Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hauch von Kirschblüten

Ein Hauch von Kirschblüten

Titel: Ein Hauch von Kirschblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Marcuse
Vom Netzwerk:
einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd. Sein Haar war
einen Tick länger und begann sich leicht zu wellen. Ein Dreitagebart umspielte
das markante Kinn und dunkle Schatten lagen unter den Augen. Er sah erschöpft
aus. Kein Wunder! Er hatte für die tausend Kilometer sechzehn Stunden
gebraucht.
    Tom schien seinen Blick zu
spüren. Er drehte den Kopf leicht und sah ihn fragend an.
    „Du siehst müde aus.“
    „Geht schon. Mach dir mal keine
Sorgen. Ich akquiriere gerade einen neuen Kunden.“
    Jan konnte tatsächlich
schmunzeln. „Der Kerl schaltet nicht einmal an Heiligabend ab. Dafür machst du
meinem Vater hoffentlich einen guten Preis?“
    „Ich würde mich unter Umständen
in Naturalien bezahlen lassen. Harald, ich gebe deinem Hotel ein neues Gesicht
und will dafür deinen Erstgeborenen. Ist das ein Deal?“
    Alle lachten, bis auf Jan. Dem
klappte der Unterkiefer runter. Nie im Leben hätte er gedacht, dass Tom so
ungezwungen und freizügig mit ihrer Beziehung umgehen konnte. So sehr er sich
auch gewünscht hatte, mit Tom die Feiertage hier zu verbringen, so sehr hatte
ihm auch davor gegraust. Dass Tom auf Distanz ging, keine Berührung zulassen
würde, nicht einmal verliebte Blicke, damit hatte er gerechnet. Aber nicht
damit, dass er sich zu ihm beugte, ihn sanft küsste und sagte: „Jetzt gehörst
du mir. Verkauft für eine Werbekampagne. Zuschlag Tom Richter.“
    „Du kannst nicht echt sein. Mein
Tom wäre nie so ... so ...“
    „Glücklich?“ Unvermittelt wurde
Tom ernst und sah seine Eltern an. „Ich weiß nicht, wie viel Jan euch erzählt
hat, aber niemand in meinem Umfeld weiß, dass ich einen Mann liebe. Bei euch
sein zu können und mich nicht verstecken zu müssen, fühlt sich unglaublich gut
an. Ich danke euch, dass ihr mich so herzlich aufgenommen habt.“

Tom
     
    Auf Toms Gesicht breitete sich
ein Lächeln aus. Sobald sein Bewusstsein aus dem Schlaf in die Realität glitt,
spürte er den warmen Körper an seiner Seite und wusste, er war daheim.
Vorsichtig, um ihn nicht aufzuwecken, nahm er Jan fester in die Arme. Wie
wunderbar er sich anfühlte.
    Tom öffnete die Augen nicht. Er
wollte noch ein wenig träumen, sich jeden Tag in Erinnerung rufen, den er nun
schon mit diesem Mann hatte verbringen dürfen.
    Dachte er an die Jazz Bar in
Tokio, schlug ihm jedes Mal das Herz höher. Jans Blick, als sie sich das erste
Mal ansahen, hatte sich ihm ins Hirn und ins Herz gebrannt. Das war ein irres Gefühl
gewesen – das erste seit Tagen, was er wahrgenommen hatte.
    Tom wollte nicht an die Zeit
vorher denken, versuchte das Gespräch mit seinem Vater in den hintersten Winkel
seines Bewusstseins zu verbannen, aber es funktionierte nicht – nie. Wie ein
Film, der sich in seinem Geist abspielte, sah er alles vor sich.
     
    „Sohn, ich muss dich sprechen.“
    „Was gibt es denn?“
    „Ich habe im Kalender gesehen,
dass du kommende Woche nicht da bist. Wo treibst du dich schon wieder rum?“
    „Ich habe dir erzählt, dass ich
nach Japan fliege.“
    „Haben wir dort einen Auftrag?“
    „Nein! Es ist eine Privatreise.“
    „Privat? Die Richters haben kein
Privatleben. Wir leben für die Firma. Was habe ich falsch gemacht, dass du eine
solche Enttäuschung geworden bist?“
    Tom straffte unmerklich den
Rücken. Er kannte diese Reden seines Vaters zu genüge. Ihm war jedoch
schleierhaft, warum es ihn nach all den Jahren noch immer traf. Tief in seinem
Inneren hasste er diesen Mann und strebte doch nach dessen Anerkennung, dessen Liebe.
    „Ich habe eine Stelle
ausgeschrieben. Am Mittwoch finden zwei Bewerbungsgespräche statt. Ich erwarte,
dass du anwesend bist.“
    „Wieso weiß ich als Vizechef
nichts von einer Stellenausschreibung? Wir haben genug Personal. Es gibt keine
freie Stelle.“
    „Ich habe diesen Perversen
rausgeschmissen.“ Zum ersten Mal, seit Tom im Büro seines Vaters stand, hob
dieser den Kopf und sah ihn an. Abscheu stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Hast du gewusst, dass Junkers schwul ist? Krank ist das, widerlich.“
    Tom musste ebenfalls Entsetzen im
Gesicht gestanden haben, denn sein Vater nickte knapp, hielt seine Miene
offensichtlich für Zustimmung, und sah wieder in die Akte auf dem Schreibtisch.
    „Junkers ist einer der besten
Webdesigner, die wir je hatten. Seit wann interessiert dich das Privatleben
deiner Angestellten? Es geht dich absolut nichts an, mit wem er schläft.“
    Im Blick seines Vaters stand nun
purer Ekel. „VRC hat einen Ruf zu verteidigen. Wir

Weitere Kostenlose Bücher