Ein Hauch von Schmerz: Erotischer Roman (German Edition)
bringen, sein Tempo zu akzeptieren, seine Art, an die Sache heranzugehen.
Steve war dabei, die Blitzlichtboxen anzuordnen. Sharon assistierte ihm, wirkte dabei ungewohnt still und hielt von dem Bett respektvoll Abstand. Solche Berührungsängste hatte er an ihr noch nicht beobachtet.
Das Bett dominierte den Raum und wirkte schon für sich allein sehr erotisch, da es so prachtvoll gearbeitet war. Das Bettgestell war aus edlem, dunkel glänzendem Holz. Das Kopfteil hatte die Form eines Prangers und war auch als solcher gedacht. Ein Fußteil gab es nicht, so dass man von dieser Seite freien Zugang hatte. An den beiden unteren Ecken waren stehende Balken angebracht, an denen in regelmäßigen Abständen längenverstellbare Ketten befestigt waren. An den Seiten waren ebenfalls Fesselungsmöglichkeiten vorgesehen. Die Matratze war mit schwarzem Leder bezogen.
Jonas ging rüber in die Folterkammer und holte alles, was er an Zubehör brauchen würde. Er legte die Sachen auf einen Stuhl, der weit genug vom Bett weg stand, um nachher nicht mit auf die Fotos zu kommen.
»Ich schlage vor, dass wir Carly vor dem Reinkommen die Augen verbinden«, sagte Steve. »Sie sollte das Bett erst sehen, wenn sie schon einigermaßen erregt ist.«
»Gute Idee.« Jonas holte auch noch eine Augenbinde und gab sie Sharon. »Leg sie ihr bitte an, bevor du sie reinführst.«
»Okay«, sagte Sharon. »Ich fahr dann mal los.«
Als sie fort war, wandte sich Jonas an Steve. »Ist irgendetwas mit ihr? Sie wirkt so scheu. So kenne ich sie gar nicht.«
»Dir ist es also auch aufgefallen.« Steve rückte eine Box zurecht. »Seit ein paar Tagen ist sie so. Ich habe überlegt, ob es eventuell mit der Klarinette zusammenhängen könnte. Vielleicht weckt das Instrument Jugenderinnerungen, die sie nun beschäftigen. Vielleicht sind es aber auch die normalen Stimmungsschwankungen, mit denen man bei Frauen immer rechnen muss.«
Auch bei Carly , dachte Jonas und verspürte plötzlich das dringende Bedürfnis, mit ihr zu sprechen, um sicherzugehen, dass sie nicht gerade in die falsche Richtung schwenkte.
• • •
»Ist das normal?«
»Nein, das ist nicht normal.«
»Willst du es denn?«
»Woher soll ich wissen, was ich will? Ich bin verrückt nach ihm, komme um vor Verlangen, vor Lust – und vor Lampenfieber. Verdammt!«
»Jetzt mal im Ernst, wieso hast du dich auf den Quark eingelassen?«
»Ach Gott, das kam alles so plötzlich. Ich dachte … ich wollte … ich … pah, nun setz mich doch nicht unter Druck.«
So ging das schon den ganzen Morgen. Bei allem, was sie tat, führte Carly Selbstgespräche, endlose Dialoge zwischen ihrer Vernunft, ihrer Unsicherheit, ihrer Sehnsucht und noch einigen anderen Komponenten ihrer Persönlichkeit, die auch mal zu Wort kommen wollten.
»So, das reicht«, sprach sie schließlich ein Machtwort. Sie hielt mitten im Geschirrspülen inne und pfefferte eine Tasse so heftig ins Wasser zurück, dass der Schaum bis zu ihrer Nase hochspritzte. »Ihr haltet jetzt alle die Klappe!«
Betretenes Schweigen. Sie musste lachen, weil sie sich selbst angemotzt hatte und sich nun auch selbst beleidigt anschwieg. Sehr souverän.
Sie trocknete die Hände am Geschirrtuch ab und ging ins Schlafzimmer, wo ihr Handy auf dem Nachttisch lag. Bevor sie Jonas’ Nummer wählte, probte sie kurz, wie sie ihre Absage am besten formulieren würde.
»Hör mal, ich habe es mir anders überlegt. Ich kann das nicht. Beim ersten Shooting wusste ich noch nicht, worauf ich mich einlasse, und plötzlich war da diese Lust und … ich habe die Kontrolle verloren. Das will ich nicht noch mal erleben. Nicht bei etwas, das mir so wichtig ist wie die Beziehung zu dir. Ich will, dass wir einfach ein Paar sind. Gern mal etwas experimentell, auch gern mal ein bisschen in Richtung SM , alles kein Problem. Aber wenn du mich zähmen willst, dann nicht in Steve Kendalls Studio, sondern in unserer eigenen Welt. Ich weiß, dass das Studio auch ein Teil deiner Welt ist«, nahm sie gleich das Argument voraus, das sie von ihm erwartete, »aber ich …« Oh, Faden verloren.
Sie starrte das Handy an, hoffte, Jonas würde anrufen und absagen, damit nicht sie diejenige war, die alles verdarb. Damit sie großmütig sagen konnte: »Das verstehe ich, ist überhaupt kein Problem. Wir drücken den Reset-Knopf und fangen von vorn an.«
Ob sie zuerst mit April sprechen sollte? Aber war eine Frau, die sich zu einem Gangbang hinreißen ließ, in diesem Moment die richtige
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