Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
Vom Netzwerk:
verletzte Linke, die ich fest eingewickelt hatte, über seinen Kopf, ließ sie los und griff nach der anderen.
    Seine rechte Hand litt schon länger an einem Zustand, die sich Dupuytren’sche Kontraktur nannte – oder zumindest so genannt werden würde , sobald Baron Dupuytren in sechzig oder siebzig Jahren dazu kam, ihn zu beschreiben. Verursacht durch eine Verdickung und Verkürzung der Faserschicht, die die Sehnen der Hand an Ort und Stelle hielt, wenn sich die Finger krümmten, zog es den Ringfinger immer stärker auf die Handfläche zu. In fortgeschrittenen Fällen wurden auch der kleine Finger und manchmal der Mittelfinger in Mitleidenschaft gezogen. Tom Christies Fall war um einiges fortgeschritten, seit ich zum letzten Mal die Gelegenheit gehabt hatte, seine Hand etwas genauer zu untersuchen.
    »Habe ich es Euch nicht gesagt?«, fragte ich rein rhetorisch und zog sanft an den klauenartigen Fingern. Der Mittelfinger ließ sich immer noch zur Hälfte gerade biegen; Ring- und kleiner Finger ließen sich kaum noch von der Handfläche lösen. »Ich habe doch gesagt, dass es schlimmer werden würde. Kein Wunder, dass Euch das Messer abgerutscht ist – es überrascht mich, dass Ihr es überhaupt festhalten konntet.
    Eine leichte Röte erschien unter seinem kurzen melierten Bart, und er wandte den Blick ab.
    »Ich hätte es vor Monaten mühelos richten können«, sagte ich und drehte
seine Hand um, um den Winkel der Kontraktur kritisch zu betrachten. »Es wäre ein Leichtes gewesen. Jetzt wird es um einiges komplizierter werden – aber ich kann es immer noch korrigieren, glaube ich.«
    Wäre er ein weniger sturer Mensch gewesen, hätte ich gesagt, dass er sich vor Verlegenheit wand. So jedoch zuckte er lediglich schwach, und die Röte in seinem Gesicht nahm zu.
    »Ich – ich wünsche nicht -«
    »Es ist mir verdammt gleichgültig, was Ihr wünscht«, sagte ich zu ihm und legte ihm die Klauenhand wieder in den Schoß. »Wenn Ihr mir nicht erlaubt, diese Hand zu operieren, wird sie innerhalb von sechs Monaten so gut wie nicht mehr zu gebrauchen sein. Ihr könnt doch jetzt schon kaum noch damit schreiben, oder?«
    Sein Blick traf den meinen, tiefgrau und erschrocken.
    »Ich kann schreiben«, sagte er, doch ich konnte sehen, dass sich hinter der Kampflust in seiner Stimme tiefe Beklommenheit verbarg. Tom Christie war ein gebildeter Mann, ein Gelehrter und der Schulmeister von Fraser’s Ridge. Er war es, zu dem viele der Menschen hier gingen, wenn sie Hilfe beim Verfassen von Briefen oder rechtlichen Dokumenten brauchten. Darauf war er sehr stolz; ich wusste, dass die Drohung des Verlustes dieser Fähigkeit mein bester Ansatz war – und es war keine leere Drohung.
    »Nicht mehr lange«, sagte ich und weitete meine Augen, als ich ihn ansah, um mich ganz deutlich auszudrücken. Er schluckte beklommen, doch bevor er antworten konnte, tauchte Jamie wieder auf, einen Weinkrug in der Hand.
    »Besser, wenn Ihr auf sie hört«, riet er Christie und stellte den Krug auf die Arbeitsfläche. »Ich weiß, wie es ist, mit einem steifen Finger zu schreiben, aye?« Er hob seine rechte Hand und krümmte sie mit reumütiger Miene. »Wenn sie das mit ihrem Messerchen wieder hinbekommen könnte, würde ich ihr meine Hand sofort auf den Block legen.«
    Jamies Problem war beinahe das Gegenteil von Christies, obwohl die Wirkung sehr ähnlich war. Der Ringfinger war so böse gequetscht worden, dass die Gelenke verknöchert waren; er konnte ihn nicht beugen. Demzufolge war die Bewegungsfreiheit der beiden Finger rechts und links davon ebenfalls eingeschränkt, obwohl ihre Gelenkkapseln unversehrt waren.
    »Mit dem Unterschied, dass deine Hand nicht schlimmer wird«, sagte ich zu Jamie. »Seine schon.«
    Christie machte eine kleine Bewegung und schob die rechte Hand zwischen seine Oberschenkel, als wollte er sie verstecken.
    »Aye, nun ja«, sagte er in die Enge getrieben. »Es kann sicher noch etwas warten.«
    »Zumindest so lange, bis sich meine Frau um die andere Hand gekümmert hat«, merkte Jamie an und goss einen Becher voll Wein. »Hier – könnt Ihr ihn halten, Tom, oder soll ich …?« Mit einer fragenden Geste hob der
den Becher so, als wollte er ihn Christie an die Lippen führen. Der riss seine rechte Hand aus den schützenden Falten seiner Kleidung.
    »Das kann ich schon«, fuhr er Jamie an und nahm den Wein – und hielt den Becher so ungeschickt mit Daumen und Zeigefinger fest, dass er noch stärker errötete. Seine linke

Weitere Kostenlose Bücher