Ein Hauch von Kirschblüten
stieß mit dem
Glas gegen das seine und grinste. Das schien er immer zu tun – eine wahre
Frohnatur.
Katja ließ ihn nicht so schnell
wieder los. „Ich freu mich, dass wir uns endlich mal treffen“, flüsterte sie
ihm ins Ohr. „Ich hab dich schon fast für ein Hirngespinst gehalten.“
„Es tut mir wirklich leid, dass
ich zu eurem Abendessen nicht kommen konnte.“
„Ist schon gut. Jan hat mir
erzählt, was los war.“
„Und herzlichen Glückwunsch auch
von mir.“
Katja schmiegte sich an Sörens
Brust und strahlte übers ganze Gesicht.
Für ein paar Augenblicke
herrschte Schweigen. Tom leerte sein Glas. Der Whiskey war ausgezeichnet.
Wirklich ein edler Tropfen.
„Dann werde ich mal meine Sachen
aus dem Auto holen.“
„Ich komme mit“, sagte Harald.
„Sonst muss ich noch in die Küche.“
Das Weihnachtsgeschenk
Jan schlurfte lustlos die Straße
entlang. Er hatte die Mütze tief in die Stirn gezogen und den Schal zweimal um
den Hals gewickelt. Dennoch kroch die Kälte in jeden Winkel seines Köpers. Auch
die Schneeballschlacht mit Bella hatte ihn nicht aufgewärmt. Sie rannte
quietschvergnügt neben ihm her, immer die Straße rauf und runter. Vermutlich
hatte sie die dreifache Strecke hinter sich.
Jan reichte es. Er wollte ins
Warme und den Frust in der Feuerzangenbowle ertränken. Vielleicht würde die ihn
aufwärmen?
Bella bellte lautstark.
„Ich komm ja schon. Nun krieg
dich mal wieder ein.“ Er nahm eine Handvoll Schnee, formte eine Kugel und warf
sie nach dem Hund. Der fing sie im Flug auf. Überrascht blieb Jan stehen. Vor
dem Haus seiner Eltern stand ein Wagen.
„So ein Depp. Mitten in der
Einfahrt. Na, das gibt Ärger.“
Kopfschüttelnd klopfte er den
Schnee von den Stiefeln und holte noch einmal tief Luft. Sie biss in seine
Lungen, so kalt war es. Na dann! Immer schön lächeln. Sie können auch nichts
dafür, dass es schneit.
Jan öffnete die Haustür und Bella
fegte an ihm vorbei. „Mist! Bella, zurück!“ Die Spur ihrer nassen Pfoten führte
direkt ins Wohnzimmer. Er rannte ihr nach und blieb wie angewurzelt in der Tür
stehen. Ihm bot sich ein Bild, das nur seinen Träumen entsprungen sein musste.
Da, mitten im Wohnzimmer seiner Eltern, kniete Tom und kraulte Bella hinterm
Ohr. „Na, du Schöne. Hast du Jan gut heimgebracht?“
Jan stand regungslos im
Türrahmen. Er musste ein groteskes Bild abgeben. Ihm stand der Mund offen und
er blinzelte immer wieder, doch das Trugbild verschwand nicht. Und jetzt stand
dieser Traum-Tom auch noch auf und kam auf ihn zu. Sogar der typischer Geruch
aus Aftershave und Tom wehte ihm entgegen. „Ich glaub es nicht“, hörte er sich
flüstern.
Erst Toms Umarmung löste die
Starre. Jan schlang die Arme um ihn, drückte ihn fest an sich und sog dessen
Duft in die Nase. „Du bist es wirklich“, seufzte er an Toms Hals. Am liebsten
hätte er ihn geküsst, aber Tom kostete es im Beisein seiner Eltern bestimmt
schon Überwindung, ihn zu umarmen. Noch während Jan das dachte, spürte er Toms
Lippen an seinem Hals. Sie wanderten zum Kinn hinauf und fanden schließlich
seinen Mund. Der Kuss war kurz, hart und unglaublich süß. Er hatte diesen
Geschmack so lange entbehren müssen.
Als sie sich voneinander lösten,
war es Jan, der verschämt zu seinen Eltern blickte. Er hatte noch nie in ihrer
Gegenwart einen Mann geküsst. Es zu wissen war sicher etwas anderes, als es mit
eigenen Augen sehen zu müssen. Doch sie lächelten beide und freuten sich
sichtlich für ihn.
„Na, Sohnemann, ist die Welt
wieder in Ordnung?“
Jan bekam rote Ohren. Wie
peinlich war das denn? „Hör nicht auf ihn“, verteidigte er sich. „So schlimm
war ich gar nicht.“
„Pah“, kam ein belustigter Laut
von seinem Vater. „Da die Familie jetzt endlich komplett ist, können wir ja zum
gemütlichen Teil übergehen und essen.“
Jan ging erstmal in den Flur
zurück, um sich auszuziehen und irgendwie seinen Herzschlag zu bändigen. Er zog
Tom mit sich. Die Jacke hing noch keine Sekunde am Haken, da lag er schon
wieder in den Armen seines Liebsten. Mann, war das schön!
„Dann gehört der Wagen in der
Einfahrt dir?“
Tom nickte. „Niemand konnte mir
sagen, wann der nächste Flug geht. Da habe ich das Auto gemietet und bin zu dir
gefahren.“
„Du bist verrückt. Du musst doch
völlig fertig sein?“
„Das Essen halte ich noch durch.
Ich bin bei dir, alles andere ist egal.“
Ob Tom eine Ahnung hatte, wie
viel ihm diese Worte bedeuteten? Vermutlich!
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