,
doch einer blieb hartnäckig: Sollten sie ein Paar werden – und dass sie etwas
füreinander empfanden stand außer Frage – würde Tom ihn dann verstecken oder zu
ihm stehen? Wie würde Jan damit umgehen, eine heimliche Affäre zu sein?
Wie im Rausch
Als sie Jans Wohnung betraten,
knurrte sein Magen lautstark. Inzwischen war es halb zwei, und er hatte seit
dem frühen Morgen nichts mehr gegessen. Das Frühstück hatte zudem aus einem
schlechten Krankenhauskaffee und einem Schokoriegel bestanden.
„Hast du auch Hunger?“, fragte er
Tom.
„Könnte man so sagen. Ich hab
mich geweigert, das, was man bei euch Mittagessen nennt, zu mir zu nehmen.“
„Du bist eine verwöhnte Diva.“
Jan grinste und ging in die Küche. Tom folgte ihm schweigend. Scheinbar hielt
er es nicht für nötig, diese Erkenntnis zu revidieren.
„Wow!“, hörte Jan ihn sagen. „Du
hast es sehr gemütlich.“
Tom stand in der Tür und sah sich
um. Jans Küche war der zweitgrößte Raum der Wohnung. Durch eine Theke war das
Zimmer optisch geteilt. Auf der einen Seite befand sich ein schwarzer, kantiger
Esstisch mit sechs Stühlen. Sie waren ebenfalls schwarz und mit Leder bezogen.
Eine flache Schale mit einer lilafarbenen Orchidee stand auf dem Tisch. Neben
der Tür zur Terrasse stand eine üppige Grünpflanze. Die Wände im Essbereich
hatte Jan mit alten Werbeschildern aus Blech dekoriert. Er mochte die biedere
Werbung von früher. Tom sah sich die Bilder interessiert an, schmunzelte
zwischendurch.
Auf der anderen Seite der Theke
befand sich die Küche, streng, funktionell und aus Edelstahl. Es war zwar eine
saumäßige Arbeit, die Fronten sauber zu halten und Jan hatte schon oft bereut,
sich für diese Verblendung entschieden zu haben, aber sie sah halt stylish aus.
Sein absoluter Liebling war der
Kaffeeautomat. Am vergangenen Montag hatte Holger ihn eingebaut, ein Profiteil.
Holger war Barista in einem kleinen Café um die Ecke. Dort frühstückte Jan oft.
So waren sie ins Gespräch gekommen und Freunde geworden. Mittlerweile kam er
recht gut mit dem Ding klar. Nach wenigen Augenblicken rannen die Kaffeebohnen
knirschend durch die Mühle. Jan sog den Geruch tief in seine Nase.
„Herrlich! Ich liebe den Duft von
frischem Kaffee. Möchtest du auch einen?“
„Gern! Aber solltest du nicht
lieber ins Bett gehen? Du siehst blass aus.“
Jan sah auf die Uhr. „Wenn ich
jetzt ins Bett gehe, bin ich spätestens um zwei Uhr nachts wach. Da kommt mein
Biorhythmus noch mehr durcheinander. Außerdem würde ich die Zeit lieber mit dir
verbringen.“
Tom war hinter ihn getreten. Jan
spürte dessen Körperwärme. Er drehte sich um und sah lächelnd in die
wunderschönen Augen. Ihn so dicht zu spüren, beschleunigte seinen Herzschlag.
„Ich bringe alles durcheinander“,
flüsterte Tom, und Jan bildete sich ein, dass dieser auf seine Lippen starrte.
Die begannen nämlich sehnsüchtig zu kribbeln.
„Das tust du seit einem halben
Jahr. Auf diesen einen Tag kommt es nicht mehr an.“
Es schien eine Ewigkeit zu dauern,
bis Toms Lippen endlich die seinen berührten. Jan krallte die Hände um die
Arbeitsplatte in seinem Rücken. Halt gab sie ihm nicht. Er hatte das Gefühl zu
schweben. Eine warme, schlanke Hand legte sich in seinen Nacken, kraulte die
weiche Haut und sein Haar. Die Gier von Toms Zunge nahm zu und Jan gab sich dem
wilden Spiel hin. Selbst ein Kuss von Tom war überwältigend. Jan spürte
Verlangen in seine Lenden schießen. Trotz der Erschöpfung blühte sein Körper
auf.
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